Ich will euch künden, Kinder dieser Welt,
was euer ist,
was euer Seelenschrein verschlossen hält,
bis ihr es wisst,
bis ihr das Heiligtum in euch entdeckt,
bis ihr gleich mir
zum Künder werdet und die Andern weckt.
Sie leiden hier,
sie leiden euer Leid und wissen’s nicht,
denn traumbefangen
gehen sie dahin, und ihrer Seele Licht
ist leidverhangen.
Was sie erschaffen, wandelt sich zu Staub
in ihrer Hand.
Ihr nur dem Äußern zugewandtes Sein,
sie nennen’s Pflicht;
daß sie das Heiligtum entweihn,
sie wissen’s nicht.
Es führt sie kreuz und quer und
führt sie weit ihr Wissensdrang;
in sich zu gehn jedoch fehlt es an Zeit,
denn dieser Gang,
der nächste, kürzeste zum wahren Ich,
wird erst getan,
sieht man die Brücken brechen hinter sich
und seinem Wahn.
Die Antwort, die das Leben schuldig blieb,
hier hört man sie,
und Sehnsucht sänftigt sich und Leid und Lieb
zur Harmonie.
Und Gottes Odem löst,
in ihm erwacht,
leise und sacht,
was ihn gefesselt hielt in banger Nacht,
bis es vollbracht.
<Ephides>
Ist, wie ein Fließen rauschender Gedanken,
die durch die abendliche Stille strömen,
durch Mauern und durch Türen, grenzenlos,
in ferne Welten tragend ein Gewand der Nacht.
Ganz Geist erfüllt, schwebt in der andachtsvollen Ahnung,
der Fluss aus schimmernder Gedankentiefe,
der silbrig glänzend fließt durch unsichtbare Zeit.
Er windet sich in einem Bett aus Sternenstaub und Licht,
nimmt fort des Tages bittere Schwere,
entschwindet in die kosmische Unendlichkeit
und kehrt zurück mit neuer Zuversicht.
Ein Ort, der sich in Tälern weitet,
in bunte Düfte legt das Land
und über Wiesen Zauber breitet,
mit Sonnenschein als zartes Band.
Ein Meer, das unergründlich tief,
trifft Schaum gekrönt das feste Land,
das mit dem Sturm die Wellen trieb,
an einen ihm bestimmten Strand.
Ein Heim, das Zuflucht ist und gut,
wie Feuer, wärmend im Kamin.
Ein Mensch, der gerne Gutes tut,
für Gotteslohn, ohne Gewinn.
Ein Leben, wie die ranke Rose,
die unermüdlich aufwärts strebt.
Nicht, wie die schöne Herbstzeitlose,
die giftig auf der Erde steht.
Ein Kind, das Liebe und Vertrauen
mit auf den Weg ins Leben nimmt,
wer darauf lässt sein Dasein bauen,
bleibt auch im Alter noch ein Kind.
Ein Mensch, der voller Seelennöte
den Ruf des Großen Geistes hört,
der im Geleit der Himmelsröte
ihn voll Vertrauen heimwärts führt.
EIN Gott – ruf ihn mit einem Namen,
den du im tiefsten Herzen kennst;
und auch den andren geb‘ dein „Amen!“,
sie sind durch Ihn, wen du auch nennst.
Das Glück - vom Licht beseelte Liebe;
ein kurzer Augenblick,
der unvergessen bleibt.
Ein Wort, als wenn’s ein Engel schriebe,
es schwebt in Ewigkeit,
durch alle Zeit.
Ein tiefer Atemzug in der Sekunde,
ein Wimpernschlag –
vorüber ist der heilige Moment.
Er pocht in dir, wie Blut in Endlosrunde,
und manchmal spürst du,
wie er in dir brennt.
Macht diese Welt von Teufeln leer,
schwingt fleißig eure Besen,
dass sie bekehrt, vom Falschen her
gesäubert, wird genesen.
Breitet den lichten Teppich aus,
lasst Augenblicke strahlen,
damit in diesem Erdenhaus
die Liebe wächst an Zahlen.
Tanzt einen Reigen mit der Zeit -
sie macht schier große Schritte;
der edle Geist der Einigkeit
erleichtert hohe Tritte.
Bereitet Mensch und Tier ein Haus,
in wohl willkomm’nem Rahmen,
hört im erhabenen Applaus,
wie Himmel uns umarmen.
Ich lag und schlief; da träumte mir
ein wunderschöner Traum:
Es stand auf unserm Tisch vor mir
ein hoher Weihnachtsbaum.
Und bunte Lichter ohne Zahl,
die brannten ringsumher;
die Zweige waren allzumal
von goldnen Äpfeln schwer.
Und Zuckerpuppen hingen dran;
das war mal eine Pracht!
Da gab’s, was ich nur wünschen kann
und was mir Freude macht.
Und als ich nach dem Baume sah
und ganz verwundert stand,
nach einem Apfel griff ich da,
und alles, alles schwand.
Da wacht‘ ich auf aus meinem Traum,
und dunkel war’s um mich.
Du lieber, schöner Weihnachtsbaum,
sag an, wo find‘ ich dich?
Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) gemalt von Ernst Henseler (1842-1940)
Fast alle Türchen stehen offen,
noch vier, dann wird Bescherung sein;
die Alten, Armen stehn betroffen
vor festlich, schön geschmückten Reihen
in Kaufhäusern, die angefüllt,
mit Weihnachtsmännern mancher Art,
dort lockt, was man mit schnödem Geld,
verlegen kauft und rasch bezahlt.
Die Kinder stehn kaum noch und staunen,
das Christkind ist längst abgeschafft.
Nur noch die Kleinsten können glauben,
dass es sich selbst verschenkt, zur Nacht.
Durch Glaubenskraft geborenes Wesen,
Gestalt gewordene Kraft aus Licht,
die Welt kann nur durch Dich genesen,
wenn Du in unsere Herzen sprichst.
Natur, berauscht von Licht und Leben,
liegt ruhend in den Winterbetten.
Der kalte Wind, ein frostig Beben,
trägt Flocken auf die kargen Stätten.
Frisch trägt die Luft die kühlen Träume
bis in die fernsten Weltenecken.
Macht aus den Kanten Rüschensäume,
legt grünes Land in weiße Decken.
Die Bäume strecken kahl die Äste,
vom Schnee bedeckt, ein schweres Tragen,
begrüßen flatterhafte Gäste;
die träumen müd‘ von Frühlingstagen.
Die Winterzeit geht in die Stille,
hält mit der Welt den Atem an.
Wo die Natur, mit neuer Fülle,
das nächste Jahr beleben kann.
Schneeweiß, wie ein sonnbeglänztes Meer,
liegt das weite Land in stiller Pracht.
Flocken haben es bedeckt, von oben her,
bringen uns ein Bild, das glücklich macht.
Flockentreiben kommt aus ferner Welt,
fällt und segelt auf den Winterwinden;
flüchtig ist das Nass, vom Frost erstellt,
Sonne bringt das Element zum Schwinden.
Lichtes Treiben schwebt vom Himmelszelt,
weiß und rein scheint es, das Flockenheer.
Flüchtig sind die Dinge dieser Welt,
nur gelieh‘n sind sie - von oben her.
Geheiligte Stunde, gesegnete Runde,
wie Schalen geöffnete Herzen und Hände
und göttliche Worte aus menschlichem Munde —
da öffnen sich Türen, da weichen die Wände.
Da strömen in Scharen die sehnenden Seelen,
als hätte ihr Herz unser Rufen vernommen,
und manche entringt sich mit Mühen und Quälen
dem klammernden Dunkel, um Licht zu bekommen.
Die Engel entschweben dem seligen Schweigen
und bringen den Herzen die Wasser des Lebens,
behutsam, wie Gärtner zu Blumen, sich neigen.
Geheiligte Stunde, o Stunde des Gebens.
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