
Wenn warm die Sonne
durch die Wolken bricht
und will der Welt
die ersten milden Strahlen spenden,
streckt sich der Mensch
wie eine Blume
nach dem Licht,
der Kälte müd’,
wird er sich zu ihr wenden.
Gedichte und Poesie von Gisela Seidel über Gott und die Welt

Wenn warm die Sonne
durch die Wolken bricht
und will der Welt
die ersten milden Strahlen spenden,
streckt sich der Mensch
wie eine Blume
nach dem Licht,
der Kälte müd’,
wird er sich zu ihr wenden.

Ich mag in der Vergangenheit wühlen,
habe so manche Träne vergossen.
Ich dekoriere Eier, spür‘ alte Gefühle;
hab sie tief in meinem Herzen verschlossen.
Ich tue so, als wären ALLE bei mir.
Denn nur, weil IHR gelebt, bin ich hier!
Ich mag Kamine, die rauchen…wie auf meinen Kinderbildern.
Häuser, in denen vertraute Menschen wohnen und Gewohnheit,
die, wie gewachsen an Jahren, Ringe wie in Stämmen tragen.
Ich mag rote Ziegelstein-Dächer, die bei Regen dunkler werden,
dort, die vielen kleinen Schlote, für das Rauchige auf Erden,
Kaminfeuer, das in Haus und Gemüt Behaglichkeit versprüht.
Ich mag, wenn Vögel in den Rinnen Regenwasser trinken,
auf den Dächern landen und zurück in hohe Bäume fliegen,
wo in den Gärten ihre Nester liegen und sie kunstvoll Zweig am Zweig
verbinden.

Ich mag, wie in der Kindheit auf der steinernen Treppe sitzen,
Lakritz-Wasser trinken und Glanzbilder in Opas Zigarrendose betrachten,
die Unbeschwertheit weniger Tage genießen und abends mit Grießbrei den Abend beschließen.
Ich mag die ferne Zeit in unserem Garten,
wo Ostereier noch mancherorts lagen.
Als ich zum jährlichen Osterfest unter den Sträuchern fand so manches Nest.

Dort, wo die Osterfeuer nicht verboten, sondern der Freude dienen und dem Brauch.
Wo uns niemand am Menschsein hindert, das eigentlich gut war, als wir erschaffen,
das mag ich auch!

Wie soll ich den Frühling genießen,
mit all seinen Blumengeschenken,
wo unlängst die Blüte der Liebe verwelkte,
in meinen Händen?
Wie kann die Sonne meine Seele erwärmen,
mit all ihrem Strahlengefunkel?
Wenn Tränen mir Sinn und Antlitz verhärmen,
bleibt mein Herz kalt und dunkel.
Wie kann ich Hoffnung in Gedanken binden,
wo alle Zukunftsbilder jüngst zerstört?
Wo werd’ ich jemals wieder finden,
was mir noch nie zuvor gehört?
Kann sich das Schweigen aus Gräberreihen,
wo kein Kreuz gleicht dem andern,
wie ein Wunder durch himmlischen Schluss,
ganz plötzlich in Lachen verwandeln?

Der Vollmond schimmert silbrig in mein Zimmer.
Es ist noch morgenfrisch; langsam vergeht die Nacht.
Um vier Uhr öffne ich die Außentür, wie immer.
Die Katzen haben schlaflos neben mir gewacht.

Sie brachten ihre liebsten Spiel-Geschenke,
damit ich mich aus meinem Bett erhebe.
Nun sind sie draußen, und ich denke,
es ist noch früh. Wenn ich nur wieder läge!

Ich schneide Fleisch, zur morgendlichen Stunde,
bringe das Katzenfutter, nass und trocken,
hol frisches Wasser, stell es in die Runde,
säuber‘ ihr Klo. Mein Bett mag mich noch locken.

Die beiden Katzen haben sich nach einer Weile
längst ausgetobt und liegen faul wie Sofakissen.
Ich blick betreten, müd und schreibe diese Zeile:
Nun bin ich wach. Ich hätt‘ es wissen müssen!



Und manchmal,
wenn sich die Sonne neigt,
mit gedämpftem Licht
hinter die Dächer steigt,
ja, manchmal
bin ich der Einsamkeit müde,
mit der ich so lange verwoben,
und ich bitte Gott, dass er mich trüge
von hier unten zu sich nach oben.
Doch manchmal,
erwache ich morgens und strecke
mich gierig aus nach dem Leben,
will Neues und noch vieles mehr –
hab’ keine Zeit zu vergeben.
Und manches Mal denk ich,
so lang ist mein Weg,
den ich mich zu gehen getraue,
so allein, voller Neugier und unentwegt –
geht meine Fahrt ins Blaue.

Ängste, die ins Zimmer gleiten,
unvernehmbar still und leis,
Leiten dich durch Dunkelheiten,
auf ein düstres Nebengleis.
Fern vom täglichen Getöse,
angebunden an das Leid,
schaun, dass sich kein Faden löse,
aus dem Angst verwob‘nen Kleid.
Zerren deinem Gottvertrauen
manchen Zweifel aus der Krone.
Halten dich in ihren Klauen,
Lebensfreude wird zum Hohne.
Fehlerhaft das Pentagramm,
wenn der Dämon nicht mehr weicht.
Schlaflos sind die Nächte lang.
Schau, wie Nosferatu schleicht!
Geifernd schwebt er durch die Fenster,
hört dein angstvolles Erflehen.
Ach, es sind doch nur Gespenster!
Schau, wie die Gardinen wehen!
War doch nur ein böser Traum.
Weinend bist du aufgewacht.
Wiederkommen wird er kaum –
bald schon kommt die neue Nacht!

Freundschaften, die gar keine sind,
entlarvt man in Krisenzeiten.
Plötzliche Klarheit! Man ist nicht mehr blind,
wenn sie uns nicht mehr begleiten.
Was sich verband mit dem täglichen Tun
war wie ein ‚Gebrauchsgegenstand‘.
Jetzt, wo nicht mehr blieb, als lästiges Ruhen,
hat man sich still abgewandt.
Das Telefon klingelt längst nicht mehr,
die vertrauten Stimmen – verstummt.
Meine Anrufliste gelöscht und leer;
da ist auch kein Handy, das summt.
So einsam kann überhaupt niemand sein,
denkt man und gibt sich die Schuld.
Es geht sicher schlimmer, bin nur allein;
mich drückt inn’re Ungeduld.
Das Sprechen verlernt man in ‚Einzelhaft‘,
man IST nur noch über Gedanken.
Erinnerungen, in denen keiner lacht;
mein Leben geriet ins Wanken.
Da ist keine Hand, die mich sicher hält.
Sie sind schon alle gegangen!
Wo sind die Freunde in meiner Welt?
Unlösbar mein Unterfangen.
Verlassen hat man schon lange den Bund,
hat bessere Freunde gefunden.
Mein blinder Fleck auf dem Erdenrund?!
Freundschaft für Jahre, für Stunden?
„Freundschaften wachsen, wenn man sie pflegt.“
Hab ich ‚zu wenig gegossen‘?
Traurig ‚Verbundenheit‘ abgelegt,
das Schicksal hat’s so beschlossen.

Glücklos waren manche Tage,
tränenreich, die Nächte lang.
Einer Dornenkrone Plage
war die Überwindung dann.
Auferstanden aus Ruinen,
aus der Asche Neubeginn.
Menschen wählen Licht und Schatten,
schmerzensreich des Lebens Sinn.
Glücklich zählen sich Erlöste,
die in Christus auferstehen.
Doch wer Falsches sucht, der tröste
sich mit Werden und Vergehen.
Menschen tragen Lust und Not,
unbeschwert und unbelehrt,
kreisend durch Geburt und Tod,
sind sie nur zurückgekehrt.
Irgendwann des Wanderns müde
rebelliert der alte Geist,
und er sucht des Auswegs Trübe,
der den Weg „Erlösung“ weist.
Schmerzensreich ist diese Krone,
jubelnd nimmt er sie nun an.
Nicht als Sühne – nur zum Lohne,
dass Erlösung werden kann.

Kühle Winde stoben,
bald ist es April,
und das Wetter droben,
weiß nicht was es will.
Treibt die Winterwesen
durch die grauen Gassen,
fegt mit feinem Besen
über Feld und Straßen.
Jung und Alt erleben
Vogelsang und Wende.
Frühlingsgeister geben
sich die Sonnenhände.
Knistern, Brechen, Heben
unter dunklen Schollen,
und das bunte Leben
hebt sich aus den Knollen.
Segensreich erneuern
wird die Frühlingszeit,
schmückt mit frischen Farben
tristes Erdenkleid.

Wenn des Lebens Abenteuer
noch an jeder Ecke warten,
fühlt man langer Wagnis Feuer,
durch das viele Pläne starten.
Wo der Weg bereitet liegt,
frei von Steinen oder Stufen.
Wo Barrieren frei er biegt,
hin zu unbekanntem Rufen.
Wie ein Blinder vorwärts geht,
ohne Licht, doch zielbewusst.
Geht ein jeder, und er strebt
froh ergeben und mit Lust.
Fühlt und tastet sich voran,
sieht sich schicksalhaft geführt.
Stolpert er auch dann und wann,
bleibt sein Streben unberührt.
Ohne Ende scheint der Weg.
Vor ihm liegt ein fernes Ziel?!
„Gib nur alles, und du bleibst!“,
wird für ihn ein Pflichtgefühl.
Wund gelaufen ist der Fuß,
muss bald kleine Schritte gehn.
Ihm entzieht sich manches Muss
und die Zeit um ihn bleibt stehn.
An der Schwelle angelangt
zögernd noch der letzte Schritt.
Lauscht des Liedes Abgesang,
nimmt den Glanz des Himmels mit.
Bis zum Abschied von der Welt
blüht ein jeder in der Zeit.
Erst wenn Blatt und Blühte fällt,
vereint uns Gott und Ewigkeit.