Einst, auf asphaltfreien Straßen,
in den Zeiten nach dem Krieg,
als dort viele Kinder spaßten,
die der Tag ins Freie trieb.
Drinnen hingen Wäscheleinen,
füllten sich mit nassen Sachen,
in dem Wohnzimmer, dem kleinen,
war kein Platz zum Späße machen.
Wenn die Welt in Nebel sank
oder lag im tief Verschneiten,
war’n wir draußen, stundenlang,
spielten frierend in den Weiten.
Hatten rot gefror’ne Hände,
trotz der Fäustlinge am Bande,
die im Krieg zerschoss’nen Wände
boten Platz am Straßenrande.
„Wer hat Angst vor’m schwarzen Mann?“,
klang das Spiel mit Kinderfragen,
niemand war vor’m weißen bang,
kein Mund wagte es zu sagen.
Und wir saßen auf den Steinen,
auf den alten Treppenstufen.
Unser Lachen, unser Weinen,
unterbrach nur Mutters Rufen.
Schmerzvoll taute jeder Finger,
auf dem Essen lag ein Schweigen,
und des Vaters ernste Miene
ließ mich schnell nach draußen treiben.
Wenn die Nacht den Sternenmantel breitet,
und die Zeit unmerklich vorwärtsschreitet,
sich die Lider fest geschlossen wähnen,
Schlafes trunken nach Traumbildern sehnen.
Lichte Gärten altbekannter Stätten,
wie Oasen sich in Wüsten betten,
und die Nacht, sie löscht des Tages Spuren -
bleibt im zeigerlosen Ticken alter Uhren,
Zifferblätter, zahlenlose Scheiben;
zeitlos geht die Nacht, im stillen Treiben,
wie die Schnecken - schleimige Gefährten,
deren Spur durchzieht geträumte Gärten.
Langsam wird die Nacht ins Traumland führen
und entschweben durch geschloss’ne Türen,
in die Welt, wo die schon längst Gegang’nen,
schweigend, neue Ewigkeit empfangen.
Jedes Leben eine Perle auf der Schnur.
Nur der Schlaf erlöst des Tages wehe Spur,
breitet sich im Unbewussten aus,
bringt den langen Schlaf von Haus zu Haus.
Jugend vergeht, mit ihr geh‘n Zukunftspläne,
man reist ins Leben und verändert sich,
und die Verluste fordern manche Träne,
weil auf dem Weg sich Licht und Schatten bricht.
Vor anderen zeigt man stolz Besitz und Status,
doch manchmal wiegt er schwer wie Blei und fällt.
Leben wird einsam, Weg von Pontius zu Pilatus,
wenn Geld zum dürft’gen Überleben fehlt.
Auf Sand gebaut, was auf Materie gründet,
bestandlos wird es sein, hält kurze Zeit.
Was man in den Gesichtern wiederfindet,
ist Hülle, Schale, nicht die Wirklichkeit.
Wir schauen in Spiegel und erkennen nicht,
dass wir das eigene Ich nicht fanden.
Ein fremder Schatten liegt auf dem Gesicht;
sich selbst zu finden, ist uns schier entgangen.
Die Tage haben kalte Finger,
der Monat zieht die Socken an.
November ist der Überbringer
von trüber Dunkelheit alsdann.
Das ‚blaue Band‘ ist ausgetauscht,
grau ist die Farbe dieser Zeit,
wie’s stille ist - kein Blattwerk rauscht,
Zweige verlier‘n ihr Kleid.
Bald sind die letzten Blätter unten
und Frost gesellt sich zu der Nacht.
An Gräbern wird das Treiben bunter,
den Toten wird ein Licht gebracht.
Die Sehnsucht steckt in den Gesichtern
nach leichtem Sinn und Sonnenstrahlen;
die dunk’le Zeit wird Seelenlichter
zur Ruhe auf den Friedhof tragen.
Ich gehe meinen Weg durch herbstliche Gefilde,
nicht etwa durch die Landschaft, nur im Bilde,
das Rascheln unter meinen Schritten lauschend,
hör‘ ich, wie Winde durch die Bäume rauschen.
Die Frische streift den Hals und senkt die Glieder,
nach Wärme suchend, in die Taschen nieder.
Gesenkten Kopfes über Bürgersteige eilen,
voran zum Platz der Wärme – dort verweilen.
Bei einer Tasse Tee oder Kaffee sinnieren,
aus dem Café heraus den Alltag spüren.
Die Menschen kommen oder gehen sehen,
die mir so fremd – unsichtbar dort zu stehen.
Von allem losgelöst, vom Außen eingeweiht,
dem Leben abgewandt, schiebt sich die Zeit,
so wie ein Deckel auf den Sarkophag,
damit ich eingeweiht das Innen spüren mag.
Da war die Zeit, in der ich Pläne hatte,
wollte meiner Zukunft Hütte bauen,
schützend wie ein Nest aus Watte,
allein durch menschliches Vertrauen.
Doch die Mauern, die ich um mich baute,
waren kalt, und blutend alle Wunden,
die der Trübsinn in die Seele graute;
Hoffnung war vom Glück entbunden.
Ich verlor, was mir die Welt geboten,
alle Lebenspläne menschlicher Natur;
befreite mich von letzten Knoten,
verließ befreit die alte Lebensspur.
Verworfen sind die Ziele meines Lebens,
meine ‚warme Hütte‘ heizt mit LICHT,
Gott zu dienen ist mein Sinn des Strebens,
Ihm Vertrauen, Lebensziel und Pflicht.
Die Morgensonne färbt die Welt in Licht,
wenn sie erneut durch dichte Wolken bricht.
Vertreibt die Nachtgestalt am Horizont,
bringt warme Farben, die das Leben sonnt.
Wie Sonne sich die Wege gülden malt,
den Herbst mit sanftem Glanz bestrahlt,
so wird die Welt in sonnenfernen Zeiten,
auf malerischen Strahlen durch die Kühle gleiten.
Gesegnet sinkt die Stunde uns hernieder,
in der wir müde, und wir ruhen wieder,
bis wir die Welt mit hellen Augen sehen,
im Lebenskreislauf wiederauferstehen.
Erdgebunden, bist du Mann der Tat,
erdgebunden wirst du sein im Tod.
Groß dein Ego, böse dein Verrat!
Brachtest alle Welt in herbe Not.
Lehrte dich das Töten, hinterrücks,
ein Sadist, der Liebe abgewandt,
oder hat der Hinterhof ein Stück
Heimat in dein kaltes Herz gebrannt?
Angeführt hast du am Gängelband
schon in früh’ster Jugend deinen Clan.
In den Abgrund führst du heut dein Land,
machtbesessen ist dein Ego-Wahn.
Schau, der Abgrund unter dir ist tief!
Schickst Legionen in den frühen Tod.
Welcher Dämon ist es, der dich rief?
Empathielos ist kein echter Patriot!
Wirst an deinem Handeln scheitern,
denn ein Staat des Volkes stürzt Tyrannen.
Besitz und Macht wird dir entgleiten.
Und danach? Wie kann man das erahnen?!
Neu, unbenutzt – ein leeres Blatt,
wie eine Jungfrau, unberührt.
Ein Schreiber, von Ideen satt,
fühlt sich vom edlen Bild verführt.
Da liegt es, inhaltslos und rein,
so unbenutzt, der Lockung voll;
wie es ihn anreizt, ‚ruft‘: „Sei mein!“;
das Schreiben wird für ihn ein Soll.
Was in ihm ist, schreibt er hinaus,
Gedanken voll ist das Papier,
so leert er seine Seele aus,
das, was er fühlt, er schreibt es hier.
Ideen, erfunden, ausdrucksstark,
sind doch nur Bilder, die er dachte,
die später dann, an Deutung schwach,
als große Religion erwachten.
Wenn sich auch Wolken vor die Sonne schieben,
durchdringend ist des Lichtes Kraft,
die Nebel werden fortgetrieben,
es bleibt, was ewig Leuchten schafft.
Steig auf zum sonnbeglänzten Meer,
lass alle Nebelwolken ziehen,
dann wird dein Blick, von oben her,
die Erde ungetrübt besehen.
Gib deiner Seele weißen Glanz,
lass sie mit klarem Weitblick sehn,
schenk dich dem hohen Lichte ganz,
dann wirst du wie auf Wolken gehn.
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