Gerechtes Urteil

Quelle: Pinterest, Künstler unbekannt
Suche nicht in der Hektik der Welt,
die im Zeitlichen tilgt,
such‘ in deiner Seele das Himmelszelt,
wie ein ewiges Bild.

Gesetze Gottes sind fein balanciert
im vollkommenen Sein,
Strafe und Lohn aufs Kleinste tariert;
zählen im Urteil allein. 

Gewogen und zu leicht befunden –
die Wahrheit offenbart,
dass schlechte Taten nicht verschwunden
und kein Betrug, der narrt. 

Du siehst nur hier, die kurze Zeit,
beurteilst das Geschehen,
schaust du auf sie, die Ewigkeit, 
versuch‘ nicht zu verstehen.

Brech‘ deinen Stab nicht über sie,
dein Urteil ist zu schwach;
wenn‘s dir gelingt, dich selbst zu sehen, 
denk über andere nach.

Schulzeit

Ich, 5 Jahre alt (1958)
Vergangen ist, was längst dahin,
erinnerungstief verschlossen;
doch wird so oft, des Geistes Sinn,
mit Tränen übergossen. 

Man wühlt in allem, was geschehn,
sieht sich in Kinderjahren
mit anderen im Reigen drehn,
im Hof an Schülertagen.

Wo sich im steinig klaren Quell
der alte Brunnen füllte
und sich die Kinder an der Stell
den Durst mit Wasser stillten.

Als uns der Pausenhof verband
zum Fangenspiel und Lachen,
wo Kinder sich noch Hand in Hand
im Singspiel Freude machten. 

Das Butterbrot in Zellophan,
mit Milchgeld für die Klasse,
in Reih und Glied standen wir an,
vorm Eingang in der Masse.

Es war geordnet, ruhig und schön,
das bunte Schulhoftreiben;
respektvoll gar wurd‘ angesehen,
was Lehrer tun und schreiben.

Mittags, da war die Schule aus.
Mit Ranzen auf dem Rücken
gingen wir wohlgemut nach Haus,
den Weg in unseren Blicken.

Da war kein Auto, kein Verkehr,
nur unser heimwärts gehen.
Heut‘ wird bestimmt, vom Handy her,
der Blick in’s Zeitgeschehen. 
Schulspaziergang – Albert Anker (1831-1910)

Licht der Leidenschaft

Vladimir Kush (1965*)
Ein langer Weg liegt hinter mir,
ein Weg, der heißt „Geduldigkeit“.
Es öffnete sich manche Tür,
dahinter, Einsamkeit und Leid.

Doch manchmal, steigend, Schicht um Schicht,
wurd‘ ich hindurchgetragen;
ich sah zum ersten Mal das Licht,
verstand des Geistes Sagen. 

Ich wuchs an allem, was mir ward,
aus Dunkelheit getrieben.
Mit jedem Frost reglos erstarrt,
gab Hoffnung mir den Frieden.

Verwandelt hat mich höh're Kraft,
trotz Gegensätze der Natur.
Ich folg‘ dem Licht der Leidenschaft,
den Ursprung fühlend auf der Spur. 

Kommt bald die Stunde, die mich fällt,
werd‘ ich den Elementen dienen,
bleib‘ ich Gedicht in dieser Welt,
dem, der mich wachsen ließ in ihnen. 

Nur geliehen

Bild von Arek Socha auf Pixabay
Das Leben fließt in allen Kreaturen,
es ist der Große Geist, der sie gestaltet,
ein Hauch des Nichts deckt seine Spuren,
und doch ist’s er, der über alles waltet.

Wir dienen ihm, wenn wir der Menschheit dienen,
wenn wir der heiligen Erde Achtung weihen,
wenn wir in Demut wissen: Alles ist geliehen
und uns den kleinsten Frevel nicht verzeihen.

Das, was wir taten, wird stets mit uns gehen,
ob gut, ob böse – es ist eingebracht.
Die Erde ist aus Gottes Hand das Lehn -
wir führ’n zu Ende, was er einst gemacht. 

Zum Kosmos werden, ohne alles Leben,
geistlos im Wandel, überall nur Stein,
Chaos allein, im unvollkommenen Streben:
Jeder ist heiliger Tempel um das Sein! 

Staub der Straßen

Ein und derselbe Ort in zwei völlig unterschiedlichen Zeitabschnitten –
Künstler: David Ambarzumjan (1999*)
Hoch, liegt der Staub der Alltagsstraßen,
die Leichtigkeit des Seins begrabend,
wo Zukunftsängste Lebenslust vergaßen 
und Freiheit kämpfte gegen Autokraten. 

So manches Herz hätte sich gern erhoben,
um in der Höhe heil’gen Hauch zu spüren,
doch hier in unsrer Welt hat er verloren,
zu schwer die Last, die unsre Wege führen. 

Verlernten gar die Kunst des Schwebens;
am Boden dieser Zeit sind wir gekettet.
Das Ego kämpft den Kampf des Überlebens,
wer anderen Steine legt, wird nicht gerettet. 

Es traten auf den Straßen kalte Schritte,
wie es das Menschenwerk zu tun verstand;
rissen so viele warme Herzen aus der Mitte,
und schleuderten sie an den Straßenrand.

Kein Herz aus Stein soll unsre Seele werden.
Seht, wie mit Leichtigkeit sie aufwärts schwebt!
Hebt sich empor der Geist, wird er auf Erden,
im Staub der Straßen, Seligkeit erleben. 

Schauplatz des Lebens

Leiser Leo Ury (1861 -1931)
Wenn dich die Mühen deines Tages schwächen,
die Beine schwer sind, wie aus Blei;
wenn du dich leer fühlst, ohne Sinn zu sprechen,
du schweigend wünscht, dass es zu Ende sei. 

Schau an, die lauten Menschenmassen -
so ausdruckslos die Mienen um dich her. 
Es sind so viele, die alleingelassen,
ganz ohne Heimat, fühlen sie nichts mehr. 

Der Mensch der Erde ist sein eigner Schatten,
er bindet andere mit Liebesschwüren,
die schon beim ersten Hauch von Einsamkeit ermatten,
und ihn beim letzten Glockenschlag verlieren. 

Kein Mensch ist einsam, weil es alle sind!
Die Wüste „Einsamkeit“ hat große Straßen.
Sie sind belebt, dort herrscht ein rauer Wind.
Verborgen ist der Schmerz, den sie begraben.

Man eilt vorbei, ganz ziellos ist das Schauen -
auf diesen Straßen sucht man sich vergebens.
Gesenkte Lider – Männer gehn, wie Frauen,
passieren still den Schauplatz ihres Lebens.

Ein Tropfen Glück

Quelle: Pinterest – Amanda cass art
War wie ein großer Tropfen Glück,
der mir als Träne in den Augen stand.
Da fühlte ich von Ewigkeit ein Stück,
wie ein in Liebe unlösbares Band. 

Ein kurzer Augenblick, nicht mehr,
nur ein Moment - er fand mein Herz. 
Damals versank ich, wie in einem Meer;
doch meine Welt ertrank im Schmerz.

Einschließen wollte meine Seele
das Glück - ein flüchtig‘ Ding auf Erden,
dass es kein andrer Mensch mir stehle;
beglückt sollte mein Leben werden. 

Der Rose, die am Dornbusch blühte,
der sich getränkt an mancher Träne,
glich ich, die ich im Leiden liebte;
zwei Welten: hässlich vs. schöne. 

Schwarzes in Goldnes umzuwandeln,
ist heilend der Erinnerung Essenz.
Erkenntnis ziehn aus allem Handeln
die Lebenskunst und Konsequenz.

Auswege

William Adolphe Bouguereau (1825-1905)
Auswege aus dem Labyrinth des Lebens,
Einbahnstraßen mit Wendeverbot.

Passagen mit Kopfsteinpflaster,
holprige Irrwege in Sackgassen endend,
rütteln unsanft an deiner Seele,
reißen Wunden,
verschließen dein Herz,
machen ängstlich,
lassen Wünsche unausgesprochen,
aus Furcht vor neuen Verletzungen,
bohren sich in dein Bewusstsein,
filtern deine Gefühle,
machen deine Seele einsam,
die nach Wärme und Liebe dürstet.

Suche nach höheren Ebenen!
Folge dem Ruf und der Anziehungskraft des Großen Geistes.

Lebe unter dem Segen des Glaubens
nach den universellen Gesetzen,
die Liebe und Weisheit sind.

Vollkommener Glaube wird aus Wissen geboren.

Kehre um, auf der Suche nach der Herrlichkeit
deiner von Engeln beleuchteten Wege,
die sich vor dir ausbreiten,
wie die Wärme des Lichts.

Bitte um Leben

Phil Greenwood (1943*)
Herrgott, halte Deine Hände 
über alle Not auf Erden,
lass‘ auf eingestürzten Wänden
wieder neues Leben werden!

Hoffnung, unter Schutt begraben,
wo das Haus stand, das geliebte.
Trümmer, wo die Menschen starben
und ihr Schicksal sie besiegte. 

Bald schon wird es Blüten schneien,
die aufs Erdengrau sich gießen;
lachend werden Seelen sein,
die das Schattental verließen. 

Kahle Büsche, Spitzen schimmern -
Welt wird grün in altem Lauf.
Sonne wärmt im Frühjahrsflimmer
kalte Erdenschollen auf.

Linder Frühling, komm‘ mit Leben,
schenk der Menschheit Sinn und Glanz,
offenbar‘ im Aufwärtsstreben
jeder Blüte, Weihetanz.

Auch, wenn starke Winde knicken
vieles im Vorüberwehen,
Schöpfergeist im Sturm zu schicken,
lässt das Brachland auferstehen.

Sang und Klang

Song of the heart – Joel Kirk Richards (1976*)
Singen möcht‘ ich, helle, reine Töne,
in die missklangreiche Welt hinein.
Möcht‘ ihr bringen, was den Geist verschöne,
Dur und Moll im Lied vereinen.

Wie die Vogelstimmen, die am Morgen
Tag und Sonne freundlich singend grüßen,
möcht‘ mein Lied, die allergrößten Sorgen
wandeln, dass sie schnell vergehen müssen. 

Auf dem Blütenteppich bunter Träume,
unter Bäumen, deren Kronen rauschen,
soll die grenzenvolle Welt der Zäune
meinen hellen Liedern lauschen.

Die Akkorde möchten aufwärts schwingen,
wie die Wolken, die um Berge kreisen.
Augenschließend werden sie erklingen,
wie ein Schiff durch Wolkenmeere reisen. 

Um ein notenreiches Werk zu singen,
hebt die Menschheit sich vereint zum Chor. 
Bleibt es nur ein Traum? - Ein hehres Ringen
bringt das allerschönste Lied hervor.