Die Farbe Lila

Bild von Janusz Nowak auf Pixabay
Die Sonne verstärkt noch einmal ihr Strahlen
wie ein letztes Mal für längere Zeit.
Mit milderem Licht kann sie herbstlich malen,
streift ab das leuchtende Sommerkleid.

Die Wolken treiben anders am Himmel,
geballt zieht‘s vorbei, vor Azurblau und Licht.
Wie am Meer, so groß ist das Gewimmel,
das schneller als sonst zerfließend bricht.

Ein Lila trägt der Aster erstes Blühen
als Formation „Verwandlung“ im Gewand,
und nach des Windes stürmisch wildem Ziehen,
strebt sie als Zögling duftlos ihm voran.

Die Winterheide treibt in Nebelschwaden,
in unermüdlich reicher Pracht,
und auf noch sommerlich erhellten Pfaden
ist längst der Herbst gekommen, über Nacht.

Auf der Heide blühn die letzten Rosen

Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen;
braune Blätter fallen müd vom Baum,

und der Herbstwind küsst die Herbstzeitlosen;
mit dem Sommer flieht manch Jugendtraum.

Möcht einmal noch wie damals kosen,
möcht‘ vom Frühling träumen und vom Glück.

Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen,
doch die Jugendzeit kehrt nie zurück.

Versunken ist die Frühlingszeit,
kein Vogel singt im Lindenhain;
die Welt verliert ihr Blütenkleid
und bald wird Winter sein.
Verlassen ist der Holderstrauch,
an dem ich einst geküsst.
Es blieb ein Duft, der wie ein Hauch,
aus fernen Tagen ist.

Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen,
braune Blätter fallen müd vom Baum,

und der Herbstwind küsst die Herbstzeitlosen;
mit dem Sommer flieht manch Jugendtraum.

Möcht einmal noch wie damals kosen,
möcht‘ vom Frühling träumen und vom Glück.

Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen –
ach, die Jugendzeit kehrt nie zurück.
Holde Jugend, holde Jugend –
kämst du einmal doch zu mir zurück.

Text (1935): Bruno Balz 1902-1988

interpretiert von Herbert Ernst Groh

Herbstlied

von Hans Eckardt Wenzel und Band

Text:

Feinslieb, nun ist es Blätterbraun
Schon wieder in den Spitzen
Wann wir unterm Kastanienbaum
Am Abend fröstelnd sitzen
Das Jahr geht fort mit schwerer Fracht
Es bindet sich die Schuh‘
Ich bin so traurig heute Nacht –
Und du, du lachst dazu!

Feinslieb, die schwarze Jacke hängt
Die Schultern ab mir wieder
Wann schon so früh das Dunkel fängt
Uns und die Kält‘ die Glieder
In deinen Augen glimmt noch leis‘
Der Sommer voller Ruh‘
Ich wein‘, weil ich nicht weiter weiß –
Und du, du lachst dazu!

Feinslieb, das war es also schon
Der Sommer ist vertrieben
Die Vögel sind auf und davon
Und wir sind hier geblieben
Fremd zieh‘ ich ein, fremd zieh‘ ich aus
Ich weiß nicht, was ich tu‘!
Heut‘ Nacht, verwelkt ist mein Zuhaus‘ –
Und du, du lachst dazu!

Feinslieb, komm stirb mit mir ein Stück
Sieh, müd‘ die Blätter schunkeln
Wir dreh’n das Jahr doch nicht zurück
Und seh’n uns nicht im Dunkeln!
Lass in dem Kommen, Bleiben, Geh’n
Zertanzen uns die Schuh‘
Ich will noch soviel Himmel seh’n –
Und du, du lachst dazu!

Lebenskreislauf

Quelle: Pinterest
Ausgereift sind alle Träume, 
Sommer rüstet sich zum Herbst,
der berauschtes Laub der Bäume
taumelnd löst vom Holz und Herz.

Wie der Sturm auf seiner Straße
sausen hin die Luftgespinste;
malen dunkle Wolkenbilder,
leeren ihre nassen Dünste.

Und die Erde sinkt in Schleier;
Kobolds Kinder stehn und lachen,
wollen durch des Dunstes Wallen
ängstlich wirr die Menschen machen.

Freuen sich auf kühle Zeiten
und auf lange Schattennächte;
tanzen in den Wolkenbildern,
sind des Sturmes kleine Knechte.

Auf dem alten Schutt der Jahre
neue Zeiten, die sich bauen,
lassen hoffnungsfrohe Augen
rückwärts blickend vorwärts schauen.

Jahreszeiten, Hass und Liebe,
die des Lebens Kreislauf schalten,
werden aller Menschheit Lose
ähnlich oder gleich gestalten.

Winterschlaf

Erster Schneefall – Künstler: Kaoru Yamada
Saumselig spielten am Fluss die Libellen,
schwirrten gar lustig und glänzten so bunt,
Frühling trat aus den Sonnenquellen
und die Natur schien voll Atem, gesund.

Vögel flogen als singende Gäste
zurück in die noch kühle Heimat im Norden,
hin zu den brutbereiten Geästen,
und sie zwitscherten Lieder am Morgen.

Insekten, Bienen und Krabbeltiere
bauten sich neue Häuser geschwind,
in wachsenden Gärten und unter Spalieren
tollte der Mensch mit innerem Kind.

Wärme vorbei, der Herbstwind bringt Kühle -
Vögel reisten in wärmere Fernen;
längst verstaut sind die Liegestühle
und auch der Frohsinn, der Griff nach den Sternen.

Gelb und welk liegt das Laub zerstoben,
der Norden lässt die Stürme herein;
erste Schneeflocken fallen von droben.
Würde die Welt doch im Winterschlaf sein!

Fallende Blätter

Die Blätter – wie sie fallen!
Und jedes wird schon bald im Tod vergehn,
ein müdes Kräfteschwinden ist in allen,
ein letztes Gleiten ohne Wiedersehen.

Die Bäume leeren sich, wie Automaten,
zu füllen, wenn der Lenz erneut erwacht.
Das Astwerk bleibt bereit in Gottes Garten,
trotz weißer Decke in der Winternacht.

Die Sonnenstrahlen dringen durch den Nebel,
der herbstlich deckt die Müdigkeit der Welt,
bis jedes abgelebte Blatt, so wie ein Segel,
zu Mutter Erde gleitet, die es bei sich hält.

Gesichtslos

Irrlicht am Fuße des Monte Civetta in den Dolomiten – Teodoro Wolf-Ferrari (1878-1945)
Nur der Wind fuhr durch die Bäume,
deren Höhe Wolken streiften
und des Rasens Dach durchnässten,
Nebel, die darüber schweiften.

Tanzend, wie das Laub sich drehte,
kreiste in der Strömung Lüfte;
tiefe Äste alter Tannen
strichen schwankend über Klüfte.

Zwischen Farn und toten Zweigen
bäumte Geist sich und Gestalt,
trieb gesichtslos in den Räumen
zwischen Feldern und Asphalt.

Marmorbleich war sie erschienen,
wie aus einer Friedhofsgruft.
War sie aus dem Grab gestiegen,
losgelöst in grauer Luft?

Auf ihr Kleid von weißem Linnen
fielen kalt die Regentropfen;
regungslos, ihr starrer Blick,
hört nicht mal den Rhythmus klopfen.

Legt sich, vor der Welt versunken,
selig, mit gekreuzten Händen,
in den See - der wunderhelle,
wo ihr Schlaf wird niemals enden.

Manchmal nur, wenn letzte Rosen
an des Herbstes Brust verblühn,
schwebt sie selig durch die Auen,
bis sich kehrt in weiß das Grün.

Kühler Zeitgeist

Quelle: Pinterest
Unter herbstlich dunklen Wolken
ziehen Vögel Richtung Süden,
stoßen niemals aneinander,
trotz der Nähe ihrer Flügel.

Wirbeln fort in grauen Lüften
und der Mensch wird vogelfreier;
wenn der Wind das Laub verstürmte,
blieb ihm jedes Blättchen teuer.

In so manchem ‚Friedensreich‘
wird der Schierlingsbecher wandern.
Friedlos ist der Mensch geblieben,
eigennützig ist sein Handeln.

Seht doch, wie die Vögel ziehen!
Rauschen durch die Wolkenbälle,
ziehen hin zu warmen Zielen,
fliehen vor der Kältewelle.

Ahnen nicht die bitteren Zeiten,
hören nicht den Zeitgeist klagen;
trotz der herbstlich kühlen Schauer
wird man sie gen Himmel tragen.

Fort sind sie und Nebelschwere
wob in Dämmerung graue Fäden,
und die Großen dieser Erde
wechselten geheime Reden.

Einen Heiland braucht das Leben,
der die Welt und Seelen heilt,
der schon einmal dagewesen,
der von Herz zu Herzen eilt.

Kalte Zeit, von Furcht durchsetzt,
gibst du Antwort auf die Fragen?
Der uns Flügel wachsen lässt,
wird uns einst gen Himmel tragen.

Nebel der Nacht

Quelle: Pinterest
Die Nebel der Nacht, sie weichen,
vom Licht des Tages durchströmt,
zu Pan‘s verborgenen Reichen,
wenn der Weckruf des Morgens tönt.

Morgen, der grau umfangen,
lichtarm zeigst du dich und mild;
nebelhaft giert dein Verlangen
nach einem herbstlichen Bild.

Schlummerschwer sind alle Augen,
wenn sie vom Tiefschlaf erwacht;
tragen aus traumhaften Lauben,
Schleier, der herbstlichen Pracht.

Stehen an Fenstern und sehen,
Blatt für Blatt, wie sie fallen;
sehen die Herbstzeit vergehen
und das Fallen in Allem.

Waldeinsamkeit

Iwan Iwanowitsch Schischkin (1832-1898)

Öffne des Waldes Zaubertruhe,
horch, wie der Kuckucksruf erschallt,
in Abgeschiedenheit und Seelenruhe,
fern von Motoren und Asphalt.

Erlebe sanft die festen Schritte,
weich federnd, blätterreich begründet,
schau, wie des Weges grüne Mitte,
sich in der Ferne wiederfindet.

Nimm auf, die goldnen Sonnenstrahlen,
die abgedämpft im Blätterwald,
genieße, wie sie flimmernd fallen,
wie sich zerstreut ein Schatten malt.

Gib den Minuten stilles Schweigen,
wenn sanft der Wind durchs Buschwerk weht,
wenn fern ein Hirsch mit Prunkgeweih
sein stolzes Haupt im Forst erhebt.

Vergiss des schweren Alltags Nöte,
leb auf beim Wandern und Gesang,
beschau die stille Abendröte,
hör auf den Nachtigallen-Klang.