Zwischen grünen Hecken lag mein Garten - längst ist er in fremder Hand und fern; war Bewusstseinsträger und mein Warten auf das Helle in „des Pudels Kern“.
Angelegt war er in Fleiß und Arbeit, zwischen Stahlwerk und 12 Stunden Last. In der Laube: kurzes Glück zu zweit, seltenes Lachen, Aufbruch nach der Rast.
Foto: privat – Meine Großeltern Helene und Robert Nicolay, 5oer Jahre
Plumpsklo Inhalt auf die Beete tragen - gelbe Kleckse säumten Weg und Ziel; übel roch ‚der Dünger‘ vorm Vergraben, bis er erdbedeckt vom Spaten fiel.
Opa richtete, veredelte und pflanzte Stangenbohnen und ein Erdbeerfeld; bis ich unter vielen Bäumen tanzte - wohl behütet war die Gartenwelt.
Flüchtete hinaus so manche Stunde, lauschte dort den Vögeln, dem Gesang; staunte über die Insektenfunde, die ich hüpfend in der Wiese fand.
Wachsend, das Bewusstsein jedes Lebens - auf dem Fundament des ewigen Gartens; Leid gedüngt, in Liebe um das Streben, groß der Preis, den erntend wir erwarten.
Im Namen der vielen Menschen, die nach Vertreibung aus Österreich dort Heimat fanden und im letzten Jahrhundert wieder das Land verlassen mussten, habe ich dies Gedicht auch im Andenken an Immanuel Kant im Jahre 2004 verfasst. Obwohl ich nie dort gewesen bin, habe ich mich aufgrund der Erzählungen meiner Oma immer verbunden gefühlt. Geschichten mysteriöser Vorkommnisse einer kinderreichen Bauernfamilie, mit einem Hauch Melancholie behaftet, der immer noch durch meine Tage schwebt.
Ostpreußen
Östlicher Geist lässt mich nicht ruhn, verwurzelt tief in mir, erfüllt mein Herz, und als entfernte sich von dort mein Tun, trieb all’ mein Denken dennoch heimatwärts.
Konnte nicht lassen von den alten Plätzen, rief doch die Heimat tief in meiner Brust. Melancholie spricht hier aus diesen Sätzen, und weckt in mir die alte Sinneslust.
Du fernes Land, vertraut war mir dein Duft, in großer Weite bis zum Horizont der Blick, herb war dein Klima, rau die Küstenluft, gern denke ich an Königsberg zurück.
Wo dunkle Wälder sich in lichten Breiten erstrecken bis zum Memel Strand, wo Störche stolz durch weite Sümpfe schreiten, dort treibt der kalte Wind durchs flache Land.
Du, meines Wirkens Stätte, ach, so fern, längst wächst das Gras über die alten Mauern, wird die vergang’ne Zeit in meiner Seele Kern doch alle Ewigkeiten überdauern.
Die Zeit steht still. Wir sind es, die vergehen. Und doch, wenn wir im Zug vorüberwehen, Scheint Haus und Feld und Herden, die da grasen, Wie ein Phantom an uns vorbeizurasen. Da winkt uns wer und schwindet wie im Traum, Mit Haus und Feld, Laternenpfahl und Baum.
So weht wohl auch die Landschaft unsres Lebens An uns vorbei zu einem andern Stern Und ist im Nahekommen uns schon fern. Sie anzuhalten suchen wir vergebens Und wissen wohl, dies alles ist nur Trug.
Die Landschaft bleibt, indessen unser Zug Zurücklegt die ihm zugemeßnen Meilen.
Im Galarock des heiteren Verschwenders, ein Blumenzepter in der schmalen Hand, fährt nun der Mai, der Mozart des Kalenders, aus seiner Kutsche grüßend, über Land.
Es überblüht sich, er braucht nur zu winken. Er winkt! Und rollt durch einen Farbenhain. Blaumeisen flattern ihm voraus und Finken. Und Pfauenaugen flügeln hinterdrein.
Die Apfelbäume hinterm Zaun erröten. Die Birken machen einen grünen Knicks. Die Drosseln spielen, auf ganz kleinen Flöten, das Scherzo aus der Symphonie des Glücks.
Die Kutsche rollt durch atmende Pastelle. Wir ziehn den Hut. Die Kutsche rollt vorbei. Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle. O, gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!
Melancholie und Freude sind wohl Schwestern. Und aus den Zweigen fällt verblühter Schnee. Mit jedem Pulsschlag wird aus Heute Gestern. Auch Glück kann weh tun. Auch der Mai tut weh.
Er nickt uns zu und ruft: „Ich komm ja wieder!“ Aus Himmelblau wird langsam Abendgold. Er grüßt die Hügel, und er winkt dem Flieder. Er lächelt. Lächelt. Und die Kutsche rollt.
Die Silberwölkchen, die vorüberschwebten, die längst in eine ferne Himmelheimat zogen, die munter treibend unseren Tag belebten, sind unergründlich in die Dunkelheit geflogen.
Der Himmel hat sich umgefärbt in dunkel, mit Wolken, die dranhängen, regenschwer; durch erst erwärmte Lüfte trieb ein Funkeln von fernen Blitzen, tief im Wolkenmeer.
Das helle Lied der Vögel ist verklungen, es liegt Gewitterluft auf ihren Kehlen; mit schwerem Atem hat die Stadt gerungen, denn unberechenbar wird er sie quälen.
Die Menschenaugen, die verblendet schauen, sehn nur die dunklen Wolken vor dem Licht, sehn, wie sich Unwetter zusammenbrauen, doch die Erkenntnis daraus sehn sie nicht.
So nutzlos scheinend, wie dem Meer der Regen, das doch längst alles Wasser in sich hat, erscheinen der Naturgesetze Fluch und Segen, die richten werden blinde Menschentat.
In mir ist Stille, Ruhe geht in Resonanz, als Echo aller leisen Töne, die in mir sind – die Seele tanzt, folgt sanft dem Takt, dem schwingend schönen, der in der stillen Nacht verklingt und wiederkehrt im Morgenlicht, das mir die Taggedanken bringt, trotz noch verschlossener, dunkler Sicht.
Weckt mich hinein in Raum und Zeit, lässt meinen Tag ein Lächeln sein, gibt mir zurück ein Frühlingskleid, das bunt und schön im Sonnenschein.
Bildausschnitt „Birth of love“ – Vladimir Kush *1965
Die Jahre voll vom ruhelosen Wandern, vom Tun, das meinen Tag wohl füllte, doch leer die Welt mir ließ, wie all den Andern, denen sich Sicht und inneres Bild verhüllte.
Nichts konnte meine tiefe Sehnsucht stillen, die Tag für Tag nach Sinn und Liebe strebte, nichts, nur mein starker Daseinswille, der tot für jede Lebenswahrheit lebte.
Inmitten all der scheinbar nutzlosen Erfahrung, die Leid und Schmerz in meinen Alltag brachte, war es mir plötzlich wie ein Hauch von Wahrheit, die mich berührte, wach und fühlend machte.
Es konnte sich die Glut in mir entfachen, lebendig alles Falsche niederbrennen, die Flamme, die mir Halt und Wahrheit brachte, allmählich Lebenssinn und Ziel benennen.
Schlafende Seelen - wandert nicht durchs Leben mit toten Augen, die nicht sehen; lasst uns gemeinsam vorwärtsstreben, zur Göttlichkeit, um zu verstehen.
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