
Zweiheit meines Ichs, verborgen hinter den Schleiern grauer Ur-Zeit. Geduld ist deine Tugend, Treue deine Stärke, verblasst deine Hülle, magnetisch dein Verlangen nach Vereinigung.
Gedichte und Poesie von Gisela Seidel über Gott und die Welt
Zweiheit meines Ichs, verborgen hinter den Schleiern grauer Ur-Zeit. Geduld ist deine Tugend, Treue deine Stärke, verblasst deine Hülle, magnetisch dein Verlangen nach Vereinigung.
Einst reiner Geist, im Reich der Glückseligkeit. Frei war dein Wille, ummantelt vom Willen des Schöpfers. Du strebtest nach gänzlicher Freiheit und Schöpfung im eigenen Reich. Dein Hochmut zahlt Tribut an den Tod, denn dein Körper ist sterblich. Ewig dein Sehnen nach deiner geistigen Heimat. Liebe ist Leitstrahl zurück zum Hause des Vaters. Steinig und leidvoll der Weg durch die Dualität. Leitet Verstand und Gefühl zu göttlicher Harmonie.
Du bist mein treuer Kamerad,
mein Sinn zum wieder Werden,
der Spielgefährte, der, wenn Leid mich plagt,
stets bei mir ist. Ein wahrer Freund auf Erden.
Du bist es, der mir zuhört, wenn ich ängstlich
nach dem Grund der Schmerzen frage.
Dein Blick erfreut mich herzlich,
mitfühlend bei manchem Weh der Tage.
Du bleibst bei mir, weichst keinen
Augenblick von meiner Seite,
und jeder Ton aus meinem Mund
ist dir ein Wunschlaut, den ich vor dir breite.
Ich schau dich an: mich treffen fragend Blicke.
Auch ohne Worte fühl’ ich das Bedauern.
Mein Hündchen, du folgst meinen Schritten,
gehn sie von dieser Welt: Du darfst nicht trauern!
Wenn ich bete: „Herr, erlöse uns von dem Bösen…“, klingt das anders als früher, denn „Das Böse“ hat plötzlich Namen.
Man fühlt sich mitverantwortlich für die Armen, Unterdrückten dieser Welt und möchte jede Hohlheit verdammen.
Oft kann ich die Dinge nicht fassen, die ich da lese und höre. Ich ertappe mich dabei, Gedanken zu haben, die mir sonst fremd sind. Wie z. B. bei der Ermordung von Osama bin Laden, 2011, durch die USA. Ich dachte: „So ein Glück, endlich einer weniger!“, doch einen Moment später kam der Gedanke: „Er war auch nur ein Mensch.“
Da hat man das Gebot „Du sollst nicht töten“ in „Du sollst nicht morden“ umgeschrieben. Es ändert nichts an der Tatsache: Man hat einem anderen Menschen das Leben genommen. War das gut oder schlecht? – das kann nur Gott von seiner Warte aus bewerten.
Die plötzliche Entschleierung meines Wesens erschreckte mich. Der Pfad der Versuchung ist schmal und das Innerste meiner Seele blieb ein „verschleiertes Bild zu Sais“. Hin und wieder wurde einer dieser Schleier gehoben. Das allzu Menschliche, das dort manchmal zum Vorschein kam, gefiel mir ganz und gar nicht.
Gerade in diesen Tagen der Wahl würde ich gerne jeden Schleier der Heuchelei und Selbstgerechtigkeit herunterzerren – doch es fällt mir schwer, dies mit Nachsicht zu tun.
Leider habe ich einsehen müssen, dass ich gegen Windmühlen kämpfe. Ich möchte mich nicht von den würgenden Konflikten des Molochs „Zeitgeist“ erdrücken lassen. Irgendwie muss man, und besonders dann, dem christlichen Glauben und den ethischen Grundsätzen gerecht werden.
Sehr wohl darf ich das ungerechte Tun gewissenloser Mitmenschen anprangern. Aber das Tun liegt nicht in der Tat, die sich als letzte Auswirkung darstellt. Es liegt bereits im Denken, jenseits des Werdenden und Gewordenen. Können wir die Welt verbessern, wenn wir Taten erzwingen oder Taten unterdrücken? Das setzt nur Gewalt gegen Gewalt, Irrtum gegen Irrtum. Frieden lässt sich nicht erkämpfen. Man wird dadurch niemals den Schauplatz des Kampfes verlassen.
Man muss die trüben Quellen der Gedanken mit reinem Wasser klären. Jede Näherung der Quellen ist ein Schritt zur neuen Erkenntnis und tieferem Verstehen. Die Ereignisse, die der Mensch jetzt nicht beherrschen kann, und gegen die er kämpft, werden sich wandeln und verändern, weil er selbst sich gewandelt hat.
Dies ist der Sinn der Worte des Heilands: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, so wird euch dieses alles zufallen.“
Nur unsre Seele weiß,
dass wir zusammen waren,
in den von Gott erschaffnen Jahren,
als uns in fernem Land
die tiefe Liebe band,
und wir uns sehnten
nach der Einheit des Anderen.
So manches Leben, das wir durchwanderten.
Hier warst du fern,
doch tief im Herzen
blieben wir verbunden,
und funkelt in der Einsamkeit
des Alls ein Stern,
so seh‘ ich dich in
flücht’gen Traumsekunden.
Wenn du nicht wärst,
der mir mit Geisteskräften spendet,
bis dass des Aufstiegs Mühe endet.
Oh, Seliger in andrer Dimension,
so ist dein Leuchten Gott zum Lohn,
damit ich dich am Ende wiederfinde,
und ich mit dir die Ewigkeit ergründe.
Du ringst und rufst nach Glück!
Kaum zeigt es sich,
so lässt es dich
in Einsamkeit zurück.
Denn es ist eine Sprosse nur auf unsrer Leiter,
komm weiter!
Das Leid, wie es dich schreckt!
Schon hat’s den Arm gestreckt,
dich zu erfassen –
und muss dich lassen!
Es ist ja eine Sprosse nur auf unsrer Leiter,
komm weiter!
Das Werk, das du erstrebtest,
dem du, dich opfernd, lebtest –
kaum hast du es getan,
gehört es andern an.
Ach, es ist eine Sprosse nur auf unsrer Leiter,
komm weiter!
So läuft der Erde Zeit.
Erst scheint der Tod dir weit,
dann ist er nah,
auf einmal ist er da!
Doch er ist eine Sprosse nur auf unsrer Leiter,
komm weiter!
Und neuer Fähigkeiten frische Kraft
in andern Leben neue Werte schafft,
und ein Erkennen löst das andre ab;
Erfahrung wird des früh’ren Wissens Grab.
Auch Wissen ist nur eine Sprosse auf der Leiter,
komm weiter!
Auch wir im Geistessonnenlicht,
auch wir im andern Land erschauen nicht
das Ende unsrer Leiter,
komm weiter!
<Ephides>