Herzschlag an Herzschlag

Sir Frank Dicksee 1823-1928

Wie ich dich liebe, ist schwer zu beschreiben:
Du fließt in all mein Denken und Tun!
So, wie die Blumen zur Sonne sich neigen,
lässt dies Gefühl in mir niemals mich ruh’n.
 
Stets ist es da, so mächtig und bindend,
dass alles andere ganz unwichtig wird.
In deinen Augen, so tief wiederfindend,
dass meine Seele den Weltschmerz verliert.
 
Herzschlag an Herzschlag spür ich deine Nähe,
wie sich dein Geist mit dem meinigen eint.
Hoffnung, tief in mir, dass niemals vergehe,
was uns verbindet und so einzig erscheint.
 
Du bist als Mensch so besonders und wichtig –
nie hab ich Gleiches schon einmal verspürt.
Dein Blick – so tief, doch der Alltag macht nichtig,
was unsere Seelen zusammengeführt.
 
Reine Gedanken, entfesselte Triebe,
halten das unsichtbar schmiegende Band.
Worte, gesprochen, geschrieben in Liebe,
sind wie ein Wandeln an weltfernem Strand.

Schlaf unter Sternen

Musik: Ronald James Karle | Sleep among the Stars | Arr. Stefan Kraus

Das von Stefan wundervoll arrangierte Klavierstück von Ronald Karle inspirierte mich zu diesem kleinen Gedicht. Danke!

Der Himmel voller Sterne,
im Wellengang der Zeit,
unsagbar fernes Licht,
unendlich ist dein Kleid.

Dort, wo es faltig schwingt,
verdeckt es manchen Glanz,
es wandelt sich und singt
im ew‘gen Sternentanz. 

Wenn Sonnenlicht vergeht,
das täglich uns umströmt,
zeigt sich das Bild der Nacht,
das unsren Schlaf verschönt. 

Träum‘ unterm Sternenzelt,
von aller Last befreit -
vom Geist beseelte Welt,
tausch ein in Glück das Leid.

Eigenschaften

Quelle: Stadtmuseum Berlin
Die Eigenschaft wohl staunenswerter Dinge
technischer Wunder, schufen sie, die Männerwelt;
sich untertan zu machen, zu bezwingen,
die Elemente, Machtfülle und schnelles Geld. 

Die Welt versöhnen und beglücken,
aufrichten, was zerbrochen und gestürzt;
die Weiblichkeit hat hier in vielen Stücken
hingebungsvoll Zerfall und Leid gekürzt.

Im letzten Krieg hat sie mit starken Händen
erfinderisch und selbstlos in Ruinen,
die Reste von zerschossenen Häuserwänden
geborgen unter Bomben, Schutt und Minen. 

Die meisten, die im Bann der Führung standen,
ob Mann, ob Frau – fast alle liefen mit.
„Großdeutsches Reich“ – wie viele fanden
in deinem Größenwahn das Grab, kein Glück?!

Die schwer Verletzten stützen, Kranke pflegen,
vom Krieg gezeichnete mit Sanftmut trösten,
mit Zartheit und erfinderischer Liebe hegen,
Gebete sprechen den zu früh Erlösten. 

Die Welt erobern, das ist Männersache;
selbstlos an andere zu denken, edles Ziel.
Ein auseinander Streben längst parteiische Sprache,
zerstört, statt aufzubauen – ein verlorenes Spiel. 

Männlich zu sein, heißt nicht, laut schreien,
denn wer laut brüllt, hat niemals recht. 
Im Stillen und im Hintergrund zu scheinen,
wie eine Sonne, tut den Menschen recht. 

Treibhausblüten

Klavierstunde – Jules Alexis Muenier (1863–1942)
Künstlich ist die Helligkeit im Raum,
treibt das Leben aus dem kalten Grund,
erdenfern und frei, der Wurzelsaum,
und das Blatt wächst aus dem Schlund.

Aus dem Nichts an schlammigen Wegen,
weiße Blüten über Sümpfen stehen,
heben sich dem Sonnenlicht entgegen,
lassen weißer Reinheit Wunder sehen. 

„Wunderkinder“ sind wie Treibhausblüten,
hochgezogen aus der kleinen Form,
intellektuell in vorzeitiger Güte,
sprengen jede kindgerechte Norm. 

Herrscherin Natur wird sie nicht dulden,
Hände, die die Blütenknospen öffnen,
die gewaltsam sich an ihr verschulden
und daraus Begehrlichkeiten schöpfen.

Denn die Rose muss allein erblühen,
jede Blüte treibt im eignen Maß und Kleid;
Zarte Körper – sie erlöschen und verglühen,
wie ein kleines Lichtlein vor der Zeit. 

Hoffnungen

aus: Die Leiden des Jungen Werthers – J. W. von Goethe

Was weinst du, Kind?
Weil deine Hoffnungen gestorben sind?
Ach, Hoffnungen, die sterben können,
sollst neidlos du dem Tode gönnen.
Sie waren Schein,
dem Leben lieh allein
nur deine Seelenkraft,
die immer wieder neue Hoffnungsbilder schafft.
 
Was weinst du, Kind?
Es trug nur welke Blätter fort der Wind,
doch deine Kraft des Grünens ist geblieben
und schenkt dir größ’re Hoffnung, rein’res Lieben.
Enttäuschung ist
ein Meilenstein und misst
den Weg und deine Kraft.
Wohl dir, wenn er dir zeigt,
wie nah das Ziel der Wanderschaft!
 
Was weinst du, Kind?
Es war die Gotteshand, sie hat nur lind
den Schleier von den Augen dir genommen.
Das Ende deiner Täuschung ist gekommen,
und du erschaust
die Wahrheit, und erbaust
ein neues Hoffnungsbild,
das nicht von dieser Erde ist und darum ewig gilt!
 
<Ephides>

Verbundene Menschheit

Vladimir Kush *1965
Alles Leben hier auf Erden
ist verschmolzen wie ein Klang,
Melodie aus buntem Werden,
das vermischt ein Leben lang.

Losgelöst von falschen Tönen,
frei von schräger Dissonanz,
komponiert zum Lichten, Schönen,
schwingt sich jeder Lebenstanz. 

Was die anderen stets verneinen,
ist ihr eigner Lebensgang;
Anderen dienen und vereinen
ist die Pflicht ein Leben lang. 

Um Verantwortung zu tragen
mit Gewissen unschuldsrein,
sollen wir in unseren Tagen
Hüter unserer Brüder sein. 

Geistes Faden, er zieht einend
durch die Menschheit und verbindet.
Niemand lebt für sich alleine,
weil sich Sein im Ganzen gründet. 

Bizarrer Mond

Quelle: Pinterest
So prächtig ist er da, in sternenklarer Nacht,
durchdringt die Welt mit kühlem Glanz,
wälzt Mensch im Traum in stiller Wacht,
treibt in Bizarrheit silbrig Mummenschanz.

Gezeiten an den Küsten unsrer Meere,
beschleunigt durch der Sonne Kraft,
Gravitation durch stille Daseinsleere,
die erdgebunden nächtens schlaflos macht. 

Zauberhaft

Bezaubernde Klänge in verwunschenen Stätten,
wo schlafende Zwerge in duftigen Betten,
Glühwürmchen Flimmer am lichten Tag,
ein grünender Garten, vom Moos überragt.

Eine fremde Welt, traumhaft und schön,
mit Wiesen, zum bunten Spazierengehen.
Die Luft so klar, die Wege so rein -
es muss ein Fleckchen Himmel sein. 

Es riecht nach frisch gebackenem Brot,
das Leben ist heiter und kennt keine Not.
Am offenen Feuer Gemütlichkeit,
nur Ruhe strömt in den Raum, ohne Zeit.

Endloses Leben im Geist der Natur,
ohne Modewirren auf beglückender Spur.
Die Stufen zur Heimstatt mit Freuden gehen,
den Wundern begegnen, die wir übersehen.  

Die Augen öffnen für das Schöne im Geist,
die Fantasie, die mit uns in die Traumwelt reist.
Wo das Leben sich vor uns Menschen verneigt
und der Große Geist seine Liebe zeigt. 

Romanze

Goethes große, unerfüllte Liebe
Aus „Werthers Leiden“ von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Charlotte von Stein (1742-1827)

Die Glocken, wie sie klingen! –
Ist’s noch der alte Schlag?
Mein Herz, es möchte springen,
an einen fernen Tag.

Die altvertrauten Zeiten
im abendlichen Ton,
wie damals hör’ ich’s läuten –
die Zeit lief uns davon.

Fühl’ ich noch deine Nähe
am wohl geheimen Ort,
späh’ ich nach dir, als sähe
ich dich von ferne dort.

Schmeck’ ich noch deine Küsse,
verboten, doch so süß,
verspüre Hochgenüsse,
wie einst im Paradies.

Seh’ deine Silhouette
am Horizont, im Geist;
verspüre noch die Kette
der Sehnsucht, die nie reißt.

Verschwunden in den Zeiten –
hör’ deiner Stimme Klang.
Sie wird mich stets begleiten,
Unendlichkeiten lang.

Historischer Friedhof in Weimar, Grabstätte von Charlotte von Stein

Herbstschatten

Bertha Wegmann (1847-1926)
Der Sommer geht, man lässt ihn ziehen,
das Leben will in die Herbstzeit entfliehen;
kaum gekommen, mit Frohsinn und Tanz,
ist bald verronnen, der wärmende Glanz.

Schon losgelassen auf herbstlichen Straßen,
der Wind des Vergessens, des Gehenlassens.
Ein fröstelndes Auf-sich-selbst-Besinnen,
lässt mit Kühle die Jahreszeit beginnen.

Sonne, gedimmtes Licht, hell wie Kerzen,
zügelt das heiße Blut in den Herzen.
Gleich einem Docht, der zu Ende brennt,
schließt der Sommer plötzlich sein luftiges Hemd. 

Verschlossen liegt es, in der Tiefe der Zeit,
doch sie zeigt, dass das Schöne ist und bleibt.
Bald sehen wir Buntheit auf Weg und Rabatten,
der Welt verhüllter, vergänglicher Schatten. 

So seh‘ ich das Ende meines Strebens -
fällt wie welkes Laub vom Baum des Lebens.
Hat er geblüht? Sind meine Hände leer? 
Den Wanderstab, der oft zum Gehen schwer,
geb ich zurück, mit ihm mein altes Kleid,
geh zeitbefreit durch’s Tor der Ewigkeit.