Auf Sand gebaut

Templer – Kirchenfenster
Die Kirche hat in frühen Jahren, Fahnen mit Kreuz voran -
der Ritter Sturmgewand und Schwert getragen.
So hat das Elend dieser Welt im Kampf begonnen,
fuhr fort im Kriege, Waffen segnend, unter brauner Sonne. 

Zwischen Trümmern baute man ein neues Babel. 
Herrschaftlich und edel, sagen Bilder alter Fabeln,
auf hohen Felsen, einst bebaut mit Blut und Erden,
wo Aberwitz in Recht verkehrt zu Märchen werden. 

Der Hufe Klappern tönt im Geiste durch die Zeiten
und lässt beschwingte Rosse durch die Wälder reiten; 
man ahnt noch ihr Gewieher zwischen den Ruinen,
doch floh die Zeit und nahm das Bild mit ihnen. 

Noch immer stellen Macht und Geld die größten Götter;
wie einst erhoben von den Maulhelden und Spöttern.
Das Volk baut weiter die Paläste hier auf Erden.  
Zeit lässt sie, wie auf Sand gebaut, Ruinen werden.

Doch manchmal treibt der Rauch verbrannter Räume
und einst verkohlter Throne durch die Träume;
nach Brandschatzen der vielen wilden Reiter,
Jahrtausende zurück, geht Babels Gier heut weiter. 

Abendglocken

Adolf Luben (German, 1837–1905)
Wenn sich zu abendlicher Stunde
der Glocke Klang vom Turme schwingt,
hinaus getrieben in die Welt,
die sich verhüllt im Abendwind,

dann gurren Tauben auf dem Dache,
der Falke zieht die Kreise dichter
und in den Häusern, nah dem Bache,
erleuchten erste traute Lichter. 

Nur das Geläut tönt durch die Reihen,
lädt ein mit Predigt und Gesang;
das Volk erscheint im frommen Schweigen,
zur Abendmesse geht ihr Gang. 

Scheu gilt ihr Blick den Heimgegangnen,
die hier in ihren Gräbern ruhen;
spüren die wandermüden Füße,
in frisch polierten guten Schuhen. 

Sie huschen auf die Kirchenbänke,
von wo sie still der Andacht lauschen,
sie singen, was sie stets gesungen,
gemeinsam mit der Orgel Rauschen. 

Windig streicht ein frisches Lüftchen,
in der Linde düstern Zweigen,
aus der Kirche Himmelsspeise
nehmen sie nach Haus und schweigen.

Haben nichts als leere Hände,
denn das Brot ist auf und teuer,
doch dem Priester schmeckt der Braten -
wohlgenährt sitzt er am Feuer. 

Sonnenaufgang – Polsprung

Quelle: Pinterest
Im Osten geht die Sonne auf - 
was, wenn der Pol einst bricht?
Die Welt verändert ihren Lauf,
verkehrt ihr Angesicht. 

Was jetzt noch grün, wird Wüste sein,
manch Land liegt dann verborgen;
fallen erst Wasserfluten ein,
erscheint die Welt von morgen. 

Versunken ist die reiche Welt,
der Menschen Not wird nichtig.
Der Polsprung will vollzogen sein,
der Neubeginn wird wichtig. 

Vertraut ist, wie die Welt sich dreht,
in Menschenmacht ertrunken,
das Chaos wird hinweggespült -
mit ‚Mann und Maus‘ versunken.

Nur Wenige, die überstehen,
Veränderung und Wandel,
die Erde wird sich weiterdrehen,
bringt Mensch und Art den Wandel. 

Die Sonne geht im Westen auf,
das Alte ist vergangen;
die Welt erscheint in neuem Licht,
so, wie sie einst empfangen. 

Frösche küssen

Quelle: Pinterest
Ob große oder kleine Fische,
so war doch stets ein Frosch dabei,
schwamm dort possierlich in der Mitte,
schien mehr als nur der Einheitsbrei. 

Er schillerte in schönsten Farben,
und quakte, wie die Geigen weinen;
wollte den Prinz im Märchen küssen,
doch war sein Nähern nur ein Schleimen.

Die Hindernisse meines Lebens 
war’n krötenreich und märchenfern;
so sehr ich sie umgehen wollte -
zum Sprung bereit, ihr Wesenskern.

Der Junge auf dem weißen Pferd,
er kommt nicht mehr, das ist gewiss.
Die Frösche sind davongehüpft –
vor einer Frau mit Storchgebiss. 

Treu und Glauben

Quelle: Pinterest
Das Sein für Andere öffnen,
für deren Glück sich freuen,
dem Seelensturm begegnen,
am Schiff der Anker sein.

Die vielen Leben tragen, 
wie Perlen an der Schnur;
des Geistes Zierde sein,
auf dessen Daseins Spur.

Nach vielen Einbahnstraßen
den Weg zum Ziele finden,
trotz aller Erdenqualen
mit Liebe ihn ergründen.

Bosheit und Lügen lösen,
wenn sie das Dasein knechten;
den Ausweg aus Gefahren
in Treu und Glauben rechten.

Als neue Sonne sehen,
was schleierhaft verdeckt;
das Licht im Innern fühlen, 
von ihrer Kraft erweckt.

Sommerspaß

Prometheus – Quelle: Pinterest
Sommertage schreiten weiter,
wärmen auf Gemüt und Sinn.
Ruhe ist dem Spaß gewichen,
Stunden gehen schön dahin.

Man verbringt sie in den Gärten,
wenn man sie zu eigen zählt;
sitzt zum Grillen vor dem Rauche,
der sich in den Himmel quält.

Steinzeit – hier lässt sie uns grüßen.
Was einst, als Prometheus Gabe,
er mit Feuer uns gegeben,
lodert heut‘ im Ur-Gehabe.

Fackelnd, in der Glut verloren,
nebeln uns Gerüche ein;
tote Tiere stehn und warten,
wollen bald gegessen sein. 

Freut euch, metzelnde Gemeinde,
Sommerzeit ist eingeläutet;
grillt, wie die Neandertaler,
frisch vom Supermarkt erbeutet. 

Des Vaters Haus

Norwegische Künstlerin Lisa Aisato Njie Solberg (* 1981)
Ist meiner Leben steter Wandel:
ich ziehe um von Haus zu Haus
und keines gleicht, mir wohl vertraut;
mal ist es wie ein Kartenhaus.

Dann stürzt es ein, das Dach von oben,
ist ungeschützt von Sturm und Regen;
nur Schmutz und Leere, ohne Licht,
so hause ich auf dunklen Wegen.

Im Traume trag ich manches Bündel,
mein Hab und Gut darin verstaut.
Meist bin ich einsam und verlassen,
so, wie die alte Wohnstatt auch.  

Lichtlos und abgewohnt die Räume -
von Menschen abgelebter Ort.
Ich hause in den kleinsten Hütten,
nur auf dem Boden leb‘ ich dort. 

Es ist ein ewig Auf und Nieder,
so, wie ein Reisen durch die Zeit.
Kaum bin ich umgezogen wieder,
bekommt mein Heim ein neues Kleid.

Gestern im Traume sah ich Räume,
die hell und rein, vom Licht beschienen;
dort zog ich ein, war nicht allein,
sah Menschen, die mir freundlich schienen.

Das Haus, es hatte einen Garten,
der mir bekannt war und vertraut,
ich konnte ihn von oben sehen,
von Brücken, die Erinnerung baut. 

Als Kind bin ich hindurch gegangen,
wohl jeden Tag zur hellen Stunde.
Sah über mir das Dach der Sterne,
die Welt in Gott geweihter Runde.

In dieses Haus möchte ich ziehen,
mein Kleid lasse ich gern zurück.
Trag des Bewusstseins kleine Kerze
hinein ins neue Lebensglück. 

Langer Prozess

Heilige – Quelle: Pinterest
Heilige, sagt, wer hat euch erhoben?
War es der Klerus in den heil’gen Hallen?
Die fremden Götter sind zertrümmert, 
durch eure ‚Wahrheit‘ ist der Stein zerfallen.

Die Hände, die es wagten, sie zu stürzen,
sie taten frevelhaftes Werk der Wende.
So wirkte Gott, was dort zu Staub zerstob
und tat es in jahrhundertlanger Länge. 

Sie schafften neue Götzen und Gebote,
die Priesterschaft im reichen Vatikan.
Gefaltet sind die Hände, wenn sie schreiten… 
Sie werden fallen, wie der alte Wahn!
Quelle: Pinterest

Das heidnische Reich des alten Roms hatte seinerzeit alle Religionen, Götter und deren Lehren geduldet. Nebeneinander bestanden sie friedlich, bis sich die Päpste, Priester und Kaiser um die ‚wahren‘ Glaubensinhalte zankten.

Durch Arius, christlicher Presbyter in Alexandrien, wurde Jesus zum Schöpfer und Weltmacher erhoben. s. Joh. 1,3.

Wegen Jesus menschlicher ‚Beimischung‘ sollte die Welt deshalb minder vollkommen sein, als im Ursprung von Gott-Vater erdacht. Das entfachte ein ständiges Für- und Wider bei dessen Widersacher Athanasius, neuer Bischof von Alexandria.

Arius wurde abgesetzt und verbannt. Durch Einwirkungen und Annahmen anderer musste Athanasius das Gleiche erdulden. Schließlich wurden beide zurückgeholt und Jesus galt mal als Gottessohn, dem Vater gleich, mal war er nur höchstes Geschöpf und gottähnlich.

Im Jahre 381 setzte die Priesterversammlung in Konstantinopel dem noch eine Einfügung hinzu, nämlich den Heiligen Geist als dritte Person.

Das Kaiserreich war christlich geworden und befahl dies durch Verfolgung und Bestrafung durchzusetzen. Den durch Staatsklugheit geschaffenen neuen Glaubenslehren musste gehorcht werden. Sogar den Bischöfen wurde mit Absetzung und Verbannung gedroht, was Verluste von fetten Einnahmen für sie bedeutete. Das Christentum wurde im 4. Jahrhundert Staatsreligion und der Glaube sollte völlig übereinstimmen mit Papst und Kirche, nach kaiserlichem Befehl.

Doch das neue Glaubensbekenntnis spaltete die zur Selbstherrlichkeit gelangten Päpste in Rom.

Hierzu gab es verschiedene Ausführungen:

a)           Lobpreis sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geist,

b)           Lobpreis sei dem Vater durch den Sohn und im Heiligen Geist,

c)            Lobpreis sei dem Vater und dem Sohne im Heiligen Geist,

d)           Lobpreis sei dem Vater in dem Sohne und dem Heiligen Geist.

Doch sorgte das Heidentum dafür, dass ihm der neue Glaube untergeordnet wurde. Das äußerte sich, als man Zeus-Jupiter als den Christengott ansah, Apollon wurde als Christus angebetet, die Weltmacher bzw. Orakelgötter nannte man den Heiligen Geist, die Untergötter wurden zu Heiligen, und bald danach folgte die von allen Heidenvölkern verehrte Himmelskönigin als Mutter Gottes.

Mit den Jahren verschwanden die hebräischen Schriften und wurden durch griechische Übersetzungen ersetzt, die mit Anmerkungen, Einfügungen und Zusätzen gefüllt waren, um sie Nichtjuden verständlich zu machen. Hierzu gehört auch das erste Kapitel des Johannes-Evangeliums.

Zur damaligen Zeit waren derartige Einfügungen erlaubt.

Noch heute wird behauptet, dass der heilige Geist die Schriften eingegeben habe. Das würde jedoch bedeuten, dass der Heilige Geist auch für alle Übersetzungsfehler ins Griechische und die Abschreibungsfehler verantwortlich wäre.

Man nahm Einfügungen aus dem Heidentum in Kauf, weil Kirche und Kaiser alles verwarfen und ausschlossen, was nicht passte. So wurden die ursprünglichen jüdischen Fassungen ohne Weiteres durch heidnische ersetzt.

Luftschlösser

Künstler: Ciro Marchetti – Quelle: Pinterest
Die Kinderwelt von einst verging,
Erinnerung bleibt allein.
Als ich an Mutters Lippen hing – 
voll Wissbegier und klein,

da war die Welt ein großes Spiel,
dem wahren Märchen gleich,
in Luftschlössern, der Anzahl viel,
geheimnisvoll und reich.

Die Kindheitssonne malte bunt,
was grau in dunklen Mienen;
fand so im jahrgekränzten Rund
noch Sommerglanz in ihnen. 

Die Träume blieben unerfüllt,
sind lange schon vergangen.
So blieb das Licht in jener Welt
im Märchenland gefangen.

Im schönsten Wiesengrunde

Johan August Malmström (1829-1901) –  Barn lekande vid ån
Durch die Wiesen möcht‘ ist springen,
fröhlich, wie ein kleines Mädchen;
wo es windet, sanft durch Bäume, 
frischbelaubt, im grünen Städtchen. 

Nur das Blattwerk hör‘ ich rauschen;
geht ein Sonnenstrahl durch‘s Laub,
folge ich dem lichten Glanze,
fühl‘ die Wärme auf der Haut. 

Als ich einst den Weg gegangen
und die Kühe trieb aufs Feld,
ach, da glühten meine Wangen.
Heil war meine kleine Welt! 

Wo sind all‘ die grünen Gründe?
Hab‘ das Lied davon im Sinn.
Summe leise von der Heimat,
der ich längst entwachsen bin. 

Zur Erinnerung an meinen Lehrer H. Vollmers, der bereits in jungen Jahren verstorben ist. Es war sein Lieblingslied.