Hinabgestiegen und verloren,
was an Bewegungsfreiheit ihm gewahr.
Reinkarniert und leibbezogen,
schwer ist der Leib, Belastung gar.
Die Fähigkeiten, die ihn schmückten,
die seinen Wesensteil im Licht verband,
sind ungenützt und wenig stützten
ihn Elemente, die er fand.
Die Leichtigkeit ist ihm genommen,
schwerfällig wächst sein Wahrheitsdrang.
Fühlt, wie ein Taucher, tief ins Meer geschwommen,
dass ihm die Kräfte schwinden, irgendwann.
Latent geblieben, schlummert zur Entfaltung
so manche ungenutzte Kraft in ihm,
so eingeschränkt wird er den Platz verwalten,
der ihm zur Lebenstätigkeit geliehen.
Verstand gesteuert weiß er nicht:
„Man sieht nur mit dem Herzen gut.“
Das Unsichtbare bringt zurück ans Licht,
was hier zum Wiederaufstieg in ihm ruht.
Erlösungsworte sind zu finden,
erwecken die, die noch versteinert schlafen.
Nur Liebe wird als Zauberwort ergründen,
was hinter Wut und Härte sie verbargen.
Zerbrochen werden sein, die harten Schalen,
selbst Körper, die als Stern am Himmel stehen,
entzaubert werden sie im Licht erstrahlen,
erlöst vom Missklang, frei die Liebe sehen.
Den Jahren (1975-1976) gewidmet, in denen ich die Erfahrungen einer vorher für mich unbekannten Welt machen durfte. Eine Welt voller Männer, die Frauen mit Respekt und in Freundschaft behandelt haben. Ich denke gerne daran zurück.
Abseits liegt das Lokal im fahlen Licht,
wo Schein der Gaslaterne sich in Pfützen bricht.
Nur abends wird es hell hinter der Scheibe;
Kneipengeruch entweicht der dunklen Bleibe.
Ein Ort, der Stammkundschaft belassen,
für Kenner nur, auf abgeleg’ner Straße.
Es strömt herbei, was sich im Zwielicht band,
betritt die fremde Welt, die man hier fand.
An stets verschloss’ner Türe lässt man ein,
die passend sind zur Nacht im Lampenschein.
Plüschig, in Rot-Gold das Ambiente,
und die Musik spielt alte Elemente.
Da tönt ein „Nur nicht aus Liebe weinen…“
Und „Waldemar“, dem wirklich Einen.
Wo man „Leander“ imitiert auf kleiner Bühne,
gastiert die Playback-Show der schwulen Szene.
Umhüllt von funkelnden Gewändern,
in greller Schminke und mit Federbändern,
bewegen sich die Männer wie die Frauen,
sind weiblich und in Pose anzuschauen.
Im Spiel das andere Geschlecht zu präsentieren
und trotzdem nicht den Wesenskern verlieren.
Nur nach der Show, hinter geschloss‘nen Türen,
die Tränen weinen, die zum Alltag führen.
Ich wohn′ alleine mit Mama,
in einem alten Haus ganz nah
bei dem Theater,
und da ich immer einsam war,
hab' ich noch ein Kanari-Paar
und einen Kater.
Mama strengt alle Arbeit an.
Ich geh′ zum Markt und koche dann
mit viel Routine,
ich wasche ab und mache rein
und näh', sollt' es nötig sein,
auf der Maschine.
Mir macht fast jede Arbeit Spaß,
weil ich Gefühl für Form und Maß
und Stil besitze,
doch nachts erwacht erst mein Genie,
denn in der Kunst der Travestie,
da bin ich Spitze.
Bewundert ist mein Striptease-Akt,
am Ende steh′ ich völlig nackt,
ich kann das wagen.
Und alle Gäste rings im Raum,
die trauen ihren Augen kaum -
ich bin ein Homo, wie sie sagen.
Mit Freunden wird die Nacht gezecht,
da wird nach Neigung und Geschlecht
nicht unterschieden.
In irgendeiner Bar am Eck,
da spült man die Komplexe weg
und ist zufrieden.
Wir reden von den Leuten dann,
die unsereins nicht riechen kann,
die wir entsetzen.
Wir spotten mit Humor und Geist,
mit scharfem Witz, der lachend beißt,
statt zu verletzen.
Mitunter finden Kerle sich,
die suchen laut und lächerlich,
uns nachzumachen.
Sie haben Freude wie ein Kind,
uns arme Teufel, die wir sind,
noch auszulachen.
Sie sind im Ton und Gang bemüht,
so, wie man uns von außen sieht,
sich zu betragen,
wenn es auch mancher übelnimmt,
mich lässt es kalt, weil es ja stimmt:
Ich bin ein Homo, wie sie sagen.
Wenn dann der neue Tag erwacht,
Kehr′ ich zurück in meine Nacht,
der Einsamkeiten.
Das Kleid und die Perücke fällt,
ich bin ein Clown vor aller Welt,
nur da zu leiden.
Ich schlafe nicht, ich liege wach,
ich träume Liebesstunden nach,
die freudlos blieben,
und von dem Jungen, der, verdammt,
mich immer wieder neu entflammt,
ihn heiß zu lieben.
Doch keinem werd' ich dieses Leid,
den süßen Schmerz der Zärtlichkeit,
je anvertrauen.
Er, der zum Wahnsinn mich gebracht,
liegt nämlich leider jede Nacht
im Bett bei Frauen.
Nein, keiner hat von euch das Recht,
hier, als entartet oder schlecht,
mich anzuklagen!
Der Grund, dass ich so anders bin,
liegt von Natur aus in mir drin,
ich bin ein Homo, wie sie sagen.
Wie’s prasselt, hämmert, schüttet
und an den Scheiben rüttelt;
die Tropfen fallen nieder,
schlagen ans Glas und wieder
steht lang ersehnter Regen,
auf Dächern und auf Wegen.
Der Marktplatz ist verlassen,
und über nassen Straßen
gehn Blitz und Donner nieder,
flüchtig, doch immer wieder,
versickern Regenmassen,
wo‘s die Kanäle fassen.
Ich stehe an den Scheiben,
beschau das nasse Treiben.
Verkürzt sind unsere Tage,
die Kälte wird bald Plage.
Wärme wird fortgeschwemmt,
nichts, was das Frieren dämmt.
Graue Welt, nach langersehntem Regen
sind die Farben dir im Nass verwaschen,
und der sehnsuchtsvoll erbet‘ne Segen
legt sich über Land und Menschenmassen.
In den Pfützen springen Regentropfen;
gegen gelbe Wipfel stößt der Wind,
hinter Wolken liegt der Himmel offen,
Fensterscheiben sind beschlagen, blind.
Nuancenreich und gelblich überhaucht
scheinen herbstlich alle Pfade hier,
wo der Weg im Nebel untertaucht,
zeigt das Tor zur großen Rast sich mir.
Abgeerntet geht die Welt in Ruhezeit,
beendet aller Früchte Reifefrist.
Trägt ein Bild von Makellosigkeit,
die Geist der ewig jungen Zukunft ist.
Noch wiegt der Baum sein Blattgewand,
das herbstlich bunte, schöne.
Sein grünes Kleid ist braungebrannt –
in hell und dunkle Töne.
Regen beschwert die müde Pracht,
lässt sie zu Boden gleiten.
Der Sturmwind treibt die fahle Fracht
hinab, hinauf, beizeiten.
Die Straßen sind des Laubes voll –
es raschelt auf den Wegen.
Ein Jeder bringt der Mühe Soll
dem Erntedank entgegen.
Die Sonne scheint verhalten, mild;
gar lang die Regenzeiten.
Die triste Dunkelheit verhüllt
das In-den-Winter-gleiten.
Die Lebensgeister sind verstummt,
nun herrscht ein dunkles Treiben.
Die Erde ruht. Die Herbstwelt summt
besinnlich, leise Weisen.
Als ich noch Träume hatte vom Erwachsenwerden,
fand ich den Weg nicht, hinter Barrieren und Pforten.
Verschlossen blieb mir an manchen Orten
die Erkenntnis um die bleierne Schwere auf Erden.
Die Altklugen um mich kannten meinen Namen,
mehr nicht, war doch nur ihr Kind, ohne Seele und Sinn.
War nur ein Mädchen, aus nutzlosem Samen,
das unerwünscht war, seit Anbeginn.
Erwachsenwerden! War das ein Schämen
vor der Wahrheit und der eignen Moral?
Per Illustrierte peinliche Aufklärungsthemen.
Der kichernden Mutter wars eine Qual.
Heut‘ krame ich in der Vergangenheitsdose.
Blätt’re in Alben, schau zurück: DAS war ich!
Mein Lachen erfror, wie die Blätter der Rose,
Lebenswahrheit schmeckte meist bitterlich.
Über „Me too“ kann ich nur lachen,
hatte doch nur ein recht hübsches Gesicht.
Zu viele, die meine Aura durchbrachen –
und zum bitteren Ende zerbrachen sie mich.
Das Schicksal gibt und nimmt,
in unbestimmter Weise.
Wer gestern noch sich selbst bezwingt,
verlässt die sich’ren Gleise.
Wer heut’ auf Ruhmessockeln glänzt,
in Himmel hochgehoben,
der wird von dem, der ihn gekränzt,
morgen gestürzt zu Boden.
Was gestern noch der Liebe Macht
dir tief ins Herz gesandt,
das hat sich plötzlich über Nacht
ganz wortlos abgewandt.
Das Sichere versinkt im Grund,
was immer währte, geht.
Leben ist Wandel, Moores Schlund.
Nichts bleibt! Was blüht, verweht.
Erinnerung im Weitergehen.
Sei der Narr, der mit leichtem Fuß
Vergangenes, wie ein Tausendschön,
in der Seele mitnehmen muss.
Wahrlich, eine Sisyphusarbeit! Immerhin ist es mir gelungen, sie fertigzustellen. Endlich alle Gedichte in einem Buch.
Das Buch ist so, wie ich es mir gewünscht habe. Das Cover wirkt etwas altertümlich, was durchaus so gewollt ist und passend. Als Hardcover mit 393 Seiten, ist es innen und außen ansprechend. Ich bin zufrieden und hoffe, die Leser werden es ebenfalls sein.
Im Weltall ist es stille,
kein Ton dringt durch die Zeit,
in der Materien-Fülle,
Unendlichkeiten weit.
Gedankenweit getragen,
bis an den fernsten Punkt,
vorbei an Götterwagen,
wo Weltliches verstummt.
Lichtjahre weitertreiben,
von Stern zu Stern sich schwingen,
in fremden Sphären weilen
und mit den Winden singen.
So ganz und gar verloren
im stillen Sog des Gleitens;
im Strudel neu geboren,
in allen Ewigkeiten.
Ich grüße dich von ferne, edler Geist!
Oft fehlt mir deiner goldnen Worte Klang.
Du bist es, der mir groß den Himmel preist,
erschaffst aus kleinen Worten Lobgesang.
Ich lausche still vor Glück der Poesie,
sie klingt so filigran und Gold durchwoben,
dringt tief ins Herz, wie eine Liebesmelodie,
und meine Seele weiß, du wartest oben.
Begleitest mich durch meine Lebensstunden,
so wie ein blumig’ Band, gekränzt im Haar.
Wir sind in der Unendlichkeit verbunden,
füllst meine tausend Leben immerdar.
Ich grüße dich von ferne, edler Geist
und werd‘ in Nächten wieder an dich denken,
wenn du im Traum in meine Seele reist,
vereint uns Gott an allen Weltenenden.
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