Ich fühle, wie Gestalten im Dämmerschatten stehen, sind unsichtbar verknüpft mit meinem Zeitgeschehen, zeigen hilflose Momente, warnend und wohlbekannt, von denen ich mich trennte – vernarbtes Lebensband.
Möcht’ ich mich auch entziehen, in wilder, langer Flucht, so kann ich nicht entfliehen, aus dieser Lebensschlucht. Schau mutig ich hinüber, mit ungetrübtem Blick, bringt dieses Schau’n doch wieder Erinnerung zurück.
Sind’s dunkle Lebensflecken, die dort im Nebel stehen, die mir aus finster’n Ecken tief ins Bewusstsein gehen. Die vielen off’nen Wunden – sie heilen wird die Zeit – sind noch nicht überwunden, obwohl Vergangenheit.
Die alte Zeit ist fort. Mit ihr Generationen. Auf Sand des Einst ist unsre Welt gebaut, als winziges Atom, das schlummert in Ionen. Ihr Bild, verklärt, nur Abbild, mild ergraut.
Verklärte Zeit! Was ist von dir geblieben, wenn das Gedenken manche Wahrheit schönt? Wie war dein Früher? Ist es übertrieben… ist es ein falsches Bild von dir, das uns verhöhnt?
Der Sand der Gegenwart lässt Schritte schwanken. Mein Blick mag ungern manche Wahrheit schauen. So manche Nacht gefüllt mit Taggedanken, die kreisten bis zum nächsten Morgengrauen.
An Fetzen der Vergangenheit zu kleben, fest in sich tragend altes Zeitgeschehen; ringen nach Luft im Wellentanz des Lebens, im Auf und Ab, wie Treibholz und vergehen.
Ich mag in der Vergangenheit wühlen, habe so manche Träne vergossen. Ich dekoriere Eier, spür‘ alte Gefühle; hab sie tief in meinem Herzen verschlossen. Ich tue so, als wären ALLE bei mir. Denn nur, weil IHR gelebt, bin ich hier!
Ich mag Kamine, die rauchen…wie auf meinen Kinderbildern. Häuser, in denen vertraute Menschen wohnen und Gewohnheit, die, wie gewachsen an Jahren, Ringe wie in Stämmen tragen.
Ich mag rote Ziegelstein-Dächer, die bei Regen dunkler werden, dort, die vielen kleinen Schlote, für das Rauchige auf Erden, Kaminfeuer, das in Haus und Gemüt Behaglichkeit versprüht.
Ich mag, wenn Vögel in den Rinnen Regenwasser trinken, auf den Dächern landen und zurück in hohe Bäume fliegen, wo in den Gärten ihre Nester liegen und sie kunstvoll Zweig am Zweig verbinden.
Ich mag, wie in der Kindheit auf der steinernen Treppe sitzen, Lakritz-Wasser trinken und Glanzbilder in Opas Zigarrendose betrachten, die Unbeschwertheit weniger Tage genießen und abends mit Grießbrei den Abend beschließen.
Ich mag die ferne Zeit in unserem Garten, wo Ostereier noch mancherorts lagen. Als ich zum jährlichen Osterfest unter den Sträuchern fand so manches Nest.
Dort, wo die Osterfeuer nicht verboten, sondern der Freude dienen und dem Brauch. Wo uns niemand am Menschsein hindert, das eigentlich gut war, als wir erschaffen, das mag ich auch!
Wie soll ich den Frühling genießen, mit all seinen Blumengeschenken, wo unlängst die Blüte der Liebe verwelkte, in meinen Händen?
Wie kann die Sonne meine Seele erwärmen, mit all ihrem Strahlengefunkel? Wenn Tränen mir Sinn und Antlitz verhärmen, bleibt mein Herz kalt und dunkel.
Wie kann ich Hoffnung in Gedanken binden, wo alle Zukunftsbilder jüngst zerstört? Wo werd’ ich jemals wieder finden, was mir noch nie zuvor gehört?
Kann sich das Schweigen aus Gräberreihen, wo kein Kreuz gleicht dem andern, wie ein Wunder durch himmlischen Schluss, ganz plötzlich in Lachen verwandeln?
Gewesen ist, was längst vorbei, doch liegt Vergangnes in den Zellen, schäumt die Erinnerung dabei sich manchmal auf zu Sturmeswellen.
Hast du verdrängt die alten Lasten, so stecken sie doch tief in dir; du willst zu neuen Dingen hasten, blockierst dir selbst die offne Tür.
Will die Erfahrung dunkel trüben die wahre Sicht, die gar nicht schlecht, lässt dich dein Zweifeln unterliegen – wird der Vergangenheit gerecht.
Die Zeit hüllt den Vergessensschleier um alle Dinge, die geschehn, denk‘ an den Morgen, werde freier, dann wirst du bald die Sonne sehn.
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