Morgenphantasie

von Friedrich von Schiller

Frisch atmet des Morgens lebendiger Hauch,
purpurisch zuckt durch düstre Tannenritzen
das junge Licht und äugelt aus dem Strauch,
in goldnen Flammen blitzen
der Berge Wolkenspitzen,
mit freudig melodisch gewirbeltem Lied
begrüßen erwachende Lerchen die Sonne,
die schon in lachender Wonne
jugendlich schön in Auroras Umarmungen glüht.

Sei, Licht, mir gesegnet!
Dein Strahlenguß regnet
erwärmend hernieder auf Anger und Au.
Wie silberfarb flittern
die Wiesen, wie zittern
tausend Sonnen im perlenden Tau!
In säuselnder Kühle
beginnen die Spiele
der jungen Natur,
die Zephire kosen
und schmeicheln um Rosen,
und Düfte beströmen die lachende Flur.

Wie hoch aus den Städten die Rauchwolken dampfen,
laut wiehern und schnauben und knirschen und stampfen
die Rosse, die Farren,
die Wagen erknarren
ins ächzende Tal.
Die Waldungen leben
und Adler und Falken und Habichte schweben,
und wiegen die Flügel im blendenden Strahl.

Den Frieden zu finden,
wohin soll ich wenden
am elenden Stab?
Die lachende Erde
mit Jünglingsgebärde
für mich nur ein Grab!

Steig empor, o Morgenrot und röte
mit purpurnem Kusse Hain und Feld.
Säusle nieder, Abendrot und flöte
sanft in Schlummer die erstorbne Welt.
Morgen – ach! du rötest
eine Totenflur.
Ach! und du, o Abendrot, umflötest
meinen langen Schlummer nur.

Friedrich von Schiller (10. November 1759-09. Mai 1805)

Aus meinem autobiografischen Roman: https://www.gottes-bilderbuch.de/gedenken-an-friedrich-von-schiller-zum-todestag-am-09-mai-1805

Neue Zeit

Leberblümchen – Quelle: Pinterest
Was ich sehen sollte, habe ich gesehen
und gefühlt so manche Dinge;
hab viel Zeit vertan und muss gestehn,
dass ich heut noch mit den Bildern ringe.

Die Vergangenheit, sie hält mich wach,
manchmal richtet sie den Blick auf mich.
Manchmal werde ich im Starksein schwach,
weine bittere Tränen, innerlich.

Irgendwann kommt eine neue Zeit,
sie spült alles Alte in mir fort;
finde Ganzheit und Vollkommenheit
an der blauen Blume Sehnsuchtsort.

Drang des Handelns

Prozession im Nebel – Ernst Ferdinand Oehme (1797-1855)
Wir sind von sterbender Natur,
geboren, um zu bauen diese Welt;
im Auf und Ab des Daseins Schicksalsspur,
die nebelhaften Pfade gehn, wie’s uns gefällt.

Vertrauend folgen wir dem Drang des Handelns,
um, was wir schufen, staunend anzusehen:
Das Wissen steht im Licht des Wandels,
es offenbart sich hässlich oder schön.

Nichts scheint mehr sinnbefreit, dient dem Verstehen
und offenbart sein Für und Wider,
hat Ausgleich und Vergeltung vorgesehen -
was wertlos schien, gewinnt Bedeutung wieder.

Vollkommenheit – der Weg dorthin ein Wählen,
Naturgesetze sind die Pflastersteine;
Aufrichtigkeit befreit von allem Quälen,
Ausgleich für Fehler treibt die müden Beine.

Nur eine Spur

Bild von beasternchen auf Pixabay
Nur eine Spur, die aussagt: Ich war hier!

Ein paar Gedanken zur Erinnerung auf Papier –

nur eine Schwingung, wie das Pendeln einer Uhr,

im Lauf der Zeiger stets dieselbe Spur.

Der Augenblick – vielleicht nur ein Gedicht.

Das war’s alsdann – ich lösch mein kleines Licht,

schließ meine Seele zu, und meine innere Welt

ist eine Weile nur auf Stille eingestellt.

Hier ist es ruhig geworden.

Ich ziehe mich zurück und werde eine kleine Pause machen.
Genießt das schöne Wetter und bleibt gesund.

Bis bald!

Der Weiher

von Annette von Droste-Hülshoff

Weiher am Wald – Quelle: Pinterest
Er liegt so still im Morgenlicht,
so friedlich wie ein fromm Gewissen;
wenn Weste seinen Spiegel küssen,
des Ufers Blume fühlt es nicht;
Quelle: Pinterest
Libellen zittern über ihn,
blaugoldne Stäbchen und Karmin,
und auf des Sonnenbildes Glanz
die Wasserspinne führt den Tanz;
Schwertlilienkranz am Ufer steht
und horcht des Schilfes Schlummerliede;
ein lindes Säuseln kommt und geht,
als flüstr' es: Friede! Friede! Friede!
Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848)

Stille des Himmels

Hans Andersen Brendekilde (1857-1942)
Motorengeräusche und Lärm auf den Straßen
durchdringen doppelte Fensterscheiben;
nie gewöhnt an die Laute - nach außen, gelassen,
Beschaulichkeit muss auf der Strecke bleiben.

Man schiebt Jalousien als Sonnenblende,
vor den Lauten des Alltags schirmt man sich ab;
hinzu eine Prise TV-Elemente
mit lauter Beschallung - der Muße Grab.

Momente der Ruhe – zu Kränzen binden,
in Träumen nur wandeln durch Wiesen und Wald;
abgeschieden vom Leben Genüge finden,
wo die Stille des Himmels widerhallt.

Verbindung

In spiritueller Verbundenheit mit der geistigen Heimat. intuitiv empfangen 2003, als ich zu schreiben begann.
Théodore Chassériau (1819 –1856) – Ein Engel betet im Garten

Beseelt von neuem Glück will ich dir schreiben,
in manchen Reim versteckter Weisheit Sinn,
vieles wird wie die Sphinx zwar groß und schön,
doch umso rätselhafter bleiben,
das Wort wird lenken deinen Weg zu Anbeginn;
und während ich gedanklich mich im Vers verbinde,
verrinnen die Sekunden visionär;
ersehnend fühl’ ich lang vergangene Erdengründe –
die Zeit, sie flog dahin, als ob‘s ein Lidschlag wär‘.

Bist Führer meiner Seele fehlend’ Hand,
bin nur im Geiste das verborg‘ne Glied,
hinter des Schleiers Anderwelten, unerkannt,
bin ich Vermittler, spinne dir mein Lied.

Ich bleibe stumm, habe nur diese Zeilen,
um dir zu sagen: Sinnend wart’ ich hier!

So sehr ein Wort verletzt, so sehr kann es auch heilen;
bin nur gedankenweit entfernt von dir.

Du wirst es spüren: Wenn ich bei dir weile,
vergessen wir gemeinsam Zeit und Raum,
wenn ich vom Licht des Universums schreibe,
verschmelzen Endlichkeit und Ewigkeit im Traum.

So, wie ein Wolkenband den Himmel ziert,
so sollen die geschrieb‘nen Worte sein,
Gedanken, wie von Engeln inspiriert,
sie gehen tief ins menschlich‘ Herz hinein.

Mit letzter Kraft

Quelle: Pinterest
Gang runter und mit letzter Kraft
den Berg erklimmen, der in Sicht.
Die Sonne sinkt. Bald wird es Nacht.
Sie taucht die Welt in rötlich Licht.

Bald ruht das Schweigen auf dem Hügel,
der mich umschließt in dunkler Welt.
Der Seele wachsen Himmelsflügel,
die Silberschnur, sie reißt – nichts fehlt.

Die Zeit hat sich ins Nichts verkrochen,
der Geist, die Energie, sie schweigt;
Gedanken reisen durch Epochen,
ätherisch sich das Dasein zeigt.

Ich bin zurück! Im Geist verbunden -
kein Wort beschreibt das ew’ge Licht;
der Sprache Klang, er ist verschwunden,
weil‘s einfach unbeschreiblich ist.

Bruchstücke

Foto: privat – Rheinaue Duisburg-Friemersheim
Der Ort, geleert von Augenblicken,
die frühlingshaft das Jahr bescherte,
als hinter rosa Wolkenstücken
ein grauer Himmel aufbegehrte.

Der Abgang, Trauma bitterer Note,
geschmacklich heute noch im Mund.
Verwandelt ist der Liebesbote,
verschwundner Geist im Nebelgrund.

Es kühlte Regen heiß Geliebtes
und wusch es fort, als Unbekannten.
Erloschen ist sein Strahlen, trieb es
in die mentalen Alltagsschranken.

Versiegt ist längst die alte Quelle,
gespeist von einst geträumten Dingen;
verflossen sind die Sehnsuchtswellen.
Nur im Alleinsein liegt Gelingen!

Mittelalterliche Rauchzeichen

Papst Gregor X. (1271-1276), der das Konklave als gültige Papstwahlform festlegte

Im Falle der Kirchen habe ich eine große Schwierigkeit. Es gibt Menschen, die ernsthaft glauben, dass ihr System die Wahrheit ist, und sie verteidigen etwas, das ihnen sehr teuer ist. Sie erkennen nicht, dass ihr System auf etwas aufgebaut ist, das ursprünglich göttlichen Ursprungs war, aber im Laufe der Jahrhunderte von etwas überlagert wurde, das dem menschlichen Geist entsprungen ist. Sie können das Original nicht von der Umhüllung isolieren. Sie verehren die Umhüllung als göttlich. Wenn sie geistig und spirituell versteinert sind, kann sie nichts mehr erreichen.

Die Macht des Geistes wird manifestiert, nicht durch Erzbischöfe, Bischöfe, Päpste, Priester und Rabbiner, sondern durch gewöhnliche Sterbliche, die mit der wunderbaren Aufgabe betraut sind, dem Großen Geist zu helfen, damit göttliche Liebe, Weisheit und Macht allen zur Verfügung stehen, die bereit sind, sie zu empfangen.

Das ist eine Aufgabe, die die Kirchen erfüllen sollten. Aber anstatt Aufbewahrungsorte vitalisierender geistiger Kraft zu sein, sind sie zu dem geworden, was der Nazarener „weiß getünchte Gräber“ (Matthäus 23,27) nannte, wo Pharisäer unfruchtbare, sterile, antiquierte, dogmatische Lehren predigen, die keine Beziehung zum menschlichen Leben, seinen Problemen und seinen enormen Möglichkeiten haben.

Ist Gott beeindruckt, wenn Menschen plötzlich beschließen, ihn in Massenform zu bitten?  Der Große Geist ist mit den Bedürfnissen aller seiner Kinder vertraut, bevor er sie an Orten, die Kathedralen und Kirchen genannt werden, kennenlernt.

Das Gebet besteht nicht darin, dass sich eine große Zahl von Menschen versammelt und mit vorbestimmten Worten oder eigens erdachten Kompositionen bitten. Das Gebet kann das Wirken des Naturgesetzes nicht verändern. Das Gebet kann nicht in die Abfolge von Ursache und Wirkung eingreifen. Der Mensch besitzt nicht die Macht, die mathematische Gewissheit zu unterbrechen, dass die Wirkung mit unveränderlicher Präzision auf die Ursache folgt.

Das Gebet hat einen Wert als Übung des Geistes, wenn der Mensch, der sich seiner eigenen Begrenztheit und paradoxerweise auch seiner angeborenen Stärke bewusst ist, versucht, den Fluss der latenten Energie in seinem eigenen Wesen freizusetzen, um sich zu größeren Taten zu inspirieren und anzutreiben. Das Gebet, wenn es wirklich ein Gebet und somit eine Übung des Geistes ist, ist ein Mittel, durch das sich der Geist des Menschen von einem Teil der irdischen Knechtschaft befreit und zu einer größeren Manifestation findet.

Ein mechanisches Gebet, ein auswendig gesprochenes Gebet hat keinen Wert. Diejenigen, die sich von Zeit zu Zeit treffen, weil es ihnen befohlen wurde oder weil es ihre Gewohnheit ist, und die Worte lesen oder gelesen haben, die manchmal so vertraut sind, dass sie einprägen – diese bringen sich dem Großen Geist nicht näher. Der Große Geist kennt alle Bedürfnisse. Er kennt die unausgesprochenen Wünsche eines jeden Herzens; es besteht keine Notwendigkeit, Ihn in großer Zahl zu bitten.

Wir sollten uns all jenen widersetzen, deren Wunsch es nicht ist, die Wahrheiten über den Geist zu lehren; gegen alle Kirchengemeinschaften, die nicht über die Beziehung zwischen aller geistigen Wesen und dem Großen Geist des Lebens zu lehren imstande sind, sondern deren Wunsch es ist, ihre schwankenden Kirchen zu stärken und ihre leeren Kirchenbänke zu füllen.

Die Wahrheit über Religion ist, dass keine Religion die ganze Wahrheit besitzt. Jede hat nur einen flüchtigen Blick gesehen, und der ist leider im Laufe der Jahrhunderte verzerrt oder von den Glaubensbekennern verfälscht worden. Dem Kind muss beigebracht werden, dass wahre Religion darin besteht, zu dienen, all die ausgefeilten Phrasen der Priesterkunst zu ignorieren und ein ehrliches, selbstloses Leben zu führen, in dem Wunsch, der Welt, in der es wohnt, zu helfen und so dem Großen Geist, von dem es ein integraler Teil ist, treu zu sein.

Die Autorität der Kirchen, der Bücher, der Glaubensbekenntnisse, all das schwindet. Sie werden allmählich über Bord geworfen. Aber die Autorität der geistigen Wahrheiten bleibt für immer bestehen.

Manche Kirchen sagen, ein Mensch sei gut, weil er einigen formulierten Lehren blindlings zugestimmt hat und damit das ganze Wesen der Religion erstickt hat, weil er für den Rest seiner Tage ein Schurke sein kann. Er ist nicht gut, auch wenn er denkt, er sei gut.

Man sollte all das Unkraut vernichten, das die menschliche Seele schon zu lange erstickt hat; das Unkraut der Falschheit, das von den Kirchen gefördert wird; all die unsinnigen, abstoßenden und manchmal blasphemischen Lehren, die im Namen der Religion angeboten werden. All das muss ausgerottet werden, denn es verhindert, dass das Leben gelebt wird, wie es sollte.

Großer Heiliger Geist, Du bist jenseits aller Definition und Erklärung, denn Du bist unendlich! Kein Buch, keine Kirche, kein Gebäude und keine Sprache kann Dich ganz erfassen oder erklären, was Du bist.

In früheren Zeiten erhielten einige wenige Privilegierte Inspiration aus der unsichtbaren Welt, die es ihnen ermöglichte, einen klareren Blick auf die himmlische Welt und ihre Bewohner zu werfen. Aber all ihre Inspirationen waren auf ihre geistige und spirituelle Entwicklung beschränkt, und ihre Vorstellungen waren verzerrt, unvollkommen und unvollständig.

Wenn die wahre Lehre in dieser Welt wächst, wird sie das Ende aller Trennungen zwischen den Völkern bedeuten. Es wird das Ende der nationalen Schranken bedeuten. Es wird das Ende der Rassenunterschiede, der Klassenunterschiede, der Farbunterschiede und aller Unterschiede zwischen Kirchen und Kapellen, Tempeln, Moscheen und Synagogen bedeuten, denn allmählich werden alle lernen, dass sie einen Teil der Wahrheit des Großen Geistes besitzen und dass der Teil, der im Herzen jeder Religion verankert ist, in keiner Weise dem Teil widerspricht, der für sie wertvoll ist.

Die wahre Lehre ist größer, als die vieler Kirchen, Kapellen, Synagogen und Tempel, die mit trockener Theologie gefüllt sind, in denen aber die Kraft des Geistes fehlt.

Die Kranken, die Leidenden, die seelisch, körperlich und geistig Gequälten, die Hoffnungslosen, die Hilflosen, die Müden, die Ratlosen, sie wollen keine Worte, die die Seelsorger allzu oft selbst nicht mehr glauben. Sie wollen keine stereotypen Phrasen hören, die wie Papageien wiederholt werden und weder für den Sprecher noch für den Zuhörer eine Bedeutung haben. Was sie wollen, ist eine Demonstration, dass die geistliche Wahrheit eine Realität ist.

Die geheime Papstwahl in totaler Abschottung bei der Konklave gehört mitsamt jeder priesterlichen Scheinheiligkeit ins Mittelalter. Kardinäle, total abgeschottet von der Außenwelt, sollten anstatt aufsteigenden Rauch wieder ihr Menschsein zeigen und ihre rote Verkleidung ablegen, die sie scheinbar erhöhen soll.

Anmerkung: Priester/Pfarrer werden aus der Kirchensteuer-Kasse bezahlt; Kardinäle, Bischöfe und deren Anhang werden aus der Staatskasse bezahlt (10.000 – 15.000 Euro/Mon). Papst Franziskus verzichtete auf sein Gehalt und hat kein Vermögen.