Das Schöne in der Welt

Schulspaziergang – Albert Anker (1831-1910)
Das Schöne in der Welt, es trägt ein Lachen
mit Stimmen froher Kinder, hell und rein,
legt Farbenvielfalt über graue Sachen -
ein kleines Lächeln lässt sie bunter sein.

Zu wachsen in dem Garten unserer Seele
und darin neue Triebe zeugen zum Gedeih,
wie Blüten prangen und aus heller Kehle
das Glück besingen, das uns blüht, dabei.

Den tiefen Sinn des Lebens zu erfassen,
der nur gezeigt wird in der Einsamkeit;
die stillen Stunden in sich wirken lassen
und jeden kühlen Schatten Dankbarkeit.

Zeit zwischen Morgenrot und Abend,
den Zauber fühlen, wie des Windes Hauch;
getanes Werk wie Diamanten tragen,
wie Gold, was gut im Leben auch.

In alten Fotos kramen und Geschichten
die Schönheit zeigen und Vergänglichkeit;
die Liebe fühlen, die durch alle Schichten
Erinnerung trägt durch alle Zeit.

Der Duft von frisch gebackenem Brot und Stimmen,
die uns vertraut von alters her,
wenn Feuer in den alten Öfen glimmen,
taut längst Erkaltetes im Flammenmeer.

Es gibt so vieles, das dem Blick entgleitet,
wenn man‘s im Alltagsdrängen übersieht.
Ein Augenblick kann sein, der Glück bereitet;
die gute Tat, die Zukunft weist, geschieht.

Das Schöne in der Welt ist leis und hofft,
dass du’s in deiner Gegenwart entdeckst.
Schon immer ists bei dir und wie so oft
hat es in kleinen Dingen sich versteckt.

Lichtvolle Auferstehung

an ein Land nach dieser Zeit

Quelle: Pinterest
Ich wünsche dir die Auferstehung aus Ruinen,
durch Hände, die dir selbst getreu und stark.
Gemartert ist dein Volk!
Von denen, die sich rücksichtslos bedienen,
den Tod nur bringen, alles nehmen bis aufs Mark.

Ich wünsche dir mit überzeugter Seele,
mit einem Herzen, das für Frieden schlägt,
dass sich kein Mensch mehr ringend quäle,
und dass nur Liebe eure Reihen prägt.

Ich wünsche dir in kühnsten Träumen,
auf jedem minenreich ‚bepflanzten‘ Feld
möge nur gute Saat sich breiten in den Räumen
und Wurzeln schlagen für die neue Welt.

Voll Hass die Peiniger, schweigend die Feigen,
die ganze Welt schaut deinem Ringen zu.
Du gehst den Weg nach Golgatha im Leiden,
als Überwinder winkt ein neuer Tag dir zu.

Ich wünsch dir weiter Mut und Gottvertrauen,
in stolzer Demut wirst du deine Stirne heben.
Das auferstandene Land wird Frieden schauen,
die Sterne wieder leuchten auf den Wegen.

Unendlichkeit

Gleite aus der Nacht der Träume
in des Tages wirren Lauf,
durch das lichte Gelb der Räume
treibt es mich ganz Gott vertraut.

Wie Gemälde sichtverbunden
mit den Künstlern, die sie schufen,
klingen diese schönen Stunden
wie ein schöpfungsnahes Rufen.

Offene Fenster, lichtdurchdrungen,
malen Bilder an die Wände;
alle Schatten sind verschwunden,
Sommerluft streift meine Hände.

Wolken ziehn wie Zuckerwatte
am blauen Himmel von so weit.
Der Morgen strahlt, nur selten hatte
er diesen Hauch Unendlichkeit!

Hochsommergefühl

Quelle: Pixabay
Die alten Bäume stehen voll im Laub,
wenn erste herbstgebräunte Blätter fliegen;
sie liegen unbemerkt in Gras und Staub,
dort, wo so viele bald in Eintracht liegen.

Noch nicht ganz abgelebt und müde,
doch schon erschlafft im Hitzeflimmern;
nicht mal der Tau der Morgenfrühe
wird diese magere Zeit verringern.

Erschlaffte Kraft der Elemente,
das Wasser geht, die Luft steht still,
Feuer entflammen die Tangente
der Erde Hochsommergefühl.

Die Erlösung aus Ägypten

Die Teilung des Meeres

Exodus 14,21 „Als nun Mose seine Hand über das Meer ausstreckte, da trieb der HERR das Meer die ganze Nacht durch einen starken Ostwind hinweg; und er machte das Meer zu trockenem Land, und die Wasser teilten sich.“


Die biblische Geschichte zeichnet hier Moses als Erlöser, der die Ausgezogenen aus Ägypten endgültig vom Verfolger trennt, indem er die alte Welt tötet, obwohl oder gerade, weil Menschen sich noch immer zu ihr hingezogen fühlten. Frei sollten sie sein vom Alten und eine Zurückholung durch den Pharao unmöglich werden.

Es gibt Erscheinungsformen des siebten Schöpfungstages, die mit den Entwicklungskräften der Materie in der Welt der Polarität untergehen müssen. Deren zeitlich begrenzte Umhüllung (Körper) wird genommen. Erst danach kann die neue Welt kommen, die Welt des 8. Tages.

In der Kabbala gibt es verschiedene Zahlen, die auf etwas vollkommen Neues hinweisen. Dazu gehören die 5, die 8 und die 17. Jede Endzeit ist voller Dämonen, sagt die Überlieferung. Die Welt der Vielfalt wird zerbrechen, wenn man sie nicht nähren will.

Überall, wo in der Bibel von Ägypten geschrieben steht, zeichnet das Wort „Ägypten“ ein Bild der materiellen Welt (das Diesseits), die von einer Leiden verursachenden Zweiheit beherrscht wird. In der Bibel ist es der Pharao, der alle Zeichen des nahenden Untergangs übersah. Ich muss hier leider eine Parallele zur heutigen Zeit und den Politikern dieser Welt ziehen.

Die Welt wird sich häuten wie eine Schlange. Wenn die Umhüllung zerstört und bedeutungslos geworden ist, sind die einst geschaffenen Erscheinungsformen wertlos geworden. Dann zieht sich der Mensch zurück ins Alleinsein und begegnet dort in seinem Innern einer anderen Welt. Dort kommt es zu einer Auseinandersetzung mit dem göttlichen Kern, der in der alten Welt der Vielfalt kaum Beachtung fand.

In der Schlachter-Übersetzung Genesis 32,29 heißt es: Jakob stritt mit Gott und Menschen. Lt. hebräischer Überlieferung war es nicht Gott, mit dem dieser innere Streit stattfand, sondern Engel und Dämonen. Das Gute im Menschen stritt mit dem Bösen. Es war das Bild eines inneren Kampfes auf höherer Ebene, wo sich das Wesentliche aller Dinge ohne Maske zeigt. Dort ist die eigentliche Welt der Menschen, die Welt der Seele. Da sich die Seele in der Welt der Materie äußern muss und sich darin kleidet, wird sie diesem Lebenskampf ständig begegnen.

Auch beim Sterben findet dieser Kampf statt. Der Körper kennt nur die Maßstäbe dieser Welt und will sie nicht verlassen. Er nimmt dabei dieselbe Haltung wie der Pharao ein. Auch beim Sterbevorgang gibt es einen Durchzug durch ein Meer, das vorher der Absperrung diente. Der noch Fliehende will nicht loslassen und wird auf die andere Seite geholt. Der Körper ist tot, doch nur so kann ein neues Leben beginnen.

Fährmann Tod – Franz Lippisch (1859-1941)

Der Vorhang

Hinter dem Schleier

Fraktale: Karin M.

Wie ist’s im feinstofflichen Reich?

Die Formen, die auf Erden dauerhaft,
sind dort wie Nebel, die zerfließen;
wie ein Gefühl der aufgeflammten Leidenschaft,
das kurz danach verlöscht;
als gießen
Lichter sich wie Strahlen in die Nacht
und werfen kleine Schimmer, dicht und leicht
und manchmal, wenn der schwere Vorhang weicht,
verrücken nach und nach die Schleier, die uns trennen
und machen sichtbar,
was wir Undurchsichtigkeit des Jenseits nennen.

Durch Faltenwurf der Traumwelt schweres Tor
flammen uns Bilder kurz im Schlaf entgegen,
die nicht von dieser Welt,
verlöschen im Gefühl,
sind Seelensprache, wo die Bilder reden.

Ein schwarzer Graben trennt die beiden Welten,
nur das Bewusstsein wird zum Brückenbauer,
lehrt uns die Bilder, die im Jenseits gelten
und hebt den Geist und Seelenkern von Dauer.

Überwunden

Quelle: Pinterest
Ist Ergebung eine Tugend
oder steht sie falsch zur Pflicht,
wenn man starrsinnig im Trubel
Teil des Temperamentes ist?

Duldsam Dinge hinzunehmen,
die nicht änderbar zum Teil,
sich zur Demut zu bequemen,
wo doch nichts zu ändern sei.

Vor dem Unabänderbaren
niederknien und im Verzicht
auch die Perspektiven wagen,
würdevoll in Zuversicht.

Nicht die Schwere allen Ringens
und die Kämpfe, die man wählte,
wägt Gott als Erfolg der Dinge -
nur der gute Weg, der zählte.

Schicksalsmächtiges Erleben,
Stirne senkend muss Welt schweigen;
einsam muss sich Mensch durchkämpfen
und in blut’gen Stunden leiden.

Auszuloten die Gewalten -
ist Gesetz dies zu bestehen;
schützend Leben zu erhalten
oder tapfer untergehen.

Auch die leidbeschwerten Stunden
tragen volle Segensschalen.
Siegend ist, der überwunden;
wird statt Dornen Lorbeer tragen.

Kornblumen

Der Sonntagsspaziergang – Carl Spitzweg (1808-1885)

Blaues Blümlein zwischen den Ähren,
wo du mit Mohn im Sonnenlicht verwoben,
warst einst der Preußen Lieblingswildkraut auf dem Felde;
gar königlich die Häupter, die du kränztest.

Wo die Insektenvielfalt Lebensräume schuf auf Feldern,
die golden glänzten und im Winde wogten,
flocht die Natur der Blumen Buntheit ein,
wie Malerei von einst, die mit gekonnten Pinselstrichen
des Künstlers Schau für all die Städter bannte,
die Felder nur erträumten und deren süße Pracht
den Mägen und den Augen Nahrung bot.

Vergangen ist die Zeit und die Romantik ist vertrieben,
wie die Insektenvielfalt auf den Feldern.

Windet man heut noch Kränze, ein Geflecht aus Korn und Blumen?
Welches Haupt empfände schmückend solch profane Dinge?

Der Mann hat seinen hohen Rang verlassen,
wo er geschlechtsneutral zu Buche stand;
längst aus der Mode kam die Weiblichkeit,
heut steht sie lieber gendernd ihren Mann.

Obwohl nur Korn gefüllte Felder Nahrung bringen,
wird alles blumenlos und unromantisch sein.

Quelle: Pinterest

Das Schweigen

Mitten im Gewühl der Menge,
wie im Meer von tausend Stimmen,
liegt die Insel fern dem Trubel,
wo nur rauschend Wellen klingen.

Dahin zieht, wer Ruhe sucht,
fliehend vor den lauten Klängen;
steht am Ufer ganz allein
vor des Meeres sanftem Drängen.

Jede Woge nimmt Geräusche
mit hinaus ins tiefe Schweigen;
in schier unbekannte Tiefen,
fern vom schrillen Tagestreiben.

Einsamkeit, in Stille sein -
Wogen glättend im Verstehen.
Endlich zu sich selber finden,
um der Leere zu entgehen.

Sind berauscht von den Geräuschen,
die das Wichtigste verschütten
und den Ruf des eigenen Ich‘s
unter Lärm der Zeit ersticken.