Vergangenheit

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Caspar David Friedrich 1774-1840

Gewesen ist, was längst vorbei,
doch liegt Vergangnes in den Zellen,
schäumt die Erinnerung dabei
sich manchmal auf zu Sturmeswellen.
 
Hast du verdrängt die alten Lasten,
so stecken sie doch tief in dir;
du willst zu neuen Dingen hasten,
blockierst dir selbst die offne Tür.
 
Will die Erfahrung dunkel trüben
die wahre Sicht, die gar nicht schlecht,
lässt dich dein Zweifeln unterliegen –
wird der Vergangenheit gerecht.
 
Die Zeit hüllt den Vergessensschleier
um alle Dinge, die geschehn,
denk‘ an den Morgen, werde freier,
dann wirst du bald die Sonne sehn.

Herbst

Quelle: Kunst-Gemaelde.com

Zu Golde ward die Welt,
zu lange traf der Sonne süßer Strahl
das Blatt, den Zweig.
Nun neig dich, Welt, hinab.
Bald sinkt’s von droben dir
in flockigen Geweben
verschleiernd zu –
und bringt dir Ruh,
o Welt, o dir,
zu Gold geliebtes Leben,
Ruh.

Quelle: Wikipedia

Christian Morgenstern, dt. Dichter, 1871-1914

Kind sein

Zug aus Streichholzschachteln. Quelle: Pinterest

Schon wieder Tag!
Die kurze Nacht hängt noch in meinen Knochen.

Kind möcht‘ ich sein,
das freudig aus dem Bett gekrochen,
das voller Neugier auf die Mutter blickte,
ein süßes Brötchen in den Händchen drückte.

Das draußen eine Wunderwelt beschaute,
aus Streichholzdosen bunte Züge baute.
Mit ausgedienten Schachteln spielte,
darin das Fallobst aus dem Garten füllte.

Das jedes Kärtchen, jedes Blatt verwahrte,
sich in die Hüte des Rhabarberblatts vernarrte,
und Kirschen, als die schönsten Ohrgehänge,
im Sommer zeigte in der Menge.

Kind möcht‘ ich sein,
mit Baumel-Beinchen auf der Bank,
Rhabarberstangen in der kleinen Hand,
genüsslich in den Zucker tauchen;
zufrieden in den Himmel schauen.

Die ‚alte Schachtel‘ bin ich selbst geworden.
Schon wieder Tag! Es kommt ein neuer Morgen.
Ich sehe traurig ein, nach all den Jahren:
Mein Zug ist doch längst abgefahren.

Haiku

Gedanken-Bilder,
eingesperrt in Rahmen,
der, viel zu klein,
nur wenig zeigen mag.

Ich mag sie nicht,
die eingegrenzten Armen,
fixiert, gefühllos,
wohl dosierte Tags*.

Sind wie ein Bonsai,
ein gestutzter Riese,
bezwungne Kraft,
von Menschenhand
dressiert.

Sind wie das Ändern
einer göttlichen Devise,
nur an der Zahl der
Silben interessiert.

*Tag=HTML – Markup

Gute Gedanken

Franz von Assisi -Frank Cadogan Cowper (1877-1958)

Impulse aus guten Gedanken –
weich fließende, göttliche Kraft.
Unteilbare, himmlische Ranken,
in Liebe, so friedvoll gedacht.

Dringt tief, wie ein sonniges Weben,
erwärmend und mild in dein Herz.
Bringt Freude und Glanz in dein Leben,
streckt Seele und Blick himmelwärts.

Lässt menschliche Fehler vergessen,
bringt Frieden und Licht in die Zeit.
Tilgt manches Leid, das gewesen,
verwandelt in Glückseligkeit.

Schattenloses Licht

Queen and Mirrow – Schneewittchen


Ihr würdet nicht so leichthin Böses denken,
erschautet ihr des Bösen Angesicht.
Ihr würdet euer Haupt betroffen senken
und schweigend ihm ein stummes Mitleid schenken,
das ferne ist von Rache und Gericht!

Ich sah des Bösen Augen einst im Spiegel.
Sein Antlitz, es war mein und es war dein
und trug noch auf der Stirne Gottes Siegel.
Es schlief, ich rief und löste so den Riegel
und ließ das Böse ins Bewusstsein ein.

Auch Luzifer ist einstens rein gewesen.
Verzweiflung ist des Bösen tiefster Grund.
Das Böse dürft ihr hassen, nicht den Bösen.
Ihn hassen bindet, Liebe nur kann lösen,
ein Wort der Güte spreche euer Mund.

Es ist das Böse unser aller Schatten.
Wir fliehn in Fernen und entfliehn ihm nicht.
Wir kämpfen lang vergeblich – und ermatten.
Dann wissen wir, was wir vergessen hatten,
und heben uns ins schattenlose Licht.

<Ephides>

Lebensende

William Adolphe Bouguereau 1825 – 1905

Wenn Ängste vor dem Tod auf deiner Seele brennen,
schaue nach innen und du wirst erkennen,
dass tief in deinem Herzen etwas lebt,
das dir auf deine Fragen eine Antwort gibt.
 
Bevor die letzten Schleier sich enthüllen,
hast du dein Karma hier auf Erden zu erfüllen.
 
Fiktion und Wirklichkeiten sich verbinden;
des Rätsels Lösung wirst du später finden,
wenn irgendwann der letzte Vorhang fällt,
kommen Erinnerungen an die andre Welt.
 
Du wirst zum Licht am Tunnel-Ende gehn
und freudevoll Glückseligkeiten sehn.
 
Es werden alle Zweifel, alle Fragen schwinden
und altvertraut wirst du den Weg nach Hause finden.
 
Die Engel leiten dich mit Regenbogenstrahlen
und Sternenstaub wird Glanz auf deine Seele malen.
 
Du wirst dein Leben nochmals vor dir sehn,
dir alle Fehler, die du machtest, eingestehn.
 
Kein Leid, kein Schmerz wird dich begleiten,
nur Gottesliebe ist bei dir in Ewigkeiten.
 
Sie schmiegt sich warm um dich und hüllt dich ein;
du wirst in Liebe unter deinen Lieben sein.
 
Es wird entschieden, ob dein Leben gut war oder nicht,
hast du dein Ziel verfehlt, wird neues Leben Pflicht.
 
Erfüllte Leben deiner Seele Aufschwung bringen,
bald darfst du ewiglich in Gottesnähe schwingen.

Kirchenirrtümer

William Adolphe Bouguereau  1825-1905

Sehnsucht nach Hause brannte tief in unsren Herzen,
Erinnerungen an Lemuria, an ferne Welten.
Gedachten dem verlornen Paradies mit Schmerzen
und wussten doch, die Trennung wird nicht ewig gelten.
 
Sind seit Jahrtausenden mit dieser Welt verbunden,
wissend der Wurzeln längst vergangener Kulturen.
Des Mensch-Seins Höh’n und Tiefen haben wir empfunden,
die Weltgeschichte ist gefüllt mit unsren Spuren.
 
 Martyrium gehetzter Seelen, Qualen,
erlitten unter kirchlichem Geheiß, durch falsche Lehren.
Inquisition ließ uns mit Flammentod das Requiem bezahlen;
die Kirche war bemüht, die wahren Glaubenssätze umzukehren.
 
Inkarnationen ließen unsre alten Seelen reifen
und stets verbunden mit den fernen Himmelsmächten,
uns oftmals fragend an den Überlieferungen zweifeln.
Das Licht in uns begann das Kirchendogma anzufechten.
 
Mehr als vierhundert Jahre sind ins Land gegangen,
als Luthers Thesen päpstliche Erlässe reformierten,
doch blieb der Klerus stets im alten Netz gefangen,
auch wenn gelehrte Köpfe lautstark protestierten.
 
Nehmt Jesus endlich von den Kreuzen dieser Erde!
Mit seiner Himmelfahrt wollte er Zeugnis geben,
dass so vom Kreuz befreit das Leid zur Liebe werde,
Christ ist IN UNS die Auferstehung und das ewige Leben.

Der Herbst

Hans Andersen Brendekilde (1857-1942)

Jetzt ist es Herbst,
Die Welt ward weit,
Die Berge öffnen ihre Arme
Und reichen dir Unendlichkeit.
Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub,
Die Bäume sehen in den Staub,
Sie lauschen auf den Schritt der Zeit.

Jetzt ist es Herbst,
das Herz ward weit.
Das Herz, das viel gewandert ist,
Das sich verjüngt mit Lust und List,
Das Herz muss gleich den Bäumen lauschen
Und Blicke mit dem Staube tauschen.
Es hat geküsst, ahnt seine Frist,
Das Laub fällt hin, das Herz vergisst.

Max Dauthendey
(1867 – 1918)