Fern dieser Welt, wo Frieden herrscht und Glück, wo Liebe frei ist, Macht und Geld nur ein vergang‘ner Augenblick. Wo Menschsein mehr ist als Erhalt der Rasse, die bunte Vielfalt ein Gesetz von Klasse. Die Neugier auf das Anderssein, wird zur Bereicherung gedeih’n. Das Himmelslicht durch schwere Erdenluft so trübe, verdeckt vom Geist der Eigenliebe, du lang ersehnter, milder Wind, der fortweht dunklen Geistes Kind, den Himmelsfrieden seh ich schleierhaft dich breiten und legen über alle Schattenseiten. Oh, Sonnenschein schenk bald das warme Mütterliche dieser Erde und hüll sie ein, dass endlich Frieden werde!
Schlagwort: Poesie
Frühlingseinzug
Die Luft ist lau, die Winde lind, die Vögel ziehen Kreise, die Sonne strahlt, als lächelt sie; die Welt erwacht, ganz leise. Der Baum wiegt langsam hin und her im stillen Morgentanze, deckt seine Kahlheit mit dem Kleid aus Sonnenstrahlenglanze. Die Vogelwelt stimmt an ihr Lied - noch zaghaft hat’s geklungen, dann kam der Frühling über Nacht, hat kräftig mitgesungen. Er streute frisches Grün aufs Land, lässt alles blüh‘n und sprießen, nun kann sich Lebenslust und Sinn in Winterherzen gießen.
Wagen an Wagen
Um Allerseelen in der dunklen Nacht, wenn vor uns stehen, die immer neu unserem Herzen fehlen, - Erinnrung erwacht. An die alten Kirchen, die Hügel im Feld, wo sie schlafen, Vätern und Nachbarn gesellt, in verlorener Heimat über der See, - und an Alle, die hilflos und einsam starben, an Alle, die sinkend im Eis verdarben, die keiner begrub, nur Wasser und Schnee, auf dem Weg unsrer Flucht, - dem Weg ohne Gnade! Und wir ziehen im Traum verwehte Pfade Wagen an Wagen, endloser Zug, der ein Volk von der Heimat trug! Von Norden, von Osten kamen wir, über Heide und Ströme zogen wir, nach Westen wandernd, Greis, Frau und Kind. Wir kamen gegangen, wir kamen gefahren, mit Schlitten und Bündel, mit Hund und Karren, gepeitscht vom Wind, vom Schneelicht blind, - und Wagen an Wagen. Zuckend wie Nordlicht am Himmel stand verlassner Dörfer und Städte Brand, und um uns heulte und pfiff der Tod, auf glühendem Ball durch die Luft getragen, und der Schnee wurde rot, und es sanken wie Garben die hilflos starben, und wir zogen weiter, Wagen an Wagen, - - Und kamen noch einmal, trügrisches Hoffen, durch friedliches Land. Tür stand uns offen, bei jenen, die nicht unser Leiden gekannt. Sie kamen, sie winkten, sie reichten uns Brot, - sie luden die Not am warmen Herde zu sich als Gast. Scheune und Stroh rief müde zur Rast. Doch wir konnten nicht bleiben, wir zogen vorüber Wagen an Wagen und hörten durch Sturm und Flockentreiben das Glockenlied ihrer Türme noch und hörten doch das Dröhnen des Krieges, der hinter uns zog, und vom Wegkreuz bog, blutend, mit ausgebreiteten Armen, sich dorngekrönter Liebe Erbarmen. Wir konnten nicht halten, wir konnten nicht knien. Sie kamen hinter uns, Wagen an Wagen, - Unsre Herzen nur schrien: O blick nach uns hin! Wir wandern, wir wandern, endloser Zug, Volk, das die Geißel des Krieges schlug, entwurzelter Wald, von der Flut getragen, - Wohin? Wohin? - - -
Der Sadist
Nur seinesgleichen kann er lieben, ansonsten liebt der nur sein Spiegelbild. Gute Gefühle hat sein Wahn vertrieben, normales Denken ist nicht seine Welt. Erheitert ist er, wenn durch seinen Terror die Angst das Grausen auf Gesichtern malt. Hat süffisantes Lächeln und Humor, durch den sarkastisch er mit Worten prahlt. In seinen Augen blitzt ein Teufelsfunke, in seinem Innern wohnt Besessenheit. Halb Dämon, freut sich der Halunke am Massensterben, für den Krieg bereit. Er zieht die Fäden seiner Marionetten, hat Angst vor seinem eignen Untergang. Sie sorgen für den Mord in Städten, befehlsgetreu, und er ergötzt sich dran. Der Teufel lässt ihn vorwärtsschreiten, gefolgt von Jacken ziehenden Experten, und die als Freunde wähnend ihn begleiten, sind doch nur Macht- und Geld-Gefährten. Er glänzt mit Lügen, Status und Potenzen, gibt sich als unbesiegbar harten Mann. Durch seinen Machtkampf will er glänzen, vom Volk poliert sein Größenwahn. Das Böse in ihm wird ihn fällen und mit ihm seinesgleichen ziehen. Wie wird man einst von ihm erzählen? "Der Schreckliche" steckte darin!
Ein Land nach unserer Zeit
Vom Strom der Zeit gelöst und mitgerissen, nichts kann ihn halten, den Moment. Ein Augenblick ist wie ein innig Küssen, zeitlos erlebt, verbunden, dann getrennt. Es streift durch jede Zeit Vergänglichkeit, die Toten tragen Ruhm und Glanz im alten Namen. Im Ganzen lebten sie – Geist existiert und bleibt, Es änderten sich Menschen, Mode, ihr Gebaren. Generationen, wie sie lachten, liebten, und hofften, dass die Menschheit besser würde, und sich letztendlich doch bekriegten, im kleinsten Raum oder der Welt zur Bürde. Sie machten nieder, was der andre baute, zerstörten Existenzen, Hoffnung, Leben, und als am neuen Tag das Chaos graute, lag ein Geruch der Fäulnis auf den Wegen. Gepflastert einst mit Hoffnungsschimmern, hat dies ein Leichentuch längst zugedeckt. Verstummt ist auch das letzte Wimmern, zerstört das Land – ein grässlich leerer Fleck. Wie ein Komet, der einschlug, Leben ändert, wirkt Klimawandel, Krieg und saurer Regen. Die neue Eiszeit kommt, nichts führt zur Wende; der dezimierte Mensch sucht neue Wege.
Kriegslied
von Matthias Claudius (1740-1815)
's ist Krieg! 's ist Krieg! O Gottes Engel wehre, Und rede du darein! 's ist leider Krieg – und ich begehre Nicht schuld daran zu sein! Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen Und blutig, bleich und blaß, Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen, Und vor mir weinten, was? Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten, Verstümmelt und halbtot Im Staub vor mir sich wälzten und mir fluchten In ihrer Todesnot? Wenn tausend, tausend Väter, Mütter, Bräute, So glücklich vor dem Krieg, Nun alle elend, alle arme Leute, Wehklagten über mich? Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten Freund, Freund und Feind ins Grab Versammelten, und mir zur Ehre krähten Von einer Leich herab? Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre? Die könnten mich nicht freun! 's ist leider Krieg – und ich begehre Nicht schuld daran zu sein!
Neuer Klang
Wenn der neuen Zeit entwächst grüner Trieb, wie alten Bäumen, wie sich Glanz auf Stumpfheit setzt, glätten Kräfte im Geheimen, zwanglos einend und verbindend, selben Wurzelholz entspringend, kunstvoll Klang und Harmonie. Aus dem Chaos der Akkorde reihen Noten sich wie Hände, ineinander greifen sie, wo sie lösen und vollenden. Um das Eins-Sein zu bewahren, schwingt es heimlich und berührt. Baumes Kronen offenbaren, welche Kraft hierhergeführt. Lausch dem Singen in den Welten, engelhaft ist der Gesang, lass als Lösung Liebe gelten, wähle weise Kraft und Klang.
Grenzenlose Heimat
Schon als ich klein war, suchte ich auf Erden nach Heimat. Himmlisch sollte sie mir werden, fort von den eng gesteckten Grenzen und Verboten, wo mich die Elternherzen banden hinter Pforten und Kämpfe trugen in die Kindheitsecken, wo lieblos ihre Seelen sich versteckten und Abschied nahmen nach geraumer Zeit, der Arbeit folgten, statt der Zweisamkeit. Die Eltern waren abweisende Gefährten. Sie liebten ihre Werte, wie die Gärten, in altbewährter, wohl erzogener Art, die alles Eigentum vor ‚bösen' Fremden wahrt. Ich habe losgelassen, blick ins Unbegrenzte. Die Sehnsucht band mir helle Zukunftskränze und legt ein weißes Band zum Horizont, wo Gott in grenzenloser Heimat wohnt.
Wenn aus dem Himmel…
von Friedrich Hölderlin (1770-1843)
Rezitation: Christian Reiner
Wenn aus dem Himmel hellere Wonne sich herabgießt, eine Freude den Menschen kommt, daß sie sich wundern über manches Sichtbares, Höheres, Angenehmes: Wie tönet lieblich heilger Gesang dazu! Wie lacht das Herz in Liedern die Wahrheit an, daß Freudigkeit an einem Bildnis – über dem Stege beginnen Schafe den Zug, der fast in dämmernde Wälder geht. Die Wiesen aber, welche mit lautrem Grün bedeckt sind, sind wie jene Heide, welche gewöhnlicher Weise nah ist dem dunkeln Walde. Da, auf den Wiesen auch verweilen diese Schafe. Die Gipfel, die umher sind, nackte Höhen sind mit Eichen bedecket und seltnen Tannen. Da, wo des Stromes regsame Wellen sind, daß einer, der vorüber des Weges kommt, froh hinschaut, da erhebt der Berge sanfte Gestalt und der Weinberg hoch sich. Zwar gehn die Treppen unter den Reben hoch herunter, wo der Obstbaum blühend darüber steht und Duft an wilden Hecken weilet, wo die verborgenen Veilchen sprossen; Gewässer aber rieseln herab, und sanft ist hörbar dort ein Rauschen den ganzen Tag; die Orte aber in der Gegend Ruhen und schweigen den Nachmittag durch.
Feuer der Liebe
Ströme des Leidens, wie in glühender Lava zu steinernem Strom erstarrt, stirbt das Leben den Tod des Erkaltens. Von lieblosen Herzen zu Eis verwandelte Welt, du trägst in dir die Kunst des Verwandelns. Mit flammender Seele taue auf das Eis, mache fruchtbar die Erde durch furchtloses Handeln. Gott legt Stille um die Schattenherzen, bringt sie ins Reich des Vergessens, stillt die Ströme des Leidens durch Hoffnung, schmiedet mit Feuer der Liebe den Ring der Verbundenheit.