Vergangen ist, was längst dahin, erinnerungstief verschlossen; doch wird so oft, des Geistes Sinn, mit Tränen übergossen. Man wühlt in allem, was geschehn, sieht sich in Kinderjahren mit anderen im Reigen drehn, im Hof an Schülertagen. Wo sich im steinig klaren Quell der alte Brunnen füllte und sich die Kinder an der Stell den Durst mit Wasser stillten. Als uns der Pausenhof verband zum Fangenspiel und Lachen, wo Kinder sich noch Hand in Hand im Singspiel Freude machten. Das Butterbrot in Zellophan, mit Milchgeld für die Klasse, in Reih und Glied standen wir an, vorm Eingang in der Masse. Es war geordnet, ruhig und schön, das bunte Schulhoftreiben; respektvoll gar wurd‘ angesehen, was Lehrer tun und schreiben. Mittags, da war die Schule aus. Mit Ranzen auf dem Rücken gingen wir wohlgemut nach Haus, den Weg in unseren Blicken. Da war kein Auto, kein Verkehr, nur unser heimwärts gehen. Heut‘ wird bestimmt, vom Handy her, der Blick in’s Zeitgeschehen.
Kategorie: Taggedanken
Von Herzen
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sage ich
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Einen schönen Sonntag Euch allen!
Mutter
Mein Licht warst du! – So eng und ganz verbunden, wie es ein kindliches Gemüt begreifen kann. Herzlose Taten von dir, hab ich nie verwunden, die mir das Ur-Vertrauen schließlich nahmen. Als kleines Mädchen legte ich all mein Denken, mein ganzes Dasein, brav in deine Hand.
Dem Vater dienend - so wie du, ihm Achtung schenken, und immer folgsam sein, von Anfang an. Du hast mich viel gelehrt, von Nähmaschinen, vom Stricken, Häkeln u.s.w. Bei uns zu Hause hast du glatt gebügelt, was vor den Augen anderer, wie Plissee.
Den Leuten zeigtest du stets nur Fassade. Es ging darum, mit Lächeln das Gesicht zu wahren. Im Vater-Mutter-Kind-Spiel zuzuschlagen, ganz gleich warum, war mir aus Angst in Mark und Bein gefahren. Still zugesehen, hast du - eiskalt war dein Fühlen - weil’s dir am fremden Leib gerecht erschien. Du strafst mich immer noch, wenn die Gedanken in mir wühlen. Ich kann, so weit ich laufe, nicht entfliehen.
Ihr wart so groß! Ich nur ein kleiner Wicht, der stets erdulden musste, was geschah. Hab zu dir aufgesehen - verklärt ist dein Gesicht. Du lebst in meiner Seele, immerdar!
Wintermüde
Wintermüde ist mein Leben; ich fühl noch des Frostes Schliff. Tausendfach dem preisgegeben, was mit kalten Händen griff. War betäubt, wie leidumnachtet, leergeweint im Wankelmut, fuhr der letzte Hoffnungsschimmer durch mein frosterstarrtes Blut. Sehnend nach des Frühlings Milde, nach der Leichtigkeit des Seins; war mit Ungeduld im Bilde, denn das Warten war nicht meins. Meine Wimpern, eisverhangen, tauten auf, gelöst in Tränen. Was bedrückte, ist vergangen - Frühling fließt in meinen Venen. Trink die Tränen, gute Erde! So viel Hoffnung ging zu Boden. Tröste unser Sein und werde Sonne uns, von Heut und Morgen.
Morgenfrühe
Ich brauch die Ruhe früher Morgenstunden, die wie ein Fließen mit dem Tag erwachen. Mit letztem Schlaf und Dunkelheit verbunden, treib Phönix gleich ich auf dem Traumwelt-Nachen in einen weiten See der neuen Augenblicke; wenn ich die Lider öffne, leidensfrei, nehme ich dankbar an, des neuen Tages Bitte, behutsam sein, wie Gegenwart auch sei. Es geht ganz leis die Nacht, wie all die Jahre, deckt zu, was dunkel im Verborgenen liegt. Obwohl ich sie schon längst verschlafen habe, ist Traum- Essenz in meinem Denken, fest und tief. Im Glanz des Morgens ein Geschenk zu sehen, als Gottesgabe, es mit Dank empfangen; gestärkt sein für das weitere Weltgeschehen und nach Vollendung Wahrheit zu erlangen.
Auferstanden im Licht
Die Stürme sind los, im lenzlichen Prangen, des ersten Blühens im Land ohne Frieden, wo Regengüsse die Böden erlangen, der Häuser, die dachlos, wo Leben vertrieben. Gemächer, so schutzlos, die Wände zerbrochen, der bröckelnden Mauern, knirschend‘ Gebälk. Hält denn noch stand, was den Tod gerochen, was nicht wankt und im heren Wunsche nicht fällt? Himmel, er dunkelt trüb über dem Felde, Wolkentreiben weint auf unsere Not. Alles ist fort! – Dort auf dem Minenfelde keimte Korn, letztes Jahr, für unser Brot. Doch die Natur lässt sich nicht besiegen; Trauerweiden verschleiern die Sicht. Ob schon die ersten Schneeglöckchen blühen? Zwischen Ruinen sieht man sie nicht. Irgendwo draußen wird es wieder grünen - österlich leuchtend, der Horizont. Die Leiber getötet, dem Guten dienend, auferstehen im Licht, wo die Liebe wohnt.
Unvergessen
an eine Freundin
Du, edle Perle, hast den Glanz verloren; die Jahre legten bloß, den trüben Kern. Mit hohem Haupt glichst du, wie auserkoren, dem Burgfräulein vom andern Stern. Die stolze Rose ist schon lang verblüht. Verblasst die Farbe - rosig war dein Leben. Darnieder liegt dein Leib. Man ist bemüht, dir Kraft für deinen letzten Weg zu geben. In Krämpfen liefst du letzte, kurze Wege, immer dieselben, kilometerlang im Kreis. Das Sitzen war dir Qual; warst im Gehege, das blickerlahmte Tier, das sich zerreißt. Die letzten Worte waren unverständlich, die du in deinem Krankheitswahn gesprochen. Du warst noch jung, es wurde unumgänglich, der Stab des Schicksals über dir gebrochen. Dein Heimatort, die Menschen waren fort, mit denen du dein gutes Leben teiltest. Man gab dich hin, an einen anderen Ort, an dem nur Alte waren, wo du weiltest. Dein Geist ist dir verhängnisvoll genommen, du hast geweint, als er vor Jahren ging. Mit ihm ist jedes Bild in dir verschwommen, an denen tränenreich Erinnerung hing. Vor vielen Jahren hab ich dich verloren, an eine Krankheit, die den Lauf der Dinge so anders machte und geschworen, dass in Gedanken ich dir Rosen bringe.
Aschermittwoch
Die Maske fiel. Alles vorbei! Entblößt das wahre ICH im Spiegelbild. Das Ende einer bloßen Gaukelei. Es zeigt ein trauriges Gesicht, ganz unverhüllt. Du spielst die Rolle deines Lebens, mit oder ohne Kreuz auf deiner Stirn. Nur ein paar Tage suchtest du vergebens in einem andern ICH dich zu verlier’n. Doch du erwachst, nach Alkoholgenuss erkennst zu spät das Übel deines Tuns. Gefangener im Kerker deines Frusts, wünscht du dir Asche auf dein Haupt und kannst nicht ruhn.
Vorfreude
Musik: Frederick Theodore Albert Delius (1862-1934)
Bald öffnen sich die Tore… will ihn willkommen heißen, ihm ohne viel Furore im Geist entgegenreisen. Bin längst des Frierens müde, reiß alle Fenster auf, damit ein Strahl sich grübe vom hohen Sonnenhaus. In warmen Sommerhänden wiegt mich mein Traum sodann; er kommt mir sehr gelegen, damit ich hoffen kann. Dann streicheln mich die Schatten, das Dunkel schwindet schnell, Das Licht auf den Rabatten macht Taggedanken hell.
Sehnsuchtsfluss
Der Sehnsuchtsfluss – gesäumt von grünen Staden, er fließt vorbei an ausgetret’nen Pfaden, gefestigt, hart, am Boden Stein für Stein, als sie vom Herzen fielen, es erkalten ließen, um schließlich selber Stein zu sein. Es war ein junger Tanz an wilden Ufern, schier unbefestigt, wie ein urig‘ Ding, ein Folgen und ein Eilen zu den Rufern, wie Sehnen, welches hungrig nach Erfüllung ringt. Doch was ich fand, waren nur Traumgestalten, die mir das Dickicht meiner Sehnsucht banden, und fern des Flusses, sah ich, sie verschwanden. Nur schleppend lass‘ ich los, die Bilder ferner Jahre, der falschen Liebe und der tödlichen Gefahren, um sehnsuchtsleer den trüben Glanz zu wahren. Doch manchmal lausche ich dem fernen Fließen, schau zu, wie Wellen kräuselnd sich ergießen, hör‘, wie es rauscht. - ER half mir zu verstehen, wo jeder Stein befestigt tiefen Grund, kann Wasser treiben an des Ufers Rund. So wandelt Wehmut sich zum Fundament, so wird zum Segen, was man Leiden nennt.