Wenn ich in der großen Helle
eines neuen Tages stehe
und vom Ursprung meiner Quelle
ihres Laufs Gefälle sehe,
wird mein Wissen, hingerissen
nochmals ihren Weg begleiten,
niederstürzen von den Bergen,
um in Tälern sich zu breiten
und gesänftigt einzumünden
in das Meer der Ewigkeiten.
Wiederkehrend soll es künden
meinen Gang durch alle Zeiten.
Aber nicht auf gleichen Pfaden
kehrt mir fernes Wissen wieder
von des Urmeers Lichtgestaden:
Schimmernd taut es auf mich nieder,
seinen Regenbogen schlagend
und mein Sein zum Kreise schließend,
Ziel und Ursprung in sich tragend,
ewig neu und ewig fließend.
Ephides
Hochmittelalterliche Darstellung der Hölle im Hortus-Deliciarum-Manuskript der Herrad von Landsberg (um 1180)
Wie soll ich in poetischen Worten schreiben,
über das, was unbeschreiblich ist;
was wird auf der geistigen Ebene bleiben,
wenn der Mensch nicht mehr Körper nur Seele ist?
Wird Gottes Gericht die Bösen richten,
die Leib und Leben Anderer nahmen?
Wird er sie im Feuer der Hölle vernichten,
bis sie im Rauch aufgehen, ohne Erbarmen?
Wie sollen sie körperlos verbrennen,
in einer Sphäre im luftleeren Raum?
Ein Ort, den die Kirchen mit „Hölle“ benennen,
ist kirchliches Denken, voll Folter und Grauen.
Die Konfrontation ihrer Taten und Folgen -
für manche Seelen verheerendes Schauen;
sich selbst begegnen, ihrem eigenen Bösen,
dem Egoismus, der Schlechtigkeit auf denen sie bauten.
Das ist ihre Hölle, die sie selber sich wählten,
wie im Spiegel erscheint dort ihr eigenes Gesicht,
wie die Gemälde der Künstler erzählten,
nur zerstörender, ist diese Ansicht im Licht.
Veni, veni, Emmanuel ist eigentlich ein Adventslied, doch aufgrund der neuesten Ereignisse habe ich es heute hier veröffentlicht.
Text bei John Mason Neale, Hymni Ecclesiae, 1851 Sängerin: Loreena McKennitt
Lateinisch / Übersetzung
Veni, veni Emmanuel!
Captivum solve Israel!
Qui gemit in exilio,
Privatus Dei Filio,
Gaude, gaude, Emmanuel
Nascetur pro te, Israel.
Komm, komm, Immanuel!
Befreie das gefangene Israel,
das in der Verbannung wehklagt,
beraubt um Gottes Sohn.
Freue dich, freue dich; Immanuel
wird für dich, Israel, geboren werden.
Veni o Iesse virgula!
Ex hostis tuos ungula,
De specu tuos tartari
Educ, et antro barathri.
Gaude, gaude, Emmanuel
Nascetur pro te, Israel.
Komm, o Spross des Jesse!
Aus des Feindes Klauen
führe die Deinen heraus,
aus der Tiefe der Unterwelt,
aus dem Abgrund der Hölle.
Freue dich …
Veni, veni o oriens!
Solare nos adveniens,
Noctis depelle nebulas,
Dirasque mortis tenebras.
Gaude, gaude, Emmanuel
Nascetur pro te, Israel.
Komm, komm, o Morgenstern!
Tröste uns, indem du kommst.
Vertreibe die Nebel der Nacht
und die schreckliche Finsternis des Todes!
Freue dich …
Veni clavis Davidica!
Regna reclude coelica,
Fac iter tutum superum,
Et claude vias inferum.
Gaude, gaude, Emmanuel
Nascetur pro te, Israel.
Komm, Schlüssel Davids!
Schließe auf die himmlischen Reiche.
Mach sicher den Weg nach oben
und verschließe die Wege nach unten!
Freue dich …
Veni, veni Adonai!
Qui populo in Sinai
Legem dedisti vertice,
In maiestate gloriae.
Gaude, gaude, Emmanuel
Nascetur pro te, Israel.
Komm, komm, Herr!
Deinem Volk gabst du das Gesetz
auf Sinais Gipfel
in erhabener Herrlichkeit.
Freue dich …
Sind es gottgewollte Schranken,
die uns zügeln und regieren;
aufgestaute Wut der Mengen,
deren Seelen leidend frieren?
Hass schwingt zwischen den Parolen,
Unterdrückung schafft sich Raum;
wo Gewalt und Armut herrschen,
hält kein Mensch sich mehr im Zaum.
Hindern Menschen hinter Grenzen,
frei entwickelt ‚Mensch zu sein‘,
unterdrückt durch Staat und Glauben,
hört man sie in Fesseln schreien.
Sehen die eigne Welt zerfallen
und darin sich selbst vergehen,
ihre hasserfüllte Sprache
können nur sie selbst verstehen.
Durch das Leiden ihrer Seelen
zieht das Unglück durch das Land;
morden die, dies besser hatten,
sind für sie der Fesseln Band.
Auch die leidbeschwerten Tage,
tragen volle Segensschalen;
wenn der tiefe Sinn sich öffnet,
scheint die Welt in hellen Farben.
Platz ist in der kleinsten Hütte,
wenn man liebt und wenn man teilt;
nimmt man denen, die nichts haben,
schürt man Feindschaft alle Zeit.
Die Luft der Berge ist klar wie Wein, Und der Duft der Pinien schwebt auf dem Abendhauch. und mit ihm, der Klang der Glocken.
Und im Schlummer von Baum und Stein, gefangen in ihrem Traum; liegt die vereinsamte Stadt und in ihrem Herzen eine Mauer.
Jerusalem aus Gold und aus Kupfer und aus Licht, lass mich doch, für all deine Lieder, die Geige sein.
Wie vertrocknet die Brunnen sind, wie leer der Marktplatz. Keiner, der den Tempelberg besucht, in der alten Stadt.
Und in den Höhlen der Felsen, heulen die Winde. Und es gibt keinen, der hinabstiege zum Toten Meer, auf der Strasse nach Jericho.
Jerusalem aus Gold und aus Kupfer und aus Licht, lass mich doch, für all deine Lieder, die Geige sein.
Aber als ich heute kam, um für Dich zu singen, und Dir Kronen zu binden, da bin ich doch das geringste all Deiner Kinder, der letzte dem es zustünde, Dich zu besingen.
Brennt doch Dein Name auf den Lippen, wie ein Kuss der Serafim: Wenn ich Dein vergäße – Jeruschalajim, Du ganz und gar Goldene.
Jerusalem aus Gold und aus Kupfer und aus Licht, lass mich doch, für all deine Lieder, die Geige sein.
Ja, wir sind zurückgekehrt, zu den Brunnen, zum Markt und Deinen Plätzen. Der Klang des Schofars hallt über dem Berg, dort in der Altstadt.
Und in den Höhlen am Felsen scheinen Tausende von Sonnen. Lass uns wieder hinabsteigen zum Toten Meer, über die Straße nach Jericho.
Jerusalem aus Gold und aus Kupfer und aus Licht, lass mich doch, für all deine Lieder, die Geige sein.
Wenn es Rosen regnen würde,
würde ein Blütenteppich das Heilige Land bedecken,
und mit ihrem Duft die Friedenssehnsucht
in den zerstrittenen Lagern wecken.
Geöffnete Himmel senden Friedensengel,
die Trauer umwandeln in Freudentränen
und freundschaftlich verbinden all’ diejenigen,
die sich trotz Niederlagen
immer noch als Sieger wähnen.
Würde Frieden die Zeit überdauern
und irgendwann alte Wunden bedecken,
wären Grenzen und das Machtgehabe vergessen
und Gott ließe stattdessen
Rosen erblühn an den Mauern.
Führer, der du mir im Geiste
nah gestellt für meine Leben,
halte schützend deine Hände
über mich und all mein Streben.
Weck mich auf, falls ich verschlafe,
halte mahnend meine Hand,
reiche mir für meine Wunden
deinen geistigen Verband.
Gib mir Trost in allen Nöten,
Liebe sei mein täglich Brot,
lass‘ mich durch des Lebens Brände,
wandeln wie durch Morgenrot.
Harmonie gib meinen Tagen
und den Nachbarn schließ mit ein;
lass den Tag mit mildem Lächeln
Träger unserer Hoffnung sein.
Sie schreien und sie grölen, wie die Männer,
mit demonstrierter Stärke stehn sie ihren Mann.
Wenn sie geglaubtes Recht auf ihre Seite zerren,
befeuern sie den eignen Geltungsdrang.
An maskulinen Substantiven und Pronomen,
geschlechtsneutral, auch femininer Form,
wird Sprachverunstaltung beschworen,
das Gendern wird zur weiblich neuen Norm.
Dem Volk zu dienen und dafür zu sterben,
das war im Militär männliche Pflicht;
den Nachwuchs dazu mussten Frauen gebären,
doch ohne Zeugung geht’s auch heute nicht.
Vom Gleichheitswahn getrieben, fallen Frauen,
befeuert von dem Drang zur Männlichkeit;
wo ist die Fähigkeit, dem eignen Sinn zu trauen,
er trägt den ganzen Reichtum Weiblichkeit.
Schon immer wirkten Frauen mit an großen Werken,
auch, wenn sie nur im Hintergrund agierten;
der männlich schöpferische Geist trug Frauenstärken
in seine maskuline Welt, doch Frauen regierten.
Sie waren ausschlaggebend, Zünglein an der Waage,
für manchen Mann, die stille Königin.
Die Frau stellt unbewusst sich selbst in Frage,
mit Mut zur Männlichkeit. Wo liegt der Sinn?
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