Ich wandre durch die Welten, blind hinein geboren, kenn nicht den Weg. Mit vielen Steinen ist er dicht belegt, es freut und schmerzt zugleich, ihn zu durchschreiten. Niemand geht leichten Fußes, ohne Leiden. Nur eine Ahnung wacht, ist tief in mir – das Gottvertrauen wird mit altem Wissen meinen Weg mir weisen. So gehn die Tora-Geister mit auf Reisen, die IN mir sind durch alle Zeitenflüsse, wie Moses Volk einst auszog aus dem Land der Pharaonen, durch Sturmesfluten und durch Wüstenschwere, trägt nun auch mich die Gott erfüllte Lehre. Gefahren trotzend geht mein Blick nach oben, wo ich, von Sonnenhand erhoben, bestaun den Bogen, bunt, wie ein Kristall. Wann immer ich ihn sehe, ist er Zeichen, ist Kompass mir. Mein Ziel will ich erreichen… im Dort und Hier. Was Mensch aus Gott gemacht, in Kirchen und Gedanken, ist nur ein falsches Bild, es wird vergehen, wie die Gewohnheit irdischer Belange, ganz ohne Rasse, Nationalität, im lichten Land befreit sein wird, verweht. Wo sich die Seelen finden, körperlos und fern der Zeitenflüsse, wo Gut und Böse sich zur Harmonie verbinden, ist mein Zuhause. Will es wiederfinden!
Schlagwort: Gisela Seidel
Gottes Schweigen

Gott gibt der Welt sein Glühen, dem wild bewachsenen Feld, mit Erde, die zum Blühen nur Fruchtbarkeit enthält. Er lässt die Sonne steigen, tauscht sie mit Sternenglanz. Ein Leuchten wird uns zeigen des Himmels stillen Tanz. Wir stehn in Gottes Schweigen und fremd scheint unser Tun. Wir warten auf sein Zeichen, statt Antwort folgt sein Ruh‘n. Vorüber rauscht das Leben, inmitten stehen wir. Muss ER uns Antwort geben? ER öffnet uns die Tür! Wir tauchen in sein Schweigen, und geben ganz uns hin, sehn auf dem Grunde treiben, des Gebens Kraft und Sinn.
Lebenswege

Wie sich die Erde abringt jedes Stück, lebendig macht ein kleines Blütenglück! Wie hingestreute Akeleien, an stillen Orten uns erfreuen, so strahlt der Löwenzahn in gelber Pracht, auf jeder Wiese, wenn die Sonne lacht. Die milde Luft ist wie gefüllt mit Leben, der Atemzug ein Nehmen und ein Geben. Wir ringen um die Jahre, Stück für Stück und traurig richtet sich der Blick zurück. So sinnlos war beizeiten unser Ringen, so undankbar die Welt, so laut die Stimmen. Wir sehnten uns nach schattenkühlen Wegen und fühlten hoffnungsvoll des Weltenbauers Segen, der allen Mühn Gelingen schenkt und Lebenswege wie ein Band zum Himmel lenkt.
Die Vögel

So federleicht im Morgengraun, immer dem Himmel nah, singt es dort oben aus dem Baum - ein kleines Vogelpaar. Besingen Welt und Sonnenschein, so wunderbar zufrieden; möchte ich doch – so insgeheim – leicht, wie die Vöglein fliegen. Brauchte nicht schaffen, ohne Sinn, könnt’ nur den Tag besingen, egal, wo ich auch steh’ und bin, würd’ Gott mir Nahrung bringen. Die Seele flög zum Himmelszelt, bis an die weißen Wolken, beschau von oben hoch die Welt, würd’ weit dem Winde folgen. Könnt’ bau’n mein Nest auf jeden Ast, den Gott zum Platz mir böte; ich lebte freudig, ohne Hast, klein, meine Lebensnöte.
Stroh zu Gold

Rumpelstilzchen – Grimms Märchen
Zaghafte Schritte setzen wir im Ungewissen, das schicksalhaft sich auf den Wegen breitet. Des Menschen Lebensweg ist längst umrissen, wenn er den angedachten Weg beschreitet. So, wie ein leeres Blatt, ganz unbeschrieben, fügt unser Handeln Licht und Schatten ein. Wir wählten unsren Weg, auch wenn hienieden das Bild verlorenging im Erdensein. Bevor wir durch das dunkle Tor geboren, da rangen wir in Freiheit um dies Leben. Den Sinn des Leidens haben wir verloren, das schon auf Erden wird Verwandlung geben. Mit off’nen Sinnen kommt das Rückerinnern; wenn wir besonnen unser Schicksal ändern, dann können wir auch ohne „Rumpelstilzchen“, allein, den gold’nen Lebensfaden spinnen.

Blick auf das Meer
Song von Charles Trenet (1913-2001)
Bewegung der Wellen, ruhelose Urkraft mit elementarem Tiefgang. Sinnbild für kosmische Weiten, ohne Anfang und Ende. Sonnenuntergang – horizontales Eintauchen. Silbrige Wogen des Meeres spiegeln die Farben des Lichts wie orangerotes Feuer; gekühlte Flammen in feuchter Unendlichkeit, bringen himmlische Gute-Nacht-Wünsche und Hoffnung auf einen neuen Morgen.
Schuld und Sühne

Wer waren wir, als wir vor tausend Jahren durch Stätten eilten, jung und unerfahren, an Orten, wo sich Energien entluden, die voller Kraft der Menschen Sehnsucht trugen, wo sie einst unter täglichen Gefahren trotzdem des Schicksals Meister waren? Seh mich im Bild so manchen Traums, als Mann, der seinen Leiden widerstand, wo ich den Klang der Ur-Zeit wiederfand. In Stätten, die dem Tod geweiht vergingen, war nur ein wildes Treiben, stetes Ringen, ein Blätterrauschen meines Lebensbaums. Mein Atem hat der Wind getragen, auch ich verging in Schuld und Sühne, auch ich war auf der Lebensbühne nur eine Vollnatur der frühen Jahre. Wer steckt in Euch? Vergänglich ist das Kleid, ein steter Wechsel jetzt und in der Zeit! Sind Kain und Abel in den Ur-Kulturen? Ihr Anteil wandelt auf den eignen Spuren, auf denen ihr die eignen Erben seid.
Geister der Nacht

Licht ohne Schatten – bedeckt die Einsamkeit mit Gedanken aus Hoffnung und Freude, vertreibt die Angst vor der Dunkelheit, macht quälende Gedanken erträglicher. Die Geister, die im Verborgenen lauerten, sie schweigen, erwachen in der Finsternis zu neuem Leben. Ängste werden wieder Schatten werfen, zerren an der Bettdecke, vertreiben den Schlaf durch Gedankengespinste - des Lebens böse Erinnerungen. Albträume bringen die alten Schwingungen, greifen nach dir – vielleicht schon in der nächsten Nacht!?
Der Baum

streckt weit zum Himmel seine Äste, als wolle er das Wolkentreiben spüren, um der Natur, gleich einer Ballerinen-Geste, den Tanz auf Zehenspitzen vorzuführen. Er neigt sich, wiegt sich, folgt dem Takt des Windes, verankert mit den wurzelfesten Streben, wild, mit dem ungestümen Geist des Kindes, erfasst von Böen und Sturm, Zeit seines Lebens. Noch hält er stand und trotzt der Witterungen Launen, die Ringe seiner Jahre ziehn durchs Holz. Noch sehn die Menschen zu ihm auf und staunen, durchlebt kraftvoll die Jahre, ohne Stolz. Ihn kümmert nicht der Schatten seiner Krone, wie sie Figuren auf den Boden malt, er zollt sein Wachstum nur dem Gott zum Lohne und wird mit Sonnenschein und Licht bezahlt.
Mutter Erde

Birgst alle Facetten der Schönheit, wie ein geschliffener Diamant, bist Alpha und Omega, Anfang und Ende; du spiegelst unsere Taten in dir selbst, verschenkst deine Reichtümer mit Liebe, erträgst geduldig nicht endende Ausbeutung. Mutter über Sein oder Nicht-Sein, wir sind geboren aus deinem Schoss und werden dorthin zurückgehen, wenn es an der Zeit ist; du kredenzt uns Artenvielfalt und Wunder, in jeder Blüte und in jedem Leben. Paradies oder Hölle, wir haben die Wahl! Unter deinen tiefen Sorgenfalten trägst du geduldig die Last der Menschheit. Nur manchmal erhebst du warnend die Finger, wenn wir die Pole zum Weinen bringen, denn jede Träne wächst zu einem Meer, in dem wir ertrinken werden.