Wahrer Reichtum

Bild von Mykhailo Kolisnyk auf Pixabay
Mit Geld kann man sich keine Liebe kaufen,
auch keine Hoffnung, keinen Glauben, keinen Mut,
denn die Gefühle, die im Innern laufen,
sind unbezahlbar, Geist verbunden gut.

Die Neigung, warm und ehrlich zu erringen,
des Freundes Herz zu öffnen, lebenslang,
zählt zu den wertvoll, teuren Liebesdingen,
die man millionenschwer nicht kaufen kann.

Die Schulter, um die müde Stirn daran zu legen,
vertrauensvoll stets Hand in Hand zu gehen,
wird über abgrundtiefen Erdenwegen
die starke Brücke sein zum Drüber gehen.

Geld ist ein Ausgleich, der das schwere Leben
und dessen Last zu tragen, leichter macht;
kein Reicher dieser Welt kennt das Erleben,
wenn ihm der Magen knurrt bei Tag und Nacht.

So träumt ein Mensch, der durstig ist, vom Wasser,
wenn ihm das Bild der Welt wie eine Wüste gleicht;
kein Reichtum macht ihm dort die Hitze nasser,
er sieht nicht, wie ihm Gott den Becher reicht.
Bild von Anja auf Pixabay

Rausch und Leidenschaft

Károly Brocky, or Charles Brocky (1808-1855)
Leidenschaft lässt sich kaum lenken! -
Widerstrebend ist das Fühlen,
wenn im Taumel des Genusses
heiße Triebe unterkühlen.

Unbefriedigt bleibt die Seele
brennend in des Geistes Lähmung,
hemmt die Leistung des Verstandes,
macht aus purer Lust Beschämung.

Tödlich leer verbleibt die Kühle -
unbedeckt lag das Verlangen,
offenbarte Rausch und Schwüle,
die im Hin und Her verfangen.

Quälend, die Unwägbarkeiten,
schwer voraussehbar das Bangen,
nicht in rauschbefreiten Zeiten
inneren Frieden zu erlangen. 

Einsamkeit und stille werden
im Verstehen und im Handeln,
wird mit ruhiger Hand auf Erden
jeden Trieb des Rausches wandeln. 

Osterspaziergang

Vor dem Tor

von Johann Wolfgang von Goethe – Faust I

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

Scherenschnitt – Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

April

von Erich Kästner

Der Regen klimpert mit einem Finger
die grüne Ostermelodie.
Das Jahr wird älter und täglich jünger.
O Widerspruch voll Harmonie!

Der Mond in seiner goldenen Jacke
versteckt sich hinter dem Wolken-Store.
Der Ärmste hat links eine dicke Backe
und kommt sich ein bisschen lächerlich vor.

Auch dieses Mal ist es dem März geglückt:
Er hat ihn in den April geschickt.

Und schon hoppeln Hasen,
mit Pinseln und Tuben
und schnuppernden Nasen,
aus Höhlen und Gruben
durch Gärten und Straßen
und über den Rasen
in Ställe und Stuben.

Dort legen sie Eier, als ob’s gar nichts wäre,
aus Nougat, Krokant und Marzipan.
Der Tapferste legt eine Bonbonniere.
Er blickt dabei entschlossen ins Leere.
Bonbonnieren sind leichter gesagt als getan.

Dann geht es ans Malen. Das dauert Stunden.
Dann werden noch seidene Schleifen gebunden.
Und Verstecke gesucht. Und Verstecke gefunden:
hinterm Ofen, unterm Sofa,
in der Wanduhr, auf dem Gang,
hinterm Schuppen, unterm Birnbaum,
in der Standuhr, auf dem Schrank.

Da kräht der Hahn den Morgen an!
Schwupp sind die Hasen verschwunden.
Ein Giebelfenster erglänzt im Gemäuer.
Am Gartentor lehnt und gähnt ein Mann.
Über die Hänge läuft grünes Feuer
die Büsche entlang und die Pappeln hinan.
Der Frühling, denkt er, kommt also auch heuer.
Er spürt nicht Wunder noch Abenteuer,
weil er sich nicht mehr wundern kann.

Liegt dort nicht ein kleiner Pinsel im Grase?
Auch das kommt dem Manne nicht seltsam vor.
Er merkt gar nicht, dass ihn der Osterhase
auf dem Heimweg verlor.

Erich Kästner (1899-1974)

Waffen der Liebe

Die ganze Welt ringt mit Gewalt,
voll Hass die einen, andere dulden schweigend;
am Ende jedes Kreuzwegs nimmt Gestalt,
was ahnungsvoll sich an Karfreitag zeigend.

Die Trauer zieht durchs Erdenreich,
es hängt am Kreuz der stille Überwinder;
der Henker machte ihn Verbrechern gleich.
ER ist der Sieger und der Wahrheitskünder!

Die ihn zu Tode quälten, sahen es als Pflicht,
verschlossen hinter Felsen seine Spur;
das Grab war leer – den Leichnam sah man nicht,
nach Golgathas entsetzlicher Tortur.

Waffen der Liebe triumphierten,
noch tun die Henker sich den Mördern gleich;
die Welt wird sich der Wahrheit beugen,
die Auferstehung folgt dem Totenreich.

Mut und Glaube

Die Frühlingswiese ist erfüllt mit Licht -
schau, wie es flammend aus den Wolken bricht,

und wie ein milder Wind darüber streift,
es tief im Boden hin zur Ernte reift.

Den Winterstaub wäscht zarter Regen fort,
ein bunter Bogen spannt am Himmelsort,

verbindet Abschied, Nacht mit Morgenrot,
erhebt ein neues Leben nach dem bitteren Tod.

Kein hehres Zeichen, das die Furcht uns raubt,
trägt mit sich Mut, so, wie ein Mensch, der glaubt.

Halbvergessene Lieder

Bild von didier aires auf Pixabay
Nebelbilder steigen aus den Wiesen,
treiben über strauchverhangene Klüfte,
tanzen, - wie auf unsichtbaren Füßen,
ziehen sie durch kühle Frühlingslüfte.

Über Wald und Heide klingt ein Lied,
wie von tausend Federschwingen;
im noch zart erwachten Sonnenlicht
hört man‘s zwitschern, rufen, singen.

Alte Bäume, wie sie schweigen! -
Noch hört man kein Blätterrauschen.
Nach des Winters rauem Treiben,
gibt’s schon bald ein Kleidertauschen. 

Knospen grünen an den Zweigen,
deren Nacktheit zart bedeckend,
und die ersten Blüten zeigen
sich dazwischen, an den Hecken. 

Droben ziehn die weißen Wolken
über bunten Frühlingswiesen,
auf dem Dach erzählt die Amsel,
will den stillen Tag begrüßen.

Singt die halbvergessenen Lieder,
dringen tief in unsere Seele – 
jedes Jahr erklingt es wieder,
aus des wilden Vogels Kehle! 

Nach Golgatha folgt Ostern

Gethsemane – Carl Heinrich Bloch (1834-1890)
Wie Tentakel saugt es leer die Welt -
Böses hält sie fest in ihren Fängen;
hoffnungslos scheint es um sie bestellt,
blutleer wird sie sein, nach Opfergängen.

Und das sieche Volk schwimmt obenauf,
ausgebeutet durch Vampire dieser Zeit;
taumeln in den Sumpf im Todeslauf,
und das Leben trägt ein Trauerkleid.  

Sind’s die letzten Phasen eines Niedergangs,
sind es letzte Zuckungen der kranken Welt?
Gibt es noch Genesung nach dem Gang
oder ist ihr Todeskampf bestellt?

Lichtgestalt – der Geist, der nie vergeht -
wandelst du noch heute durch die Reihen?
Der vor Gütigen und Reinen steht,
gib den düsteren Stirnen ein Verzeihen!

„Menetekel“ wird als Warnung offenbar,
übersättigt nagt der Hungerschrei,
denn das Unglück dieser Welt ist nah –
Göttlichkeit und Liebe steh‘ uns bei!

Frühlingsmorgen

Wie die vielen Vögel singen!
Heben Sinn und Neubeginnen,
was man wohl willkommen heißt.
Über allem ruht der Geist.

Er, der Meister aller Töne,
der das wohl Erhabene, Schöne,
einstig schuf aus Wort und Sinn,
setzt es fort im Neubeginn.

Bild von Christiane auf Pixabay

Hört am lichten Tag das Singen!
Liebevoll klingt das Beginnen,
füllt des Lebens Füllhorn stumm,
wandelt Tod in Leben um.

Vertreibt Leere der Gedanken,
bringt die Dunkelheit ins Wanken,
Lässt auf bunten Wiesen blüh‘n,
Vergissmeinnicht und Tausendschön.

Ernte des Lebens

Quelle: Pinterest
So, wie ein Landwirt sein - ein Feld bebauen,
es fruchtbar machen, räumen Stein für Stein,
dem Wind, der Sonne und sich selber trauen,
zum Himmel schauen und geerdet sein.

So viele Ackerfelder, die als Brachland liegen,
das ungenutzt unter den Steinen ruht -
sie fortzuräumen und mit neuen Trieben
das Feld bebauen, liebevoll und gut.

Ein guter Same soll auf Äcker fallen,
die wohl besät im Sonnenlicht entstehen,
mit Wind und Regen aus den Himmelshallen
werden sie erntereich zum Ziele gehn.