In der Stille flackern alle Kerzen, bringen schimmernd Sonne in die Zeit. Tragen Liebe in die müden Herzen, Öffnen Geist und die Begrenztheit weit.
Die verschlossne Türe jenseits unsrer Sinne, öffnet sich und lässt den Himmel spüren. Alle Engel stehn seit dem Beginne, heben Liebe durch die Himmelstüren.
So erhoben von der kalten Erde wandelt sich die Kraft des Denkens. Wo einst Steine waren, Leben werde! So ist Gott der Geber und Beschenkte.
Engel der Weihnacht, lassen Harmonie vom lichten Himmel rieseln, mit Schneeglanz in den weißen Flügeln.
Aus unbekanntem Land der Leidenslosen weben sie Rosen ins Erdenkleid, so mancher Dorn wird Menschen Leid.
Doch jedes Leid schwingt höher, reiner – im Weltendunkel sehn sie’s nicht, und wo der Mond die Schatten flicht, sind sie längst dazu ausersehen, einmal im Blütenschmuck zu gehen.
Die Güte Gottes schenkt am jüngsten Tag ein dornenloses Kleid zurück, dem Leid entwachs’ne Himmelsrosen gehoben in das Land der Leidenslosen.
Schlafende Welt, deine Träume sind gebunden, gehalten von Verbindlichkeiten deiner Lebensstunden.
Den freien Geist gefesselt, wandeln Menschenwesen wie in Herden, gebunden aneinander und die Zeit lässt sie nicht sein, nur werden.
Werden stärker, schneller, besser, herausragend in Größe, mittig in der Menge, begrenzter Geist auf Erden, ein Gerne-Groß in körperlicher Enge.
Ein großer Geist eröffnet uns die Welt. Wir müssen Freiheit uns und andern schenken, damit das Große aus dem Rahmen fällt. Wie klein ist oftmals unser Denken?
Lausche in Dich hinein: Wahrhaftig ein Künstler zu sein, heißt, den heimlichen Klang zu ergründen, Seele und Geist im Eins-Sein verbinden.
ER wird die Stille durchbrechen, wird Dir singen und leis zu Dir sprechen, fortnehmen, die Dinge, die Dich quälen, Deine Beharrlichkeit wird er stählen. . Wirst Dich an den Ursprung zwanglos binden, gemeinsame Wurzeln wiederfinden, den fremden Lauten der Welt nachspüren, um die falschen Akkorde zur Lösung zu führen.
Bis Du selbst der Klang bist, den viele vernehmen, die sich nach höherer Einsicht sehnen. Fühle die Disharmonie der Welt. Gib ihr neue Prägung. Bringe sie geistig zu neuer Erhebung.
Die Zeit scheint inhaltslos und schwer, ein Vakuum, dem Energie entzogen; von Regenstunden vollgesogen, sind Häuser sichtlich nebelleer.
Vereinzelt gehen schnelle Schritte vorüber an beschlag’nen Scheiben, verlaufen sich im Klang der Tritte, um sich dem Grauton einzureihen.
Ein dumpfes Dämmern fließt durch Adern, Melancholie zieht an den Schwachen. Vom Fluss des Herzens rinnt ein Hadern, dem Schlafen näher als dem Wachen.
Voll Schweigen geht des Jahres Gang, nach kleinen Schritten bleibt es stehen. Von ferne lässt geweihter Sang vom erdentrückten Land sich wehen.
So altvertraut klingt diese Melodie, die sich vor Zeiten an die Welt verlor. Ich war noch niemals dort, doch lieb ich sie. Die Welt ist hier und mein Zuhause dort!
Mein Engel warst du – hab‘s zu spät erkannt. War Mutter dir, musste auch Vater sein. Dein richt’ger, der im andern Land, längst fort für immer, er ließ uns allein.
Hab mich bemüht, wie’s jede Mutter tut, die ihren Schatz behüten will und muss. Stets Sorge trug ich. War das alles gut? Es bleiben viele Fragen, nach dem Schluss.
Dein Kindermund – er hat so gern gelacht! Er war mir alles, doch ich hab geschwiegen. Dass ich dich liebe, hab ich dir gesagt; ich wünschte, dich noch mal im Arm zu wiegen.
Stolz war ich, wo die übrigen Familienkreise nur abwertend über dich sprachen. Hautfarbe: braun, und nicht wie sie, die Weißen, als „Niggerkind“, den ‚Stab über dich brachen‘.
Du warst mein Augenstern! Die kleine Welt, die ich dir bot, war alles, was ich geben konnte. Ich war allein auf mich gestellt, als Gott mich mit dir reich belohnte.
Gelassenheit hast du mir vorgelebt, wo ich die Ordnung suchte und den Halt. Du bist mir voll des Lebens fort geschwebt, als man dich rief, ging die Gestalt.
Für welche Schuld ist meines Leidens Lohn? Ist sie bezahlt? Nun kommt geweiht, die Nacht! Feiere sie jährlich nur mit dir, mein Sohn. Schau, viele Kerzlein hab ich schon entfacht.
Und bald hebt an das wundersüße Singen, wenn Gott es will, nimmt er mich mit. Hebt mich zu dir, auf unsichtbaren Schwingen… mein Traumbild flieht…muss noch ein kurzes Stück.
Das letzte Wegstück ist des Kreuzes Sinn, wird bitter auf mir ruhn – ein schwer Geschick. Doch Kreuzesträger sein, ist Menschenlohn, getragenes Leid wird allergrößtes Glück.
„Schließ die Türen, schließ die Fenster! Die Novemberluft-Gespenster drängen, drücken sich herein! Sag, wie soll ich sie vertreiben? Dunkelheit hockt vor den Scheiben wie ein sprungbereites Tier, um auf leisen Raubtiersohlen, seine Beute sich zu holen, schleicht der Wind – bald dort, bald hier. Reißt er tückisch eine Ecke vom Gesimse -, schnell, verstecke, schnell, errette mich vor ihm!“
Kind, mein Kind, du siehst Gespenster, weil du zwischen Tür und Fenster wie in einer Festung haust! Deine Seele geht gefangen zwischen Bangen und Verlangen, zwischen Mauern, die du baust, hin und her und auf und nieder, klingt dein Schritt gespenstisch wider. Ist’s das Echo nicht allein! Hinter feindlich starken Mauern hört sich Bitten an wie Lauern: „Sieh, mein Kind, das macht der Stein!“
Kann dich Wind und Dunkel schrecken und das Bröckeln morscher Ecken? Brennt dein Licht so trüb in dir? Kannst du nichts als Böses sehen, nur weil die da draußen stehen? Komm, mein Kind, und sprich mit mir: Fenster auf und auf die Türen! Wollt ihr Licht und Liebe spüren, Ruhelose kommt herein! Könnt am hellen Herd euch wärmen Und gestärkt ins Freie schwärmen, Gottes ist auch euer Sein!
Es glänzt nicht mehr im Licht, wo es die Tropfen tausendfältig bricht.
Wasser, das einst von Gott gegeben, fruchtbar, mehrend, unter urzeitlichem Regen, als starker Strom die Eiszeit überwand, flutend mit Leben ferne Welten band, wo‘s unermüdlich wuchs, gedieh in Güte, bevor das Land sich einst zu Tode blühte.
Der Wind streicht Wellen in den Sand, malt heißen Flächen ein Gewand, Todbringend, unverwüstlich scheint das Treiben, soweit das Auge reicht, ein sandig Bleiben.
Vom Wüstensand bedeckt, die alte Welt begraben, liegt sie im Grab der Zeit, bedeckt von Hitze-Narben.
Wo die Giganten einst die Welt durchstreiften, wie Dinosaurier auf kolossalen Märschen, wo Vielfalt und die Macht der Starken herrschte, und Schachtelhalme, groß wie Bäume, in den Wäldern reiften.
Dort leben heute noch die Recken in Legenden, die Urzeit-Riesen, die im Kampf vollenden, was dieses schwache Menschentum enthielt: Von David gegen Goliath ein Bild.
Auch heute scheint den Starken Leben dargeboten, sie nehmen Lebensenergie von andern, irgendwie. Doch nur EIN Schlag und sie erliegen ihren Stärken und auf des Daseins Grund versinken sie.
Bewusstsein wird die Zeiten überleben, in hohen Tönen wird es einst erklingen. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt!“, die Worte beben, der Geist der Wahrheit wird mit Engeln singen.
Vom Staub bedeckt – die alte Welt vergangen, liegt bald im Grab der Zeit. Göttlich das Bild vom steten Neu-Anfangen, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Paul-Albert Besnard (1849-1934) – Wahrheit und Wissenschaft
Es sei der Friede des Abends in Euch, es werde die Stille, die die Fülle birgt und mit sich bringt, in Eurem Herzen laut und spreche mit der Sprache, die keine Worte hat.
Wenn Ihr in Worten Erkenntnisse, die andere erkannt haben, vermittelt bekommt, müsst Ihr Euch an dem Band der Worte zurücktasten zu jenen Quellen, woraus die Erkenntnis floss, und nur wem selbst schon die Quellen fließen, vermag dieses Zurücktasten, dieses am Band der Worte sich zurückfinden zum Ursprung zu bewerkstelligen. Ein anderer bleibt bei den Worten stehen, und die Erkenntnis, die sie verbergen, geht ihnen nicht auf.
Es erkennen einander die Seelen, die auf gleicher Stufe stehen oder um des gleichen Zieles willen zusammengeführt werden. Es grüßen einander die Seelen, deren Fähigkeit ausgebildet ist, an dem Band der Worte zurückzufinden zum Ursprung der Worte. Sie haben die gleiche Sprache, und daher verstehen sie einander in jeder Erdensprache. Sie haben die gleichen Augen, die hinter die Dinge schauen können, und daher sehen sie bei allen Dingen, die immer nur Symbol sind, und bei allen Begebnissen, die nur letzter Ausdruck, nur ins Irdische übertragener Ausdruck des Geistigen sind, das Gottgewollte, das Schicksalhafte, während Menschen mit geschlossenen Geistesaugen die Dinge alleine sehen und sie in ihrer Vielfalt sehen, sie zählen, sie untersuchen und einordnen statt sie unterzuordnen dem Sinn.
Menschen, die offene Geistesaugen haben, fragen nicht mehr: Was ist das?, sondern sie fragen: Was bedeutet das? Und wie sie die gleiche Sprache und die gleiche Kraft der Deutung haben, so haben sie die gleiche Sehnsucht. Die Sehnsucht aber ist das Höchste, weil sie dem Höchsten entgegenführt. Sie ist das Wissen, denn nur was man weiß, wenn auch schattenhaft und unklar nur weiß, kann man ersehnen. Es trägt das Wissen und die Weisheit in sich, wer der Sehnsucht fähig ist, es ist schon dem Licht verbunden, wer zur Flamme der Sehnsucht wurde, wer wärmen und entzünden kann. Wisst Ihr, dass damit die Aufgabe des Wärmespendens und Entzündens verbunden ist? Und wisst Ihr, dass, wer eine Aufgabe erhalten soll, erst geprüft werden muss?
Ich wisst es und schreckt doch vor jeder Prüfung zurück, Ihr sehnt Euch und wollt doch behalten, was Ihr habt, und beharren, wo Ihr steht. Aber seht, was Eure Hände nicht hergeben können, das Schicksal, das gütige, der Vollstrecker Eurer eigenen Sehnsucht, entwindet es Euch. Es erfüllt an Euch, wozu Ihr selbst nicht die Kraft findet, es führt aus, was Euer eigenes inneres Wollen und Streben ist.
Die Ihr das Leuchten der Sehnsucht in Euch habt, wärmt und entzündet andere Lichter auf der dunklen Welt und seid getrost: Der Euch zu Lichtern werden ließ, der weiß warum und zu welchem Zweck.
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