Gebet

Viktor Sieger 1843-1905


Ich sprach von Dir als von dem sehr Verwandten,
zu dem mein Leben hundert Wege weiß,
ich nannte Dich, den alle Kinder kannten,
für den ich dunkel bin und leis.

Ich nannte Dich den Nächsten meiner Nächte
und meiner Abende Verschwiegenheit,
und Du bist der, in dem ich nicht geirrt,
den ich betrat wie ein gewohntes Haus.
Jetzt geht Dein Wachsen über mich hinaus:
Du bist der Werdenste, der wird.

Aus dem Worpsweder Tagebuch 4.10.1900

XIII. Sonett an Orpheus

Sei und wisse zugleich des Nicht-Seins Bedingung,
den unendlichen Grund deiner innigen Schwingung,
dass du sie völlig vollziehst dieses einzige Mal.

Text: Rainer Maria Rilke 1875-1926

Gedanken

William Adolphe Bouguereau 1825 – 1905

Mächtige Unsichtbarkeit,
verborgene Energie
in sechster Dimension,
Verbindung zwischen den Welten.
Übermitteln lautlos
Wünsche und Träume,
manipulieren und führen,
durchbrechen Raum und Zeit,
manifestieren das Unmögliche,
senden Liebe und Zuversicht,
schmälern die Kraft des Bösen.
Mittler zwischen Verstand und Seele;
dringen bis ins Herz,
enden im Unbewussten,
lassen uns weinen und lachen,
zeigen uns Wege aus dem Labyrinth
der Alltäglichkeiten,
schenken uns ein Lächeln,
wenn wir in Gottes Arm sanft eingeschlafen sind.

Logik

Der Alchemist – Carl Spitzweg 1808-1885

Es galt mit Logik alle Dinge zu ergründen,
wonach die Seele suchend aufbegehrt,
 
mit menschlichem Verstand zu finden,
was unsren Blicken schleierhaft verwehrt.
 
Es streiten wieder sich die Fakultäten
und werden niemals Frieden geben,
 
wenn Wissenschaft und Universitäten
erforschen unser menschlich’ Leben.
 
So unbegreiflich wie die Ewigkeit des Seins,
die keinen Anfang und kein Ende kennt,
 
verbirgt die trügerische Welt des Scheins,
die wahre Sicht der Dinge vehement.
 
Des Lebens Kern verdecken Macht und Gier,
ethisch vollkommen, göttlich war der Sinn;
 
wenn nicht Moral und Tugend sind der Menschen Zier,
schwindet Respekt vor aller Schöpfung ganz dahin.
 

Orakel

Emil Dörstling 1859-1940 – Kant und seine Tischgenossen


Ein Teil des ew’gen Geistes Licht zu sein
und hier im Kreise der gelehrten, alten Runde,
mit Worten dringen durch des Schleiers Schein,
zu stärken euch in tiefstem Seelengrunde,
 
dies sei zu eurer Freude unser tägliches Bestreben,
fragt nicht die Wissenschaft, wenn ihr nach Wahrheit sucht,
wir sind es, die euch hier die Antwort geben,
liegt doch im Jenseits des Orakels Lösungsspruch.
 
Es gilt ein Zauberwort, das Nächstenliebe heißt,
für alle Zeit im Herzen dieser Welt zu integrieren,
nur wer die Existenz des Nächsten preist,
wird Gottes Sinn in den Alltäglichkeiten spüren.
 
Wer alles Leben ehrt, ehrt auch die Göttlichkeit,
drum seid bestrebt den rechten Weg zu gehen,
entfernt euch von der Oberflächlichkeit,
mildert mit Liebe euer Zeitgeschehen.
 
Schützt die Natur, die Schatzkammern der Erde,
begegnet voll Respekt der Schöpfung allen Lebens,
verteilt gerecht, dass endlich Frieden werde;
des Nächsten Last zu mildern, das sei euer Streben.

Erwartung

Aufstieg – Ferdinand Hodler 1853-1918

Ungeduld durchströmt das Handeln,
ohne Ruhe scheint der Geist,
wenn sich der ersehnte Wandel
scheinbar endlos dreht im Kreis.
 
Fern dem Ziel erscheint die Strecke,
die zu bewältigen wir wählten,
die wir langsam wie die Schnecke,
Schritt für Schritt uns vorwärts quälen.
 
Und haben wir trotzdem erreicht,
was wir zu träumen nicht mehr wagten,
dann wird’s ums Herz uns richtig leicht,
vergessen, wenn wir fast verzagten.
 
D’rum setzt die Ziele nie zu hoch
und nie zu groß das Streben,
gelingt in kleinen Schritten doch
der Aufstieg durch das Leben.

Neue Wege

Ein Labyrinth gleicht unsrem Leben,
von Hindernissen oft gefüllt,
als ob es keinen Ausweg gäbe,
stehn wir vor der Barrieren Bild.
 
Wir rennen an gegen die Steine,
die sich in unsren Alltag legen,
sind mutlos, wenn die müden Beine
nicht Schritt halten auf unsren Wegen.
 
Nach langen Märschen ohne Ziel
müssen wir oftmals eingestehn,
dass wir in unsrem Lebensspiel
uns manchmal nur im Kreise drehn.
 
Wir irren durch den Lebensgarten,
wie durch ein Dunkel ohne Licht;
sehn nicht die Wunder, die dort warten,
und neue Wege gehn wir nicht.
 
Es gilt das Alte aufzugeben,
will man das Bessere ergründen;
mit Gottvertrau‘n wird man im Leben
auch seinen Seelenfrieden finden.

Natur

Carl Spitzweg 1808-1885

Ein weites Land breitet sich aus,
küsst fern den Horizont,
das wie des Wandrers buntes Haus
unter den Himmeln wohnt.
 
Geleitet rastlos wie der Wind,
so sonnenwarm beschienen,
vertreibt die milde Luft so lind,
die Bitterkeit der Mienen.
 
Die Welt als grenzenloser Raum
lädt ein zur stillen Rast;
Natur sie winkt mit Strauch und Baum,
grüßt dich als lieben Gast.
 
Genieße still am lichten Tag
lauschend die Vogelrunde.
Vergiss der Mühen Leid und Plag
in schöpfernaher Stunde.
 

Weltenwanderer Mensch

Du ringst und rufst nach Glück!
Kaum zeigt es sich,
so lässt es dich
in Einsamkeit zurück.
Denn es ist eine Sprosse nur auf unsrer Leiter,
komm weiter!
 
Das Leid, wie es dich schreckt!
Schon hat’s den Arm gestreckt,
dich zu erfassen –
und muss dich lassen!
Es ist ja eine Sprosse nur auf unsrer Leiter,
komm weiter!
 
Das Werk, das du erstrebtest,
dem du, dich opfernd, lebtest –
kaum hast du es getan,
gehört es andern an.
Ach, es ist eine Sprosse nur auf unsrer Leiter,
komm weiter!
 
So läuft der Erde Zeit.
Erst scheint der Tod dir weit,
dann ist er nah,
auf einmal ist er da!
Doch er ist eine Sprosse nur auf unsrer Leiter,
komm weiter!
 
Und neuer Fähigkeiten frische Kraft
in andern Leben neue Werte schafft,
und ein Erkennen löst das andre ab;
Erfahrung wird des früh’ren Wissens Grab.
Auch Wissen ist nur eine Sprosse auf der Leiter,
komm weiter!
 
Auch wir im Geistessonnenlicht,
auch wir im andern Land erschauen nicht
das Ende unsrer Leiter,
komm weiter!
 
<Ephides>

Zauberwald

Im Zauberwald, tief, dort im Buchenhain,
da tanzen Elfen mit duftigen Schleiern.
Sie teilen mit Trollen Nektar und Wein,
verweilen an Bächen und Weihern.
 
Auf einem grünen Bett aus weichem Moose,
da träumt die Elfenkönigin.
Umkränzt von Akelei und Herbstzeitlosen,
verborgen schön – seit Welten Anbeginn.
 
Märchenwesen an verwunschenen Orten,
verzaubern mit Lichtern und wispernden Klängen,
bewachen der Wälder finstere Pforten,
verwirren den Wandrer mit ihren Gesängen.
 
Dort wo das Einhorn steht am Waldesrand
und Zwerge Hüter sind der Märchenschätze,
wo Trugbilder verschleiern den Verstand,
da herrschen die alten Gesetze.
 
Tief unten auf dunklem Baches Grund,
des alten Wassermanns Revier,
da tummeln sich singende Sommerfeen und
färben mit ihren Flügeln bunt, die Wiesenblumen hier.
 
Wenn einmal die Sonne nicht scheinen mag
und Regenwolken ihr Leuchten verhüllen,
dann beginnen die Elfen mit Liebe den Tag
und mit Regenbogenlicht die Wiesen zu füllen.

Dumme sterben niemals aus

Corona – eine Dornenkrone

Sie haben damals geschrien wie heute,
sind gegen alles und gehn mit der Meute.
Dumm ersetzt Wahrheit durch lautes Schreien,
um dem Schwachsinnigen Gehör zu verleihen.

Corona Leugner und Impfgegner Blues.
700.000 Tote weltweit – alles ‚fake news‘?
Was sind das nur für Ego-Ignoranten?!
Sind schuld mal wieder die Asylanten?

Die Einfalt, die nichts verstanden hat,
streut Unwahrheiten über Land und Stadt.
Die, die mit falschen Tönen demonstrieren,
werden unser Land in den Abgrund führen.

Von Eigenschutz und Rücksicht weit entfernt,
haben sie die ‚Vogel-Strauß-Taktik‘ gelernt.
Freiheit! – Die Spaßgesellschaft lässt grüßen.
Schutzlos lässt sie die Alten dafür büßen.

Es ist so wie einst in uralten Tagen,
da hat man Jesus ans Kreuz geschlagen,
obwohl Er den Menschen Gutes brachte,
hing er am Kreuz und die Meute lachte.

Corona setzt ihnen die Krone aufs Haupt.
Die Kirche schweigt. Gibt’s die überhaupt?
Das Christliche scheint längst ausgestorben.
Die Ego-Gesellschaft regiert uns morgen.

Das „C“ in den Parteien glänzt fad.
Wo ist Nächstenliebe in diesem Staat?
Die Lager sind voll, die Menschen am Ende.
Wann hat dieser Holocaust ein Ende?