Des Gottes Bilderbuch ist aufgeblättert, es schlägt die Zeit für uns die Seiten um. Wer sagt, Gott bleibt auf unser Fragen stumm? Wer, der sein volles Lebensglas zerschmettert, eh er zu Ende trank, gibt Gott die Schuld? Wir strafen uns mit eigner Ungeduld. Wir lernen nichts als zählen und benennen, wir wollen wissen, aber nicht erkennen. Die Kraft der Deutung fehlt uns, weil wir blind und lieblos gegen uns und andre sind. Und Gottes Bilderbuch liegt aufgeschlagen vor aller Augen! Doch wir fragen – fragen!
Foto: Almuth Köhler, Mein Vater backte die leckersten Torten
Familie, in die hineingeboren, ich mich wie ausgeliefert sah. Als Baby, neu und unverdorben, nahm ich den Vater ‚böse‘ wahr.
Sein Schreien, aggressiv im Tone, sein Schlagen, wenn ein Wort nicht passte, bis ich dem Männerbild zum Hohne ein Vater-Abziehbild verpasste.
Ich musste ‚Bitte, Bitte‘ machen, wenn Vater was gewähren sollte. Ins Wohnzimmer geschlichen bin ich, damit der Vater mir nicht grollte.
Foto: Almuth Köhler – Aus Familienbeständen
Und meine Mutter stand ganz stumm, wenn voller Furcht die Tränen rannen. Was Vater tat, schien ihr nicht dumm, ich sollte Folgsamkeit erlangen.
Und jede Träne war sein Ziel, er hasste meine jungen Schwächen. Für ihn war es ein ‚schwarzes‘ Spiel, mich bei Missfallen zu verdreschen.
Foto: Almuth Köhler – Aus Familienbeständen
Ich liebte ihn, trotz alledem. Er war mein ‚böser Friederich‘*. Erst spät im Alter konnt‘ ich sehn, weshalb am Leben man zerbricht.
So lieblos, wie man ihn erzog, gab er‘s cholerisch mir zurück. Dass man mit falschen Werten wog, ist der Gewissheit schweres Stück.
*aus dem „Struwwelpeter“
Anmerkung: Mein Vater wurde mit 15 Jahren zum Militär einberufen. Sämtliche Kameraden sind damals in Stalingrad gefallen. Er war zwei Jahre in französischer Kriegsgefangenschaft. Solch eine Erfahrung bleibt nicht ohne Folgen.
Es ist der Glaube keine Blüte, die dir ein andrer reichen kann.
Und wär sie lauter wie des Spenders Güte und rein und unberührt, auch dann wird sie bei dir das kurze Dasein fristen, das eine Blume lebt im Wasserglas.
Der Glaube ist ein Baum, in dem die Vögel nisten, und mächtig liegt sein Schatten auf dem schwanken Gras.
Greif‘ nicht nach fremder Bäume Blüten, den eignen zarten Glaubenskeim nimm wahr und zieh ihn auf und such zu hüten ihn vor des Zweifels Frostgefahr.
Dass einst der Baum hoch in die Lüfte trage sein Haupt und dir’s mit Blüten lohne, und dass sein Stamm, den Stürmen trotzend, rage und seine Arme schirmend breite in der Krone.
Ich liebe dich so sehr, dass ich vergaß, dass wir nicht Eins sind, sondern zweigeteilt. Ich liebe dich so über jedes Maß, dass mich die Trennung wie ein Todeskampf ereilt.
Ich habe nächtelang gelegen und gewacht! Wer einst zusammenführend uns gelenkt, der kann nicht Absicht haben und bedacht, die Liebe hindern, weil er uns nun trennt.
So wie ein Leuchtturm steh’ ich, felsenfest; du kennst den Weg zurück, er steht dir frei. Noch schüttelt mich der Neige bittrer Rest, des Daseins Kelch dir abgenommen sei.
Was fürchtest du? Du bleibst in deiner Welt. Doch ihrer Ordnung dienst du nicht allein! Der Seit an Seit uns zueinander stellte, wird Planer unsrer Lebenswege sein.
Bringt dich die Liebe einst zurück zu mir, gelenkt von ihm, der einzig weiß warum, dann öffnet er uns Herz und Seelentür und wandelt Tod in neues Leben um.
Der lange Weg, er teilt sich in der Mitte Und jeder Abzweig strebt ins Nirgendwo. Du wähltest deinen Weg, mit festem Schritte, längst bist du weit von mir, im Irgendwo.
Hast ein Kleinwenig noch am Horizont gestanden. Hast deinen Kopf nach mir gewandt ein letztes Mal. Als meine Hoffnungen mit dir im Nichts verschwanden, hab ich geweint in langer, stiller Qual.
Du ließest mich zurück. Im Alltagstreiben war mir dein Leben völlig abgewandt. Wenn tausend Dichter ‚schön’ von Liebe schreiben, dann haben sie die unsre nicht gekannt!
Was mir ein Glück zu sein schien, war kein Segen, es war nur Illusion, ein Tränenhort. Die spülten wie ein sintflutart’ger Regen all unsre Herzverbundenheit hinfort.
Die ‚kalten’ Augen wähltest du! Die warmen sind doch längst trüb geweint, vom Gram ganz alt. Du lässt dich von Erinnerung umarmen und willst nicht sehn: Die Gegenwart bleibt kalt.
Noch fühlen wir Gedanken. – Sie vergehen! Erinnerung verblasst – der Weg ist weit! Und unsre Liebe blieb am Wegkreuz stehen, bald liegt sie tief unter dem Schnee der Zeit.
Die Uhr blieb stehn, nach mehr als 100 Jahren. Ein silbern Zifferblatt, vom Glas bedecktes Kleid, trotzte so manchen Kriegsgefahren, doch schließlich siegt der Zahn der Zeit.
Die Zeiger ruhn, sie zogen ihre Runden, als ich von Krieg und Frieden keine Ahnung hatte. Im Zeichen bittrer oder süßer Stunden drehten die Räder unter’m Zifferblatt.
Dem Ticken folgte eine ‚laute‘ Stille, war wie ein Zeitensterben dann. Die Uhr, nur schwarz und hölzern ihre Hülle, auf die ich nichts mehr lesen kann.
Ihr Schlagwerk musste lange schweigen, doch weiß ich noch den Klang zur vollen Runde, mit dem er prägte meinen Lebensreigen und manch durchlebte Kinderstunde.
Als Kind sah ich oft mahnend Omas Hand, wenn zaghaft sie den großen Schlüssel nahm und jedes Dreh’n die Feder wand, damit das Pendel in Bewegung kam.
Voll Übermut hät‘ ich gern aufgezogen, was meiner Oma lieb und teuer war. Doch ich war klein, Impuls bewogen, den Schlüssel wollt ich nehmen, unsichtbar,
und auf ein Bänkchen steigen, ungestört den Schlüssel drehen…bis die Feder sprang, den Dialekt in Omas Schimpfen hören… verklärt mein Blick zurück ins Irgendwann.
Die Zeiger stehen still, die Zeit blieb stehn. Für mich ein Zeichen von Vergänglichkeit. Als Kind hab ich die Raben fliegen sehn, als sie entkamen aus dem Uhrenkleid.
Wenn Räder, bunt, im Winde drehen, wenn unsre Lebenslust erwacht, wenn sanft die milden Lüfte gehen, Natur sich streckt nach langer Nacht;
wenn sich die Erdenporen weiten, erwartungsvoll im Morgenlicht, und durch der tiefen Nebel Breiten, die Sonne durch die Wolken bricht;
wenn aus den harten Erdenritzen, die Pflanzenwelten aufwärts streben, und bunte Frühlingsblumen-Spitzen die Erde auseinander heben;
wenn Vögel wieder Nester bauen und in der Morgenfrühe singen, wenn tausend Augen Wunder schauen, dann wird die Frühlingszeit beginnen.
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