Caspar David Friedrich 1774-1840 – Spaziergang in der Abenddämmerung
Wie soll ich den Frühling genießen, mit all seinen Blumengeschenken, wo unlängst die Blüte der Liebe verwelkte, in meinen Händen?
Wie kann die Sonne meine Seele erwärmen, mit all ihrem Strahlengefunkel? Wenn Tränen mir Sinn und Antlitz verhärmen, bleibt mein Herz kalt und dunkel.
Wie kann ich Hoffnung in Gedanken binden, wo alle Zukunftsbilder jüngst zerstört? Wo werd’ ich jemals wieder finden, was mir noch nie zuvor gehört?
Kann sich das Schweigen aus Gräberreihen, wo kein Kreuz gleicht dem andern, wie ein Wunder durch himmlischen Schluss, ganz plötzlich in Lachen verwandeln?
Der Untergang der Titanic – Willy Stöwer (1864-1931)
Vergessen auf dem Grund des Ozeans. Zerbrochen, irgendwann, im Rad der Zeit. Die Strömung wiegt das Wrack des alten Kahns; es scheint lebendig durch sein Algenkleid.
Zig Meilen tief, auf dunklem Meeresgrunde, liegt die Geschichte längst vergess‘ner Tage. Es traf ein Schlag das Schiff zur Unglücksstunde, trug alle Seelen fort in Angst und Klage.
Zur Zierde Muscheln und Korallen kränzen den morschen Rumpf und Heck behang’ne Streben. Wo einst in Leben Hoffnungsbilder glänzten, erlosch das Licht für manch‘ geplantes Leben.
Nach nie erfülltem Glück manch Dasein trachtet, das in Vergessenheit herabsinkt auf den Grund. Mit Menschen ist so manches Schiff befrachtet; so mancher Hilfeschrei im Sturmgebraus verstummt.
Die Geister treiben mahnend durch die Stille und wo die Brandung schäumend Land berührt, verlassen sie den Schein der reichen Fülle, weil nur der Weg zu Gott ins Leben führt.
Gestern wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Schwere Blutvergiftung, ausgelöst durch einen Nierenstein. Ich bin zwar noch schlapp, habe aber Hoffnung auf Besserung, denn der Stein wurde beseitigt. Mit ihm weitere 12 kg. Seit Anfang Dezember hatte ich mit Schüttelfrost und Fieber herumgelegen. Erst dachte ich, es sei Corona. Es war ein Wink des Himmels, dass eine mir unbekannte Ärztin nicht nur den Test machte, sondern mir einen Urinbecher mitgab. Dann hieß es Noteinweisung. Eine falsche Bewegung und ich hätte tot umfallen können. Hiermit melde ich mich zurück, in der Hoffnung, dass es allen gut geht. Bei mir wird es noch eine Weile dauern, aber dann ist hoffentlich Frühling in Sicht.
Julius Porcellis 1610-1645 – Sonnenlicht bei stürmischer See
Das Lebensende ist letztendlich unabwendlich; wir zögern sie hinaus, die letzte Stunde, kämpfen noch um die dunkelste Sekunde, weil wir mit letztem Atemzug an der Materie kleben; erlöste Masse – wie vergänglich war dein Streben, nun gilt dein geistig Weiterleben wohl einer andren Klasse.
Ich begleitete im Jahre 2003 eine vom Tod ihres 15 jährigen Sohnes psychisch sehr angeschlagene Frau nach Kassel, damit sie dort an einem von Psychologinnen begleiteten Familienstellen nach Bernd Hellinger teilnehmen konnte. Dort wurden 15 Menschen behandelt. Ich wollte nur Begleitung sein und mich dort nicht aufstellen lassen. Letztendlich überredete man mich doch. Ich übernahm die Rolle von Juden, die zur Zeit des Holocaust im KZ umgebracht worden sind.
Damals habe ich es nicht für möglich gehalten, dass man in die Rolle eines anderen Menschen schlüpfen kann, und dessen Empfindungen wahrnimmt.
Der Mann, der sich behandeln ließ, bekam regelmäßig derartige Wutausbrüche, dass er zu Hause alle Möbel kurz und klein schlug. Er war ca. 40 Jahre alt. Er belastete sich unbewusst mit der Schuld seines Vaters, der im Krieg die Juden mit seinem LKW zum Bahnhof zur Deportation gebracht hatte und fragte sich, wieso er lebte und diese Menschen nicht. Das kam erst im Laufe der Therapie zu Tage.
Im Laufe des Familienstellens kam er dann auf mich zu, berührte mich an der Schulter und entschuldigte sich für das Tun seines Vaters. In diesem Moment habe ich zig Emotionen gleichzeitig gespürt: Wut, Angst und Verzweiflung. Es folgte eine nicht enden wollende Trauer, die sich in Weinkrämpfen bei mir bemerkbar machte. So sehr die Therapeutinnen auch versuchten, mich zu beruhigen, es gelang ihnen nicht. Die Sitzung wurde abgebrochen, aber mein Weinen hörte erst auf, als der Patient mehrfach um Verzeihung bat. Dann erst konnte ich damals die Rolle verlassen, doch sie verfolgt mich heute noch. Damals schrieb ich dieses Gedicht:
Wenn wir zusammensinken durch des Lebens Last, den Himmel und die Sonne nicht mehr finden, weil dunkler Schatten unser Herz erfasst und unsre Seele schreit aus Höllengründen.
Wenn unser Kreuz zu groß wird, das wir tragen, wir nur noch haltlos, schwankend weiterziehn, bis wir in einsam dunklen Tagen in keiner unserer Taten Zukunft sehn.
Wenn die Vergangenheit uns hält mit Klammerhänden, belastet durch das Schicksal unsrer Ahnen; wenn wir verzweifelt uns an die Verstorbnen wenden, dann wird der Himmel uns zur Vorsicht mahnen.
Die Toten sind befreit von allen Bürden, sie hatten ihre eigne Lebenslast zu tragen. Ob sie die unsre helfend mindern würden, das sollte man, dies würdigend, erfragen.
Zur Hilfe wird man viele gute Seelen finden, aber auch solche, die noch sehr am Erdendasein haften; die sich bei Aufruf fest an deine Aura binden, dich dort verbleibend, negativ umnachten.
Drum lass im Dunkeln, was im Dunkel war verborgen, habe Respekt vor Allem was einmal gewesen, denn eine andere Macht wird für Beleuchtung sorgen, und finstre Seelenflecken der Familie lösen.
Gewesen ist, was längst vorbei, doch liegt Vergangnes in den Zellen, schäumt die Erinnerung dabei sich manchmal auf zu Sturmeswellen.
Hast du verdrängt die alten Lasten, so stecken sie doch tief in dir; du willst zu neuen Dingen hasten, blockierst dir selbst die offne Tür.
Will die Erfahrung dunkel trüben die wahre Sicht, die gar nicht schlecht, lässt dich dein Zweifeln unterliegen – wird der Vergangenheit gerecht.
Die Zeit hüllt den Vergessensschleier um alle Dinge, die geschehn, denk‘ an den Morgen, werde freier, dann wirst du bald die Sonne sehn.
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