Geist des Lenzes

Cornelis Kuijpers (1864-1932) – Frühling
Springen möchte man und singen,
denn der Frühling will beginnen.
Seht ihr, wie die Blumen schauen,
hin zum Himmelszelt, dem blauen? 

Zieren Bäume ihre Spitzen,
lassen schönste Blüten blitzen,
und das Grüne treibt aus Ästen,
froh umschwirrt von Federgästen.

Dort, ein Blümlein wächst auf Stein!
Wenig Erde ist sein Heim.
Neues Leben ist gekommen,
aus dem Darben Glück und Wonnen.

Die, die einst mein Leben waren, 
sind ins Irgendwo gefahren,
fortgenommen und verweht,
doch die neue Welt entsteht.

Schweben mit dem Geist des Lenzes,
durch die Räume, durch die Fenster.
Von Gott erfüllte Energien
ziehn geistesgroß zur Sonne hin. 

Zeitenwechsel

Vier Jahreszeiten – Alfons Mucha (1862-1939)
Treibt durch das Jahr
so schnell die Zeit,
mit weiten Riesenschritten,
man sehnt sich nach
des Frühlings Kleid
und gleich ist es
entglitten.
 
Schon hüllt des
Sommers heißes Flimmern
die Welt in prächt’ges Glühen,
sieht man bereits
im Morgenschimmern
des Herbstes Nebel sprühen.
 
Bald fegt der Wind
mit starker Hand
den Staub der warmen Tage,
dann geht ein Welken durch das Land,
bringt trüb
der Stürme Plage.
 
Und fern erscheint
ein weißes Leuchten,
der Frost, erstarrt im Eisgewand.
Die Winterzeit streut ihre feuchten
Gesellen auf das kalte Land.
 
So wird der Wechsel
aller Zeiten
von hell nach dunkel uns beschert,
sind schlechte Jahre zu bestreiten,
gefolgt von guten umgekehrt.

Frühlingseinzug

Hans Andersen Brendekilde  1857-1942
 Die Luft ist lau, die Winde lind,
 die Vögel ziehen Kreise,
 
 die Sonne strahlt, als lächelt sie;
 die Welt erwacht, ganz leise.
 
 Der Baum wiegt langsam hin und her
 im stillen Morgentanze,
 
 deckt seine Kahlheit mit dem Kleid
 aus Sonnenstrahlenglanze.
 
 Die Vogelwelt stimmt an ihr Lied -
 noch zaghaft hat’s geklungen,
 
 dann kam der Frühling über Nacht,
 hat kräftig mitgesungen.
 
 Er streute frisches Grün aufs Land,
 lässt alles blüh‘n und sprießen,
 
 nun kann sich Lebenslust und Sinn
 in Winterherzen gießen.


In Windeseile

Ivan Konstantinovich Aivazovsky (1817 – 1900)

Es drückt wie Blei auf die Gemüter,
das dunkle Erbe letzter Nacht.
Lichtlose Zeit, wie graue Tücher,
hängst du erstarrt – was müde macht.

Das Rollo wird vom Sturm gerüttelt,
die Fenster zu, wie stumme Münder,
die Ohren lauschen, wenn es rüttelt
am Dachstuhl, wie ein Minenzünder.

Gedimmt erscheint die Helligkeit;
das Tageslicht hat zugedeckt
von letzter Nacht das helle Kleid,
in Windeseile ist’s versteckt.

Das Raunen, Pfeifen oder Rauschen
gleicht einer alten Melodie.
Der ‚kleine‘ Mensch muss ängstlich lauschen,
in demutsvoller Agonie.

Tanz des Windes

Songtext Übersetzung: „O Tag, erwache! Die Atome tanzen,
dank Ihm tanzt das Universum,
die Seelen tanzen, überwältigt von Ekstase.
Ich werde dir ins Ohr flüstern, wohin ihr Tanz sie führt.
Alle Atome in der Luft und in der Wüste wissen es genau, sie sind in einem Rausch.
Jedes einzelne Atom, ob glücklich oder unglücklich
verliebt sich in die Sonne, von der man nichts sagen kann.“

Der Sturmwind treibt den Winter aus,
er fegt das Land, die Stadt, das Haus,
er säubert Beet und Ecken,
die altes Laub bedecken.

Ganz wie ein Derwisch wirbelt er,
schwingt seine Röcke weit und schwer,
durchdringend wird sein Rauschen
und alle Ohren lauschen.

Das Heer des Himmels ist erwacht,
es treibt voran mit großer Macht,
die Welt ins Lot zu bringen,
nur Gott kann dies gelingen.

Aprilwetter

Winde stürmen heut ums Haus,
winden sich mit Saus und Braus
durch die alten Bäume,
löschen frühe Träume.

Regentropfen, monoton,
treffen stets denselben Ton,
wenn sie niederfallen,
prasseln und verhallen.

Hingeplätschert klingt ihr Takt
niederschmetternd abgehackt,
Tropfen-Partituren,
ticken wie die Uhren.

Winter schickt April ins Land,
naht sich ihm mit nasser Hand,
treibt die rohen Bläser,
über Fenstergläser.

Dunkelheit will heut’ nicht gehn,
lässt die Welt im Regen stehn,
Wetter bringt uns wieder
keine Sonntagslieder.

Februarmorgen

Zwei Tauben und Katze – Jacob Samuel Beck (1715-1778)

Die frühen Vögel singen schon,
ich kann ihr Zwitschern hören,
der Tauben frisch verliebter Ton,
will Jahreszeit beschwören.

Sie turteln in den kahlen Ästen.
Missmutig klingt’s Miauen,
wenn Katzen ungeliebte Gäste
aus der Entfernung schauen.

Ich seh und lausche freudevoll,
das Leben füllt sich wieder,
mit Hoffnung auf den neuen Tag,
schütteln sie ihr Gefieder.

Sie werfen ab ihr Winterkleid,
darunter liegt das neue.
Es blüht die neue Frühlingszeit,
die Mensch und Tier erfreue.

Frühlingskränze

Wie Wolken ziehen,
gehen hin die Tage,
nur geliehen
ist die Lebensgabe,
will vollzogen sein in hohem Sinn.

Trag dein Lebenslicht und scheine,
geb der Welt die Klarheit
und das Reine,
bring die Mattigkeit zum Glänzen,
bind den Sonnenschein
zu Frühlingskränzen.

Der Mond

Bild von Susan Cipriano auf Pixabay

Der Monde fahlen Glanz hab ich genossen,
wenn sie vom dunklen Firmament,
wie Silberflüsse durch die Fenster flossen,
besonntes Hell, das Schlaf vom Wachsein trennt.

Das Mondlicht zeichnet Himmelsblässe.
Wie es Konturen auf den Häusern malt!
Frau Luna ist die älteste Mätresse,
die Existenz des Mondes längst bezahlt.

Es scheint, er hat sich abgewandt vom Leben,
damit die Erde fruchtbar wird durch ihn,
denn ohne ihn, würd‘ es kein Leben geben,
und alle Jahreszeiten wär’n dahin.

Er malt das Bild des fernen Widerscheines,
die Sonne drosselt durch ihn ihre Kraft.
Einmal im Monat zeigt er sein geheimes
und fahles Leuchten in der Nacht.

Er ist Begleiter, Lenker der Gezeiten,
und wenn die Achse unsrer Erde wankt,
ist er die Stütze; alle Klimabreiten
und deren Ausgleich sind in seiner Hand.

Winterfarbe

Bild von marcelkessler auf Pixabay

Das Wasser ist so trüb, so träg quält sich der Fluss,
und die Natur verdunkelt ihre Lebenslichter,
verstreut der tristen Winterstunden graues Muss,
treibt müdes Gähnen auf die Ruhezeit-Gesichter.

Der Boden, Höhlung durch des Wassers Kraft,
liegt hart und steinern unter weicher Fläche,
als eisig glitzernd in der Flocken Pracht,
der Frost anhielt der Fluten ew’ge Bäche.

In blasse Trauerfarben hüllt der Tag sich ein,
gefolgt von einer ewig langen Nacht,
die dunkel sich im Wintermondenschein
mit schwarzen Schatten kalt und endlos macht.