Wie ein Lächeln zeigte er am Fenster, dass die lauen Lüfte Hoffnung trugen und sich wiegend mit dem Tag vereinten. Lieblich ist des Frühlings Angesicht!
Rings umher sein warmes Strahlen, eisbefreit schmilzt unter seinen Händen, was ermuntert wird zu neuem Leben, wie des Baches Lauf in freien Fluten.
Blumen öffnen bald schon ihre Blüten, denn all jene, die den Herbsttod starben, richten sich erneut empor gen Himmel, um der Krone „Auferstehung“ Glanz zu tragen.
Majestätisch hat der Herbst zerstöret, was mit winterlichem Ausklang endet. Milde gibst du neu, in ewig gleichem Lauf, was du, Natur, einst nahmst mit ernster Miene.
Nach kurzem Schlummer schenkst du uns ein Lächeln, denn nicht vernichten wolltest du, nur ruhen. Gelöst hast du des Frühlings Fesseln. Der lang in holder Lust gefangen, tanzt bald zu Nachtigallentönen.
Wird auch der Liebe Frühling wiederkehren? So viele Wunden auf dem Feld der Trennung! Ein ew’ger Winter ist längst eingezogen und abgestorben ist das Grün der Hoffnung.
Die kargen Stundenblumen sind verwelkt im Leid; der Abschiedsschmerz hat sie hinfort gerissen. und unter kummervollen Tränenjahren sind die der Freude längst gewichen.
Die Zeit der Rosen bot mir ihre Dornen, und keine Sonne wird sie neu erwecken. Der goldne Frühlingsschimmer segnet lichterfüllt, treibt übers Grab „Vergangenheit“ den Hauch des Abschieds, denn niemals kehrt der Liebe Frühling wieder.
Energie des Lebens – empfangener Teil des Geistes, blütentreibend aus ur-ewigem Samen, Gesichter der Seelen, in neue Gewänder gekleidet, individuell, stets lernend; verborgene Edelsteine – diamantene Facetten am Schleifstein Leben geschliffen, kurzzeitig ausdrucksstark im physischen Körper, prädisponiert, den letzten Akt in neuem Glanz zu vollziehen.
Die Maske fiel. Alles vorbei!
Entblößt das wahre ICH im Spiegelbild.
Das Ende einer bloßen Gaukelei.
Es zeigt ein trauriges Gesicht,
ganz unverhüllt.
Du spielst die Rolle deines Lebens,
mit oder ohne Kreuz auf deiner Stirn.
Nur ein paar Tage suchtest du vergebens
in einem andern ICH dich zu verlier’n.
Doch du erwachst, nach Alkoholgenuss
erkennst zu spät das Übel deines Tuns.
Gefangener im Kerker deines Frusts,
wünscht du dir Asche auf dein Haupt
und kannst nicht ruhn.
Warum wollt ihr so lange warten, bis sie euren geschminkten Frauen und euch und den Marmorpuppen im Garten eins über den Schädel hauen?
Warum wollt ihr euch denn nicht bessern? Bald werden sie über die Freitreppen drängen und euch erstechen mit Küchenmessern und an die Fenster hängen.
Sie werden euch in die Flüsse jagen. Sinnlos werden dann Schrei und Gebet sein. Sie werden euch die Köpfe abschlagen. Dann wird es zu spät sein.
Dann wird sich der Strahl der Springbrunnen röten. Dann stellen sie euch an die Gartenmauern. Sie werden kommen und schweigen und töten. Niemand wird über euch trauern.
Wie lange wollt ihr euch weiter bereichern? Wie lange wollt ihr aus Gold und Papieren Rollen und Bündel und Barren speichern? Ihr werdet alles verlieren.
Ihr seid die Herrn von Maschinen und Ländern. Ihr habt das Geld und die Macht genommen. Warum wollt ihr die Welt nicht ändern, bevor sie kommen?
Ihr sollt ja gar nicht aus Güte handeln! Ihr seid nicht gut. Und auch sie sind’s nicht. Nicht euch, aber die Welt zu verwandeln, ist eure Pflicht!
Der Mensch ist schlecht. Er bleibt es künftig. Ihr sollt euch keine Flügel anheften. Ihr sollt nicht gut sein, sondern vernünftig. Wir sprechen von Geschäften.
Ihr helft, wenn ihr halft, nicht etwa nur ihnen. Man kann sich, auch wenn man gibt, beschenken. Die Welt verbessern und dran verdienen – das lohnt, drüber nachzudenken.
Macht Steppen fruchtbar. Befehlt. Legt Gleise. Organisiert den Umbau der Welt! Ach, gäbe es nur ein Dutzend Weise mit sehr viel Geld…
Ihr seid nicht klug. Ihr wollt noch warten. Uns tut es leid. Ihr werdet’s bereuen. Schickt aus dem Himmel paar Ansichtskarten! Es wird uns freuen.
Frühlingshaft, von allen Jahreszeiten neu, in die Verwandlung gleiten, wie im Tanz der Zauberenergien,
sind des Lebens schwingende Atome, wandeln sich im Wachstumsstrome, sind dem Jahr von der Natur geliehen.
Richten auf gen Himmel, die Gesichter, mit des Schöpfers Kraft an Sonnentagen; kurz entzünden sich des Daseins Lichter, um den Kampf Erneuerung zu wagen.
Krachen und Heulen und berstende Nacht, Dunkel und Flammen in rasender Jagd - Ein Schrei durch die Brandung!
Und brennt der Himmel, so sieht man's gut: Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut; Gleich holt sich's der Abgrund.
Nis Randers lugt - und ohne Hast Spricht er: "Da hängt noch ein Mann im Mast; Wir müssen ihn holen."
Da faßt ihn die Mutter: "Du steigst mir nicht ein! Dich will ich behalten, du bliebst mir allein, Ich will's, deine Mutter!
Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn; Drei Jahre verschollen ist Uwe schon, Mein Uwe, mein Uwe!"
Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach! Er weist nach dem Wrack und spricht gemach: "Und seine Mutter?"
Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs: Hohes, hartes Friesengewächs; Schon sausen die Ruder.
Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz! Nun muß es zerschmettern...! Nein: es blieb ganz!... Wie lange? Wie lange?
Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer Die menschenfressenden Rosse daher; Sie schnauben und schäumen.
Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt! Eins auf den Nacken des andern springt Mit stampfenden Hufen!
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt! Was da? - Ein Boot, das landwärts hält - Sie sind es! Sie kommen! -
Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt... Still - ruft da nicht einer? - Er schreit's durch die Hand: "Sagt Mutter, 's ist Uwe!"
Otto Ernst (1862-1926)
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