Die Bienenschwärme machen sich bereit,
für erste Blüher, die in Büschen leuchten,
kommt bald der Frühling vor der Zeit -
die Tage sind zu warm, die feuchten.
Noch schweigt der Tag in dunklen Stunden,
der Tau liegt schwer auf blassem Wintergrün,
die Sterne sind im Licht der Stadt verschwunden,
der Mond war groß, nun muss er still verglühen.
Mit schwerem Nebel schonungsvoll verhangen
ist hier die Welt, das Morgenrot noch weit;
der Himmel weint, treibt Perlen auf die Wangen -
ich sehn‘ den neuen Tag im Licht herbei.
Ehret die Frauen! sie flechten und weben Himmlische Rosen ins irdische Leben, Flechten der Liebe beglückendes Band, Und in der Grazie züchtigem Schleier Nähren sie wachsam das ewige Feuer Schöner Gefühle mit heiliger Hand.
Ewig aus der Wahrheit Schranken Schweift des Mannes wilde Kraft; Unstet treiben die Gedanken Auf dem Meer der Leidenschaft; Gierig greift er in die Ferne, Nimmer wird sein Herz gestillt; Rastlos durch entlegne Sterne Jagt er seines Traumes Bild.
Aber mit zauberisch fesselndem Blicke Winken die Frauen den Flüchtling zurücke, Warnend zurück in der Gegenwart Spur. In der Mutter bescheidener Hütte Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte, Treue Töchter der frommen Natur.
Feindlich ist des Mannes Streben, Mit zermalmender Gewalt Geht der wilde durch das Leben, Ohne Rast und Aufenthalt. Was er schuf, zerstört er wieder, Nimmer ruht der Wünsche Streit, Nimmer, wie das Haupt der Hyder Ewig fällt und sich erneut.
Aber zufrieden mit stillerem Ruhme, Brechen die Frauen des Augenblicks Blume, Nähren sie sorgsam mit liebendem Fleiß, Freier in ihrem gebundenen Wirken, Reicher, als er, in des Wissens Bezirken Und in der Dichtung unendlichem Kreis.
Streng und stolz, sich selbst genügend, Kennt des Mannes kalte Brust, Herzlich an ein Herz sich schmiegend, Nicht der Liebe Götterlust, Kennet nicht den Tausch der Seelen, Nicht in Thränen schmilzt er hin; Selbst des Lebens Kämpfe stählen Härter seinen harten Sinn.
Aber wie leise vom Zephyr erschüttert, Schnell die äolische Harfe erzittert, Also die fühlende Seele der Frau. Zärtlich geängstigt vom Bilde der Qualen Wallet der liebende Busen, es strahlen Perlend die Augen von himmlischem Thau.
In der Männer Herrschgebiete Gilt der Stärke trotzig Recht; Mit dem Schwert beweist der Scythe, Und der Perser wird zum Knecht. Es befehden sich im Grimme Die Begierden wild und roh, Und der Eris rauhe Stimme Waltet, wo die Charis floh.
Aber mit sanft überredender Bitte Führen die Frauen den Scepter der Sitte, Löschen die Zwietracht, die tobend entglüht, Lehren die Kräfte, die feindlich sich hassen, Sich in der lieblichen Form zu umfassen, Und vereinen, was ewig sich flieht.
Ich mag die Bilder nicht mehr sehen,
die manchmal in meinem Kopf entstehen!
Wenn ich mir vorstelle, ein anderer zu sein,
säße inmitten der Kriegsparteien,
fühle die Kälte des Schützengrabens
und das Gefühl nie gelebt zu haben,
denn in mir ist schon längst alles tot,
die Einschläge spür‘ ich, die Angst und die Not.
Erschütterung liegt in Stadt und Land,
kein Baum, kein bewohnbares Haus, das ich fand.
Hier wird der Frühling nie wieder sein!
Kein Vogel singt mehr, nur verlassene Reihen.
Trostlos und nass sinkt das Land im Schlamm,
und der, der noch lebt, wird zum Opferlamm.
So stell ich mir vor, ein anderer zu sein,
verloren, vergessen in endlosen Reihen.
Ein Friedhof mit offenen Gräbern darin,
mit Menschen, die hofften zu Kriegsbeginn,
die das Grauen empfingen, das Sterben, den Tod.
Verirrtes Geschlecht treibt den Himmel rot!
Wetterleuchten seh ich am Himmel prangen,
blitzende Schauer und Häuser in Flammen,
durch ‚Schwarze Reiter‘, die sich selbst zerstören,
die dem ewig gestrigen Feind angehören.
Der Krone beraubtes Land – wie ein Baum,
der nicht grünen darf im feindlichen Raum,
dessen Wurzeln noch stehn, nach vollzogenem Beben.
Voller Sehnsucht wird zum Licht er sich heben!
Bilder in mir sind ein verzweifeltes Sehen,
denn Menschen, die dem entgegengehen,
die mit weißer Fahne der Liebe bestückt,
werden verachtet in den Abgrund gedrückt.
Dämonen, die erobern, besetzen, zerstören,
die, wie Marionetten, Befehle des Bösen erhören,
gnadenlos, mit barbarischen Henkershänden
werden sie unzählige Leben zum Tode wenden.
Blutgetränkt tragen die Wurzeln am Ende,
wie der Baumstumpf, in sich, die Zeitenwende.
Denk mir Bilder der Gnade, der Einigkeit -
was ist Frieden ohne Freiheit in dieser Zeit?
„Selig, die nicht sehen und doch glauben!“,
Heilands Worte trägt der Hoffnungswind.
Was im Menschen nebulös im Staube,
ist, das Gut und Bös Geschwister sind.
Sind erschaffen, um uns Licht zu bringen,
in die Seelen den Bewusstseinsschein;
doch Erleuchtung wird uns nur gelingen,
wenn wir zweifellos die Angst befreien.
Schwarzer Trauerflor liegt auf den Kriegen,
die wir jeden Tag im Leben führen,
können nur den eignen Drang besiegen
und den Sieg in unserem Glauben spüren.
Sehn den Strahlenglanz des Osterlichtes,
wie es leuchtend uns die Einsicht bringt,
von der Auferstehung nach dem Tod berichtet,
Jesus, selbstlos, ohne Furcht, für andere ringt.
Es ist nötig, dunklen Hintergrund zu formen,
der die Schönheit hebt, erhellt die Sicht;
dunkel eingerahmt, die Lebensnormen,
wie ein Kirchenfenster strahlt im Licht.
Die Vertriebenen – Erik Ludvig Henningsen (1855-1930)
Aus dem Haus getrieben,
wo sie lange wohnten,
zwangsgeräumt und arm, in heller Not;
alle Lebenswege, die gewohnten,
abgeschnitten, wie ein Stückchen Brot.
Was geblieben, sind die Sachen,
die erbärmlichen Habseligkeiten;
ihre Kinder weinen - Fremde lachen,
die am Straßenrand den Rauswurf feiern.
Ihre Hoffnung treibt sie durch die Straßen,
fest verzurrt mit einem kleinen Strick,
ist das wenige, das sie besaßen
und vom Nötigen doch nur ein Stück.
Freunde, die sie kannten, sind vertrieben,
und allein im Paragraphenwald
werden sie aus ihrer Stadt getrieben,
und der Abend dämmert doch schon bald.
Frierend ziehn sie ihren Karren,
mit der letzten Kraft, die ihnen blieb,
und schon lange drückt ihr leerer Magen,
doch es treibt der Selbsterhaltungstrieb.
Schritt für Schritt ziehn sie des Weges,
und der Horizont verliert ihr Bild. -
Sind wir alle nicht wie sie vertrieben,
auf dem dunklen Weg zum Zukunftsbild?
Schon macht der Lenz die Flügel weit
und jagt davon in starkem Sturmwind Reigen,
in kühler Luft vergeht die Winterzeit,
und erste Wärme lässt die Knospen treiben.
Noch sitzt die Sonne fern im Haus der Schatten
und Himmelsbläue ist im Grau verhangen;
bald wird im Festtagskleid sie die Natur begatten
und jedes Samens Geist ans Licht gelangen.
Die alten Bäume beugen sich im Winde,
wie im Spalier bereiten sie den Weg,
und die Natur, sie singt dem neuen Kinde
ein Lied, das nur der Ewige Geist versteht.
Freiheit, die ich meine,
die mein Herz erfüllt,
komm' mit deinem Scheine,
süßes Engelbild!
Magst du nie dich zeigen
der bedrängten Welt?
Führest deinen Reigen
nur am Sternenzelt?
Auch bei grünen Bäumen
in dem lust'gen Wald
unter Blütenträumen,
ist dein Aufenthalt.
Manchmal, wenn die Nacht noch schläft,
hör ich leise schwebend durch die Zimmer gleiten,
was in diesem Haus gelebt,
dann gestorben ist beizeiten.
Manchmal sind mir Träume blass und stumm,
sind gefüllt mit starren Blicken Fremder,
Lippen öffnen sich und wiederum,
wenn ich durch Traumstraßen schlendre,
hör‘ ich Fragen durch geschlossene Münder.
Sehe dann, wie viele ‚Wahrheitsfinder‘
fehlgeleitet falsche Wege gehen,
dann bewusst im Gang verharren,
oder schuldbeladen in den Abgrund sehen,
weil sie sich im Geist der Welt vernarren.
Manchmal, wenn der Vollmond näher rückt,
der die Stunden lang und schlaflos macht,
spür‘ ich, wie der Mann im Mond sich bückt,
mir ein Schlaflied singt und mich bewacht.
Wunderland ist diese Welt,
magisch, wie Märchenfeen,
in der ein Zauber uns erhellt,
mit stetem Vorwärtsgehen.
Unendlich sucht die Ewigkeit
in Träume einzuweben,
sie trägt uns bis zum Rand der Zeit,
in der wir sterbend leben.
Das Morgenrot besiegt die Nacht -
ich hör‘ sie singend schwinden;
mit neuer Lebenszauber-Macht
wird uns die Zukunft finden.
Durch einen Zauberstab erweckt,
wo Wünsche Sterne sprühen,
wird Geisteskraft, die in uns steckt,
mit neuem Leben blühen.
Welt liegt im Dunkeln, ruht in schwarzen Schatten; nirgends ein Sternenfunkeln, und über den Rabatten lasten die alten Flüche, im Niemandsland, da weint die Psyche ängstliche Tränen.
Wie man sich ohne Mutterseele ganz alleine fühlt, so wie ein Sandkorn, das vom großen Meer umspült, bleibt einsam man im Innern, nur Liebe kann im Außen dann verringern, wonach wir lebenslang uns sehnen.
Alleine wir uns oftmals wähnen in unsrer Lebensschlacht, wenn sie uns unerwartet Leiden schafft und Herzen kalt zu Stein erstarren lässt, stehn wir trotz aller Seelenqualen felsenfest, empfangen selbst die ärgsten Hiebe für etwas Liebe, die oftmals, eh‘ sie überhaupt begonnen, schon bald zerronnen.
Doch ist die Nacht auch dunkel, voller Sorgen, vertraun wir auf den fernen, lichten Morgen, den wir mit Glauben, Hoffnung, Liebe füllen werden, so schaffen wir Verschmelzung schon auf Erden, mit dem wir geistig uns verbinden können.
So, von der unsichtbaren Welt begleitet, dem eignen Willen folgend, werden wir geleitet; gehn zwar alleine durch des Lebens Wüstenschwüle, am Ende dann, gelangen wir zum Höchsten der Gefühle.
So flüchtig, wie die Liebe hier auf Erden war, so währt in Ewigkeit sie gottesnah!
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