Still ruht die Stadt. Es wogt die Flur.
Die Menschheit geht auf Reisen
oder wandert sehr oder wandelt nur.
Und die Bauern vermieten die Natur
zu sehenswerten Preisen.
Sie vermieten den Himmel, den Sand am Meer,
die Platzmusik der Ortsfeuerwehr
und den Blick auf die Kuh auf der Wiese.
Limousinen rasen hin und her
und finden und finden den Weg nicht mehr
zum Verlorenen Paradiese.
Im Feld wächst Brot. Und es wachsen dort
auch die zukünftigen Brötchen und Brezeln.
Eidechsen zucken von Ort zu Ort.
Und die Wolken führen Regen an Bord
und den spitzen Blitz und das Donnerwort.
Der Mensch treibt Berg- und Wassersport
und hält nicht viel von Rätseln.
Er hält die Welt für ein Bilderbuch
mit Ansichtskartenserien.
Die Landschaft belächelt den lauten Besuch.
Sie weiß Bescheid.
Sie weiß, die Zeit
überdauert sogar die Ferien.
Sie weiß auch: Einen Steinwurf schon
von hier beginnt das Märchen.
Verborgen im Korn, auf zerdrücktem Mohn,
ruht ein zerzaustes Pärchen.
Hier steigt kein Preis, hier sinkt kein Lohn.
Hier steigen und sinken die Lerchen.
Das Mädchen schläft entzückten Gesichts.
Die Bienen summen zufrieden.
Der Jüngling heißt, immer noch, Taugenichts.
Er tritt durch das Gitter des Schattens und Lichts
in den Wald und zieht, durch den Schluß des Gedichts,
wie in alten Zeiten gen Süden.
Der Mensch ist heimatlos und elend hier auf Erden, wenn er, wie ausgestoßen, in der Fremde lebt. Es trieb in Hoffnungslosigkeit und Not sein Werden, als vom Geburtsland er in andere Kulturen strebt.
Sein letztes Hab und Gut gibt er den Schleppern, Familienbande lässt er hinter sich zurück, um Glück zu finden, fern von Not und Neppern, ein Stück vom Kuchen finden, nur ein Stück.
Hin zu den Wohlbehüteten und Satten, bei vollen Tafeln in beheizten Stuben, zu all den Ehrsamen, den Tugendhaften, die an Verbrechen Hungriger sich nie versuchten.
Aus Ländern, die wir aus Prospekten kennen, zu denen die Touristen Urlaubsreisen machen, kamen sie her, die wir die Fremden nennen, die sie als armes Volk beäugten und begafften.
Niemand hat Recht, Verzweiflungstaten anzuprangern, Urteil zu sprechen über all die Heimatlosen, sie wissen mit der neuen Not nichts anzufangen, wenn Wellen im Behördenwahnsinn tosen.
Pharisäisch scheint das Treiben an den Tischen; die Stirne aufrecht tragen sie, die Harten, denen, die ihre schweißbedeckte wischen, verzeihen sie nichts; der gilt schon, weil er schwarz ist, als missraten.
Sie straucheln, die Verelenden im Lande, ihr Pfad ins Glück ist eine Straße ohne Licht. Auch wir sind Fremde, die ins Leben fanden, dem Wohlstand dienen wir, dem Geld, der Pflicht.
Wir alle sind die Heimatlosen hier auf Erden, irdische Gebundenheiten lösen, ist der Sinn, von Süchten frei, zu reifen und zu werden, in grenzenloser Welt, seit Anbeginn.
Wie Schiffe, die sich nachts begegnen,
sind die Verwandten meiner Seele,
und ihre Blicke sagen schwere Dinge mir vom Leben,
wie winkend stehen sie als Lichter,
die mich heimlich aus der Ferne grüßen.
So, wie ein Händereichen, das kurz geschieht,
danach, verstehendes Schweigen.
In meiner Einsamkeit beleben sie mein Schaffen;
bin wie ein Baum, der in der Ruhe wächst und neue Triebe zeigt.
Und hin und wieder geht ein Licht auf in Gedanken,
versenken mich in Orte ohne Zeit,
wo Wunderblumen blühen;
Gesichter, sich lächelnd öffnen.
Gleich einem Gefäß aus Alabaster, fast durchscheinend
wird’s dann und leicht, und hell und rein.
Im Höhenflug, da steigen auf die Träume;
ich atme Luft aus Einsamkeit und Schweigen.
Alles Geschehens Grund zu finden,
beim Sternenflug in ewige Sphären,
die Flügel aufspannend,
von Lichtern begleitet.
Übersetzung:
Like ships that meet at night,
are the relatives of my soul,
and their looks tell me heavy things of life,
like beckoning lights they stand,
That secretly greet me from afar.
So, like a handshake that happens briefly,
then, understanding silence.
In my loneliness they animate my work;
am like a tree that grows in silence and shows new shoots.
And now and then a light comes on in thought,
immersing me in places without time,
where miracle flowers bloom;
Faces, opening with smiles.
Like a vessel of alabaster, almost translucent
it becomes then and light, and bright and pure.
In the flight of fancy, there the dreams rise;
I breathe air of loneliness and silence.
To find the reason for everything that happens,
in the starry flight to eternal spheres,
spreading my wings,
accompanied by lights.
Musik, du liebliche, bist Träger der Gedankenströme,
die aus mir fließen in die noch vorhandene Zeit,
und wie von weit erklingen unbekannte Töne,
die tief im Seeleninnern mir zum Lied vereint.
Hör es im Schlafe, singend, traumbeladen;
es teilt den Vorhang, öffnet, lässt mich sehen,
lässt Bilder aus dem Jenseits meiner Seele tragen,
die tief verschlossen ewig mit mir gehen.
Nur durch den Lichtstrahl eines edlen Fühlens,
das mehr als nur der bloßen Form entspricht,
die ohne Geistesinhalt, leer, die Normen trüben -
teilt sich der Vorhang, der sonst schwer und dicht.
Im feinstofflichen Reich der Geistesschäume,
zerfließen alle Formen wie in bunten Dünsten,
sie flammen auf, erlöschen, werden Träume -
als inneres Sehen lichter Nachtgespinste.
Es sind die Tage, die nun kürzer werden,
die, angestrengt von Helligkeit und Licht,
die Menschen träge macht auf Erden
und Ruhe in des Lebens Trubel bricht.
Die Jahreshälfte ist so rasch vergangen,
war fassungslos im Lauf der schnellen Zeit;
so übervoll von menschlichem Verlangen,
ist‘s klein geworden, unser Erdenkleid.
Begehrlichkeiten, ein globales Treiben,
ein Ziehn und Zerren an der Macht der Welt.
Das Menschsein wird die Schwachen einverleiben,
den anderen macht es stark durch Ruhm und Geld.
Erstickt im lauten Treiben unseres Lebens
sind all die Tränen in den Niederungen;
mutloses Hoffen, wo kein Aufwärtsstreben -
ein „Weine nicht!“, erklingt durch Engelszungen.
Ein süßes Lied, gefüllt mit Lichtgedanken,
das trotz Entbehrung tröstet jedes Leid,
lässt Leid als Rosen bis zum Himmel ranken,
macht alle armen Seelen groß und weit.
Doch nur der’s hören will, wird sich erweisen,
denn er erkennt die Dunkelheit um sich,
beendet dieses hoffnungslose Kreisen,
um einen Punkt: sein viel zu großes Ich.
Ewig soll‘n sie währen, diese Leben,
ausgegossen aus dem heil’gen Gral,
wie ein Tropfen Heiltrank aus dem Lichte,
in nicht feststellbarer großer Zahl.
Auferblühn zu neuer Kraft und Stärke,
voller Lichtgedanken und Ideen,
die in guten Taten ihrer Werke,
mit dem Siegel „Göttlichkeit“ versehen.
Aufgerichtet aus dem Tal der Trauer,
als der Trost der Heilung Lehre nahte,
im Berühren Christus Traumgewandes,
sich die Liebe Gottes offenbarte.
Wie ein süßes Lied, ein Kinderlachen –
wie das Sehnen nach der Mutterhand,
geht ein Streicheln durch die fiebrig‘ Wachen,
tröstet sanft die Kranken, die es fand.
Lernten, ihre Schmerzen zu verbergen,
lächelten in Tränen und in Leid;
über sich hinausgewachsen ist die Seele,
fort von Dingen hier, zur Ewigkeit.
In der sternenklaren Stille
tummeln sich die Himmelsgeister;
ziehn im Rauschen mit den Wellen,
an den Strand der Weltenmeister.
Aus dem früh erwachten Hauche,
jung und frisch aus Wasserfluten,
eine neue Erde tauche;
alte Götzen stehn in Gluten.
Untergang der toten Götter -
Kreuz aus Holz, in Gold und Stein,
sind in ungeheurer Lohe
fortgenommen aus den Reihen.
Nur bewohnt von stillen Menschen,
sind für immer hier auf Erden;
wenn sie weise sich verwalten,
wird die Liebe wiederkehren.
Kommt der große Tag der Sühne?
Zeit und Stunde kennt nur einer.
Denn der „Jüngste Tag“ wird kommen;
wenn ich heute geh‘, ist’s meiner.
O wunderbares, tiefes Schweigen,
Wie einsam ist's noch auf der Welt!
Die Wälder nur sich leise neigen,
Als ging' der Herr durchs stille Feld.
Ich fühl mich recht wie neu geschaffen,
Wo ist die Sorge nun und Not?
Was mich noch gestern wollt erschlaffen,
Ich schäm mich des im Morgenrot.
Die Welt mit ihrem Gram und Glücke
Will ich, ein Pilger, frohbereit
Betreten nur wie eine Brücke
Zu dir, Herr, übern Strom der Zeit.
Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd,
Um schnöden Sold der Eitelkeit:
Zerschlag mein Saitenspiel, und schauernd
Schweig ich vor dir in Ewigkeit.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff (1788 – 1857)
Kinderbuch „Der Struwwelpeter“ Schriftsteller Dr. Heinrich Hoffmann erschienen bei: Esslinger Verlag Schreiber ISBN: 3-480-20253-5 Altersempfehlung: ab 5 Jahren
Paulinchen war allein zu Haus, Die Eltern waren beide aus. Als sie nun durch das Zimmer sprang Mit leichtem Mut und Sing und Sang, Da sah sie plötzlich vor sich stehn Ein Feuerzeug, nett anzusehn. „Ei,“ sprach sie, „ei, wie schön und fein ! Das muß ein trefflich Spielzeug sein. Ich zünde mir ein Hölzlein an, wie’s oft die Mutter hat getan.“
Und Minz und Maunz, die Katzen, Erheben ihre Tatzen. Sie drohen mit den Pfoten: „Der Vater hat’s verboten!“ Miau! Mio! Miau! Mio! Laß stehn! Sonst brennst Du lichterloh!“
Paulinchen hört die Katzen nicht! Das Hölzchen brennt gar lustig hell und licht, Das flackert lustig, knistert laut, Grad wie ihr’s auf dem Bilde schaut. Paulinchen aber freut sich sehr Und sprang im Zimmer hin und her.
Doch Minz und Maunz, die Katzen, Erheben ihre Tatzen. Sie drohen mit den Pfoten: „Die Mutter hat’s verboten ! Miau! Mio! Miau! Mio! Wirf’s weg! Sonst brennst Du lichterloh
Doch weh ! Die Flamme faßt das Kleid, Die Schürze brennt; es leuchtet weit. Es brennt die Hand, es brennt das Haar, Es brennt das ganze Kind sogar.
Und Minz und Maunz, die schreien Gar jämmerlich zu zweien : „Herbei ! Herbei ! Wer hilft geschwind ? Im Feuer steht das ganze Kind ! Miau! Mio! Miau! Mio! Zu Hilf‘! Das Kind brennt lichterloh !“
Verbrannt ist alles ganz und gar, Das arme Kind mit Haut und Haar; Ein Häuflein Asche bleibt allein Und beide Schuh‘, so hübsch und fein.
Und Minz und Maunz, die kleinen, die sitzen da und weinen : „Miau ! Mio ! Miau ! Mio ! Wo sind die armen Eltern ? Wo ?“ Und ihre Tränen fließen Wie’s Bächlein auf den Wiesen.
Die Grabstätte der mit 16 Jahren verstorbenen Pauline Schmidt (27.12.1840 – 18.06.1856) gibt es tatsächlich. Sie liegt auf dem Frankfurter Friedhof „Im Gewann“ mit der Grabnummer 148. Dieser Ort ist Ziel von vielen Besuchern. Pauline Schmidt war die Tochter einer in Frankfurt lebenden Arztfamilie. Wie Historiker feststellten, ist sie nicht an ihrem Spiel mit dem Feuer gestorben, sondern an Typhus oder Lungenschwindsucht.
Bereits 1820 erschien in London das Kinderbuch „The Lily“, ein Mädchen, das mit Zündhölzern spielte. Hier handelte es sich womöglich um die Vorläuferin Paulinchens im „Struwwelpeter“.
Arzt und Autor des weltbekannten Buches „Der Struwwelpeter“ war der Psychiater Dr. Heinrich Hoffmann (1809-1894), der tagtäglich mit Krankheiten seiner jungen Patienten umgehen musste.
Die Wirkung des Buches verängstigte die kleinen Leser und galt als Warnung, nicht das Gleiche zu tun. Durch die Augen eines Kindes gesehen, waren alle Geschichten wahr und sehr einprägend. Die Bilder bewirkten mehr, als der erhobene Zeigefinger der Eltern.
Dieses Buch konnte ich bereits mit 5 Jahren auswendig. Alle Geschichten haben mich fasziniert und geängstigt zugleich. Heutzutage nennt man das ‚Schwarze Pädagogik‘, die manipuliert und verborgen Macht ausübt. Besser ein Kind schaut sich das Bild eines brennenden Mädchens an, als sich unachtsam selbst zu verbrennen.
Bei aller Vorsicht vergisst man leider, dass heute jedes Kind der Manipulation und verborgenen Macht durch Medien und sonstigen Alltäglichkeiten ausgesetzt ist.
Die Geschichten des Bilderbuches haben ihren festen Platz in meinem Kopf und sind ein Teil meiner fernen Vergangenheit.
Das bin ich, 4. Jahre alt, mit meiner „Schatzkiste“ voller Mickey Mouse Hefte und dem Struwwelpeter
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