Blütenkranz

William Adolphe Bouguereau (1825-1905)

Möcht’ einen Blütenkranz dir binden für dein Haar,
mit wilden Wiesenblumen weiß und grün verschlungen;
er soll dein Antlitz schmücken, mild und wunderbar,
vom Frühlingsnahen wird schon leis’ gesungen.
 
Der Wind, er fegt mit kalter, starker Hand
den letzten Rest des Schnee’s über die Auen.
Schon ohne Frost, frei, ruht das weite Land,
die Blumenwelt darf aus der Erde schauen.
 
Die bunten Köpfe lugen keck hervor,
die Vögel ringsum fröhlich tirilieren,
die ganze Welt klingt wie ein großer Chor,
kein Herz will nun noch einsam sein und frieren.
 

Frühlingstraum

Frühling in Oberweimar – Johann Carl Buchholz (1849-1889)

Mit tausend Blütenblättern
hast du über Nacht
ein weißes Leuchten in die Welt gebracht.
Des süßen Kernes lockender Genuss
strömt in den lauen Tag –
ein stiller Gruß
von aller höchster Stelle,
denn von der Himmelsschwelle
leert Gott ein Füllhorn aus,
und die Natur,
sie malt mit bunten Farben
ein duftig‘ Frühlingsbild daraus.

Mein Halt

Seated Nude 1884 – William Adolphe Bouguereau 1825-1905

Mein Herz ist müd’ vom Weinen, Hoffen.
Nicht enden will mein schicksalsschwerer Gang
auf Wegen, steinig, zukunftsoffen –
weit fort von dir.
 
Ich schau den Himmel an!
Mir scheint, das Blau ist fahl,
wird nie mehr leuchten.
 
Ein Sonnenstrahl streift mild mein Angesicht.
Er trocknet meine Augen nicht, die feuchten;
an meiner Traurigkeit zerbricht sein Licht.
 
So lang schon bist du fort, und immer wieder
spür ich das Atmen deiner Seele um mich her.
 
Dein Geist ist bei mir! Schwer sind meine Lider.
Nur deine Augen sehend wandle ich umher.
 
Bin nicht mehr ich! Mein Sein ist gramestrunken.
Nichts und doch alles bindet mich an dich.
Wenn ich in Nächten tief im Traum versunken
mein Selbst verliere, halte mich.

Webe und erwache

Wie Goldfäden weben,
ist das Freudegeben,
des auf Erden ohnegleichen
beglückenden Wortes.
 
Wie ein Singen aus Sphären,
von himmlischen Chören,
in klanglosen Räumen,
aus Dornröschenträumen,
weckt die Stimme des Alls.
 
Wie die Schatten entfliehen,
flieht die Zeit. – Nur geliehen
sind der Menschheit Tage.
Wandle Leiden und Plage
auf den ewigen Stufen.
 
Reich dem Guten die Hände,
eil‘ entgegen der Wende.
Lass dich treiben vom Schönen
in Gedanken und Tönen,
bei dem Einen verbleibe.

Zauberschleier

Der Morgen – Caspar David Friedrich (1774-1840)

Verhüllt liegt unsre Zukunft, weltverborgen,
und um uns webt der lichte, helle Morgen,
die weißen Zauberschleier in den Tag.

Am Abend wirft die Nacht die langen Schatten
und legt sich auf des Tages Lasten nieder;
leise raunt die Natur die alten Lieder,
auf den Rabatten.

Die Weise, die erklingt, so fern der Nöte,
sie schwebt zum Wohle aller durch die Nächte,
als ob sie allem Übel Tröstung böte
und Freunde brächte.

Wer hoffend lauscht, den wird der Segen finden,
er eilt von Herz zu Herz, wie ein Gebet.
Den rechten Weg, wirst du ergründen,
wenn deine Seele es erfleht.

Wenn du die Liebe fühlst, so ganz durchdrungen,
dann öffnest du dich deinem Gott in dir.
Folge der Stimme, voll Vertrauen, unumwunden,
öffne die Tür.

Vergissmeinnicht

Foto: Gisela Seidel

Streust dich wie Himmel aus,
mit Zauberhand,
und wo du jemals hast geblüht,
da strahlst du immer wieder;
es legen sich mit dir die alten Lieder,
die mir aus meiner Kindheit wohl bekannt,
so adelsblau aufs frühlingsschwere Land
und bringen jedes Jahr
Erinnerungen wieder.
 

Inspiration

Wiese mit Schmetterlingen – Olga Wisinger-Florian (1844-1926)

„Was nützt es dir, wenn du alle Schätze der Welt gewinnst und dabei Schaden nähmest an deiner Seele?!“ sagte uns Christus.

Das bedeutet, dass wir trotz eines äußeren Verlustes ALLES haben. Selbst bei Verlust unseres Lebens würden wir es nicht verlieren. Den Körper kann man töten, aber nicht die Seele.

Menschen behüten ihre Habseligkeiten im Außen, müssen aber vielmehr Hüter ihrer Seele sein. Dieses ‚Ich bin‘ in jedem Menschen ist für andere unsichtbar und bleibt stets im Verborgenen. Nur, wenn wir einen anderen Menschen lieben, öffnen wir unsere empfindliche Seele und lassen den anderen hineinschauen, damit er in Resonanz gehen kann. Dadurch werden wir verletzlich. Ein jeder muss das Schicksal über sich ergehen lassen, mit der inneren Sicherheit, dass sein Peiniger niemals sein HÖHERES SELBST schädigen kann.

So hat Gott den Menschen erschaffen: Ein lebendiger Geist in seinem wahren höheren Selbst.
Irgendwann wird er alle äußeren Hüllen und Masken ablegen und es wird nur ER SELBST übrig bleiben. Er wird nichts mehr besitzen, denn was er hatte war nur eine Leihgabe. Er hat es nur gebraucht. Die vielen Schätze seiner Lebenswanderung wird ein bewusster Mensch an seine Mitmenschen weitergeben, damit sie daran wachsen können: Zärtlichkeit und Trost, Verständnis und Liebe aber auch Mut und Kraft.

Ein bewusster Mensch hat die Blume seiner Seele geöffnet. Er ist kein Unbewusster mehr. Er hat sich selbst gefunden. In seiner ‚geöffneten Blüte‘ werden die höheren Wesen zu ihm kommen und sich in seiner Seele niederlassen, wie die Schmetterlinge auf offenen Blumen… wie die Engel zu Jakob beim Brunnen in der Wüste herniederstiegen, als Verbindung zu höheren Welten.

Ein solcher Mensch fühlt sich nie allein, denn Gott ist immer bei ihm.

Anderen Menschen ein Wegweiser sein, erfüllt ihn, denn er sieht sie oft in völliger Finsternis umherirren. Zum „Salz der Erde“ werden, wie Christus es zu seinen Jüngern sagte und das Licht, das wir von Gott erhalten, weitergeben, obwohl wir nur winzige Moleküle des Großen und Ganzen sind.


DU bist es, der nach ewig langer Nacht
erweckte meinen Geist und meine Sinne,
der aus Gedanken schöne Worte macht,
der da ist, wenn ich zu Papier sie bringe.

DU bist es, der im Hintergrunde steht,
und wenn ich schreibe, doch ganz nahe ist,
der mit mir unerschöpflich bunte Reime webt,
weil DU Impuls für viele meiner Worte bist.

DU bist es, den ich nie vergessen werde,
wohin mein ferner Weg auch gehen mag,
und wenn ich einst verlasse diese Erde,
begrüßt DU mich zu einem neuen Tag.

Ich mag…

Schneewittchen und die sieben Zwerge – meine Kindergarten-Zeichnung 1957

Ich mag in der Vergangenheit wühlen,
habe so manche Träne vergossen.
Ich dekoriere Eier, spür‘ alte Gefühle;
hab sie tief in meinem Herzen verschlossen.
Ich tue so, als wären ALLE bei mir.
Denn nur, weil IHR gelebt, bin ich hier!

Ich mag Kamine, die rauchen…wie auf meinen Kinderbildern.
Häuser, in denen vertraute Menschen wohnen und Gewohnheit,
die, wie gewachsen an Jahren, Ringe wie in Stämmen tragen.

Ich mag rote Ziegelstein-Dächer, die bei Regen dunkler werden,
dort, die vielen kleinen Schlote, für das Rauchige auf Erden,
Kaminfeuer, das in Haus und Gemüt Behaglichkeit versprüht.

Ich mag, wenn Vögel in den Rinnen Regenwasser trinken,
auf den Dächern landen und zurück in hohe Bäume fliegen,
wo in den Gärten ihre Nester liegen und sie kunstvoll Zweig am Zweig
verbinden.

Ich mag, wie in der Kindheit auf der steinernen Treppe sitzen,
Lakritz-Wasser trinken und Glanzbilder in Opas Zigarrendose betrachten,
die Unbeschwertheit weniger Tage genießen und abends mit Grießbrei den Abend beschließen.

Ich mag die ferne Zeit in unserem Garten,
wo Ostereier noch mancherorts lagen.
Als ich zum jährlichen Osterfest unter den Sträuchern fand so manches Nest.

Ostern 1957 – Foto: Almuth Köhler

Dort, wo die Osterfeuer nicht verboten, sondern der Freude dienen und dem Brauch.
Wo uns niemand am Menschsein hindert, das eigentlich gut war, als wir erschaffen,
das mag ich auch!

Karfreitagstimmung

Caspar David Friedrich 1774-1840 – Spaziergang in der Abenddämmerung

Wie soll ich den Frühling genießen,
mit all seinen Blumengeschenken,
wo unlängst die Blüte der Liebe verwelkte,
in meinen Händen?
 
Wie kann die Sonne meine Seele erwärmen,
mit all ihrem Strahlengefunkel?
Wenn Tränen mir Sinn und Antlitz verhärmen,
bleibt mein Herz kalt und dunkel.
 
Wie kann ich Hoffnung in Gedanken binden,
wo alle Zukunftsbilder jüngst zerstört?
Wo werd’ ich jemals wieder finden,
was mir noch nie zuvor gehört?
 
Kann sich das Schweigen aus Gräberreihen,
wo kein Kreuz gleicht dem andern,
wie ein Wunder durch himmlischen Schluss,
ganz plötzlich in Lachen verwandeln?