Mondbeglänzt

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Herbststurm wirbelt – Welt wird kühler,
greift das Land mit tausend Händen,
so, als ob’s ein Spielzeug sei,
wirft’s dann fort und zieht vorbei
an den starren Häuserwänden.

Vollmond, hinter Wolkenbergen -
manchmal nur schaut dich die Welt,
lässt sie Himmelswege ziehen,
als ob sie der Zeit entfliehen,
die die Nacht gefangen hält.

Fahles Licht – ziehst an den Sinnen,
treibst Gedanken, wie der Wind;
in den mondbeglänzten Räumen,
lässt du Mensch von Schatten träumen,
die am Tag vergessen sind.

Frühherbst

Christian Johann Kroner 1838-1911 – Frühherbst

Die Stirn bekränzt mit roten Berberitzen
steht nun der Herbst am Stoppelfeld,
in klarer Luft die weißen Fäden blitzen,
in Gold und Purpur glüht die Welt.

Ich seh hinaus und hör den Herbstwind sausen,
vor meinem Fenster nickt der wilde Wein,
von fernen Ostseewellen kommt ein Brausen
und singt die letzten Rosen ein.

Ein reifer roter Apfel fällt zur Erde,
ein später Falter sich darüber wiegt —
ich fühle, wie ich still und ruhig werde,
und dieses Jahres Gram verfliegt.

Agnes Miegel (1879 – 1964)

Totengräber

Schlosstor – Ferdinand Knab (1837-1902)
Als würd zur Ruh getragen,
verblichene, tote Last,
liegt Welt in Tageskühle,
von Dunkelheit umfasst.

Vorüber ziehn die Träger
im Wind und Staub dahin,
fast unsichtbar die Schritte
und langsam zu Beginn.

Herbst wirbelt durch die Reihen
am Ort gekreuzter Hände,
Laub raschelt welk und leise -
einsam das Grabgelände.

Die greisen Blätter sinken,
es wehen kalte Tropfen,
die, so wie Tränen weinen,
mit monotonem Klopfen.

Gesichtslos die Gestalten,
die weißen, marmorbleichen,
die fern am Horizont,
wie wartend, Geistern gleichen.

Die Schnee und Kälte bringen
und Winters Sterben breiten;
sie warten auf den Herbst -
des Totengräbers Zeiten.

Herbst

von Rainer Maria Rilke

Hans Andersen Brendekilde 1857-1942

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

Aus: Das Buch der Bilder 1906, Axel Junker Verlag

Rainer Maria Rilke 1875-1926

Herbstwinde

Ich stehe am Fenster und schau in die Ferne,
seh’ durch die beschlagenen Scheiben hinaus.
Betrachte das herbstliche Treiben so gerne;
der Wind fegt mit heftigem Brausen ums Haus.
 
Bald werden sie kahl sein, die noch vollen Zweige.
Die Wiese, sie füllt sich allmählich mit Laub.
Es kommen die Stürme – das Jahr geht zur Neige.
Der Herbst bringt die Kälte und Dunkelheit auch.
 
Die Ernte liegt sicher in Scheunen und Hallen,
der Dank wird gesprochen, der Segen erteilt.
Wenn erst die schweren Frühnebel wallen,
dann macht sich das Jahr zum Sterben bereit.
 
Ich lausche dem Wind, er pfeift durch die Schächte,
treibt Regen und Blattwerk, streut bunt seine Spur.
Nicht enden wollen die unruhigen Nächte,
die Wärme der Sonne verlässt die Natur.

Bunt sind schon die Wälder

Interpreten: Zupfgeigenhansel
Musik von Johann Friedrich Reichardt (1752-1814)

Bunt sind schon die Wälder,
gelb die Stoppelfelder,
und der Herbst beginnt.
Rote Blätter fallen,
graue Nebel wallen,
kühler weht der Wind.

Wie die volle Traube
aus dem Rebenlaube
purpurfarbig strahlt!
Am Gelände reifen
Pfirsiche, mit Streifen
rot und weiß bemalt.

Dort im grünen Baume
hängt die blaue Pflaume
am gebognen Ast
gelbe Birnen winken
daß die Zweige sinken
unter ihrer Last

Welch ein Apfelregen
rauscht vom Baum! es legen
in ihr Körbchen sie
Mädchen, leicht geschürzet
und ihr Röckchen kürzet
sich bis an das Knie

Winzer, füllt die Fässer
Eimer, krumme Messer
Butten sind bereit
Lohn für Müh und Plage
sind die frohen Tage
in der Lesezeit

Unsre Mädchen singen
und die Träger springen
alles ist so froh
Bunte Bänder schweben
zwischen hohen Reben
auf dem Hut von Stroh

Geige tönt und Flöte
bei der Abendröte
und bei Mondenglanz
schöne Winzerinnen
winken und beginnen
frohen Erntetanz

Text von Johann Gaudenz von Salis-Seewis (1762-1834)

Quelle: Wikipedia

Baum im Herbst

Quelle: Pinterest
Lebensbaum – die Blätter fallen,
frühjahrsblühend sein Gewand,
was berauschend war gediehen -
duftumzogen war sein Stand -

trieb nur Blüten. Frucht zu werden
war des Wachstums hehres Ziel;
doch nun fallen seine Blätter,
fruchtlos seine Zeit verfiel.

Kühler Geist, du bist gekommen!
Fröstelnd steht der Baum des Lebens.
Blätter taumeln, wie die Jahre,
fallen, durch des Windes Schweben.

Webt der Herbst nun graue Schleier,
lässt er die Natur genesen;
neue Kraft fließt, Frucht zu werden,
zur Vollendung aller Wesen.

Zeit der Raben

Quelle: Pinterest

September geht. – Hör schon die Raben!
Seh, wie sie kreisen und nach Futter darben.

Mit Schläue überschweben sie die Menge
an toten Steinen, über Stadtgedränge;

sie streifen grünlich breitende Kulturen,
wie Rasen und die letzten Sommerspuren.

Sie krächzen über nebelhaftem Schleier,
der tausend Tode deckt, in alter Leier.

Des Jahres würdevoller Atemhauch,
vernehmbar,
Blatt für Blatt an Baum und Strauch.

Herbstlicher Schauer

Ergießt sich regenschwer vom Himmel,
der verborgen blaut,
bis hinter nassen Schwaden,
aus dunklen Wolken,
frachtbeladen,
der Morgen graut.

Die Sehnsucht fließt in jedem Tropfen,
beugt sich dem Zwang der Erde,
saumselig lösen sich die Blätter,
zu fallen mit dem Wetter,
zielbewusst,
dass Herbstzeit werde.