Jeder Tag, ein fallendes Blatt

Wir sterben jeden Tag ein wenig mehr,
mitten im Leben ruft es uns zurück,
zurück in unsichtbare Dimensionen,
zu Sphären, wo die Unsichtbaren wohnen,
die Freiheit spüren, körperlos und wartend,
auf einen neuen Lebensauftrag, der sie zwängt,
in Panzer, wo die Fähigkeiten eingeengt;
in Körper, die mit tausendfachen Seelenteilen
mit Hoffnungen zur Sonne eilen.

Doch wer die Sonne sucht im Außen,
wird ihren Schein nur fühlen, niemals lauschen,
der Stimme, lichtvoll, unbewusst im Innen.
Er wird in den Gedankenkreisen schlingern
und suchend stets vor den Barrieren stehen,
die in die Irre führten und vergehen,
wenn er das Licht am Ende niemals findet.
Denn jeder trägt den Herbst in seinem Leben
zum Winter hin, dem neuen Tag entgegen.

Lebensabschnittsgefährten

So viele Menschen kamen in mein Leben,
ein Stück des Weges teilten sie mit mir.
Gefährten schöner Jahre, doch fiel Regen,
gingen sie fort und blieben nicht mehr hier. 

Ins Nirgends gingen sie durch Nebelwände,
nicht einsehbar, auf fährtenlosen Spuren;
verschwunden in der Zeit – nun sind sie Fremde,
in meinem Lebensspiel wie kalte Schachfiguren.

Gestalten wurden sie, zu dunklen und zu hellen,
die ‚Dame‘ schlagend in so manchem Zug.
Ich war der Baum, den sie versucht zu fällen;
nur Kerben blieben nach des Fallbeils Flug. 

Der Fremden Leben sind wie graue Schleier,
so wie der Herbst sie webt in kühler Nacht.
Verrauscht schon lang so manche Erntefeier,
reif die Erkenntnis, die vergessen macht. 

Wetterrauschen

Stürme, tobend Wetterrauschen –
herbstlich geht das Jahr dahin;
letzte warme Tage tauschen
Sommerstunden zu Beginn. 

Lüfte wirbeln in den Morgen -
Arbeitswelt ist lang erwacht,
folgen ihren Alltagssorgen,
müd‘ bedingt und flatterhaft. 

In den Gärten lila schauend
mancher Aster Blütenzier;
Wolken treiben, Regen brauend,
Blitz und Donner folgen hier.

Ball’n sich dunkelschwer zusammen,
Dünste, dichtgewob’ner Schleier;
Blitze hell am Himmel flammen,
sind der schwülen Luft Befreier.

Reinigende Lüfte zäumen
kräfteprüfende Gewalt;
nur gefestigt, wie die Bäume -
haben in sich selber Halt. 

Goldenes Tuch

Cathédrale Saint-Nicolas, Fribourg/Schweiz – Quelle: Pinterest
Aus Fäden gesponnen, zu einem Gewebe,
mal grob und mal fein, wie Seide gewirkt,
bis in uns der Geist des Großen lebe,
der sich in den kleinsten Maschen verbirgt. 

Rückschauend werden in ferner Stunde
Dinge vorbeiziehen, die gelebt und verklärt;
dann ziehen wir aus dem Innersten Kunde
von der Wahrheit, die uns das Leben gelehrt.

Wie goldene Fäden sind hierin verborgen,
die der Große Geist in uns wirkte und schuf;
voll Erstaunen stehn wir am neuen Morgen
und hören in uns seinen weckenden Ruf. 

Als dunkle Kulisse stehn Tränen und Leiden,   
von der sich die Schönheit des Stückes abhebt;
wie in Kirchen - bunte, verbleite Scheiben,
schwarz umrandet, doch vom Lichtschein belebt. 

Im Strahlen erkennen wir heilenden Segen,
welcher Löcher des Tuches golden verdeckt;
dass sich in unergründlichen Lebenswegen,
das erhabene Kunstwerk Gottes versteckt. 

Unter der Laterne

Quelle: Pinterest
Als würde Dunkelheit sich mit den Bösen einen,
und wenn die Lichter abends hier zu sehen,
dann kommen viele, die das Tageslicht verneinen;
aus dunklen Ecken strömen sie ins Weltgeschehen.

Die an den Straßen stehen, unter den Laternen,
umströmt wie Motten, die im Licht vergehen,
dort angezogen, laufen sie in ihr Verderben,
gefallen sind sie, ohne wieder aufzustehen.  

Geheimnisse, sie flüstern leis in dunklen Tönen,
jene, die wissen wollen, zahlen hoch den Preis,
ziehn schwer die Luft, wie Dunst und graue Schemen -
ist besser, wenn man schweigt und gar nichts weiß.

Es findet sich zusammen, was dorthin verschlagen;
Zwietracht und Gier, die sich im Streit gesellten,
der Bordstein hat der Schwalben Leid zu tragen -
was man am Tag versäumte, muss die Nacht vergelten. 

Wenn erst der Tag beginnt, flüchten die Schatten.
Die tauben Körper ruhen, doch ihre Seelen weinen;
sie fürchten sich im Traum vor dem Erwachen,
denn wenn es Abend wird, wird keine Sonne scheinen. 

Herbstschauer

Quelle: Pinterest
Verflüchtigt sind Tränen des Taus, der Blüten wie Perlen genässt;
kein Singen im trocknen Geäst, die Nester leer, 
und Manche sammeln sich schon jetzt zur Reise ohne Wiederkehr.

All die, die im Lichtstrahl erblühten, verglühten im sengenden Strahl,
Brunnen und Himmel versiegten, welk drückte des Sommers Qual.
 
Umhaucht von heißer Luft, der Schmuck weiter Fluren verschwand, 
Schatten auf Sonnenuhren, Hitzeflimmern über dem Land.

Die Königin samtener Blüten – Rose, die gerade erwacht,
sie welkt dahin in den Gärten, ergibt sich der langen Nacht. 

Öde sein wird es im Garten, schauernd erbebt das herbstliche Nah’n.
Still wird’s dann sein auf Erden, nur der Wind treibt die Stürme voran. 

Depression und Krankheit

Quelle: Pinterest
Die Seele formt sich oftmals ein Verließ,
wo alles dunkel ist und ohne Licht;
obwohl sie ihre Umwelt dorthin stieß
und ihre Hände voll sind, sehn sie’s nicht.

In dem Gefängnis eigener Gedanken,
in dem die Wände immer mehr erdrücken,
brachte das eigne Tun ihr Sein zum Wanken,
weil sie nur Ödes sehen und Daseinslücken.

Sie sehen keinen tiefen Sinn im Leben,
sind innerlich wie ausgebrannte Hüllen;
suchen im irdischen Begriff nach Wegen,
die sie herausführen aus eignem Willen.

Die Geisteskraft muss leben wieder wollen
und Heilung in das eigne Leben rufen;
dann öffnen sich die dicksten Kerkertüren
und man ersteigt die ersten Auswegstufen.

Die Macht des Geistes manifestiert sich in der Heilung der Kranken und zeigt damit, dass es eine göttliche Macht gibt, durch welche Werkzeuge eingesetzt werden, die denen Heilung bringen kann, für die das Leben trostlos und öde war.

Die Kraft des Geistes, ein Teil der Lebenskraft selbst, ein Teil des unendlichen Geistes, der durch zahllose Kanäle strömt, ist in der Lage, Körper zu beleben und ihnen neue Energien zuzuführen, die so sehr von Krankheiten und Leiden gequält wurden, dass selbst die kritischsten und skeptischsten Menschen zugeben müssen, dass es sich um eine Kraft handelt, die nicht mit menschlichen oder irdischen Begriffen erklärt werden kann, wenn Ergebnisse erzielt werden.

Aber eine Heilung kann nur erfolgen, wenn die Bitte danach ausgesprochen wurde. Die geistige Kraft zur Heilung muss ins Leben gerufen werden. Die Lebenskraft zirkuliert im gesamten Universum in all ihren Manifestationen als Teil ihrer universellen Aktivität, aber keine Intelligenz dieser Welt wird diese Heilungskraft anwenden können, bevor nicht die Bitte danach geäußert wird, dass sie dies tun soll.

Herzschlag an Herzschlag

Sir Frank Dicksee 1823-1928

Wie ich dich liebe, ist schwer zu beschreiben:
Du fließt in all mein Denken und Tun!
So, wie die Blumen zur Sonne sich neigen,
lässt dies Gefühl in mir niemals mich ruh’n.
 
Stets ist es da, so mächtig und bindend,
dass alles andere ganz unwichtig wird.
In deinen Augen, so tief wiederfindend,
dass meine Seele den Weltschmerz verliert.
 
Herzschlag an Herzschlag spür ich deine Nähe,
wie sich dein Geist mit dem meinigen eint.
Hoffnung, tief in mir, dass niemals vergehe,
was uns verbindet und so einzig erscheint.
 
Du bist als Mensch so besonders und wichtig –
nie hab ich Gleiches schon einmal verspürt.
Dein Blick – so tief, doch der Alltag macht nichtig,
was unsere Seelen zusammengeführt.
 
Reine Gedanken, entfesselte Triebe,
halten das unsichtbar schmiegende Band.
Worte, gesprochen, geschrieben in Liebe,
sind wie ein Wandeln an weltfernem Strand.

Schlaf unter Sternen

Musik: Ronald James Karle | Sleep among the Stars | Arr. Stefan Kraus

Das von Stefan wundervoll arrangierte Klavierstück von Ronald Karle inspirierte mich zu diesem kleinen Gedicht. Danke!

Der Himmel voller Sterne,
im Wellengang der Zeit,
unsagbar fernes Licht,
unendlich ist dein Kleid.

Dort, wo es faltig schwingt,
verdeckt es manchen Glanz,
es wandelt sich und singt
im ew‘gen Sternentanz. 

Wenn Sonnenlicht vergeht,
das täglich uns umströmt,
zeigt sich das Bild der Nacht,
das unsren Schlaf verschönt. 

Träum‘ unterm Sternenzelt,
von aller Last befreit -
vom Geist beseelte Welt,
tausch ein in Glück das Leid.

Eigenschaften

Quelle: Stadtmuseum Berlin
Die Eigenschaft wohl staunenswerter Dinge
technischer Wunder, schufen sie, die Männerwelt;
sich untertan zu machen, zu bezwingen,
die Elemente, Machtfülle und schnelles Geld. 

Die Welt versöhnen und beglücken,
aufrichten, was zerbrochen und gestürzt;
die Weiblichkeit hat hier in vielen Stücken
hingebungsvoll Zerfall und Leid gekürzt.

Im letzten Krieg hat sie mit starken Händen
erfinderisch und selbstlos in Ruinen,
die Reste von zerschossenen Häuserwänden
geborgen unter Bomben, Schutt und Minen. 

Die meisten, die im Bann der Führung standen,
ob Mann, ob Frau – fast alle liefen mit.
„Großdeutsches Reich“ – wie viele fanden
in deinem Größenwahn das Grab, kein Glück?!

Die schwer Verletzten stützen, Kranke pflegen,
vom Krieg gezeichnete mit Sanftmut trösten,
mit Zartheit und erfinderischer Liebe hegen,
Gebete sprechen den zu früh Erlösten. 

Die Welt erobern, das ist Männersache;
selbstlos an andere zu denken, edles Ziel.
Ein auseinander Streben längst parteiische Sprache,
zerstört, statt aufzubauen – ein verlorenes Spiel. 

Männlich zu sein, heißt nicht, laut schreien,
denn wer laut brüllt, hat niemals recht. 
Im Stillen und im Hintergrund zu scheinen,
wie eine Sonne, tut den Menschen recht.