Es kommt der Tag

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Es kommt der Tag, an dem der letzten Liebe
nur noch Alleinsein folgen wird.
Die Jugendzeit, die ewig schien und bliebe,
war bloße Hoffnung, die so oft geirrt.

Erinnerung, des Alters Rückbesinnung,
auf alles, was wir taten oder nicht.
Sie zeigt den Füllstand der Gewinnung, 
Werte, die wir erreichten, stehn im Licht.

Es kommt der Tag, an dem wird alles enden,
alles ist ausgelebt und abgehandelt.
Der Spiegelblick, man will sich von ihm wenden,
man sieht, wie sich das Schöne hat verwandelt.

Das alte Leben ging, es kam das fremde,
das unbekannt und kalt vor meinem Haus.
Schließ leis die Tür und unsichtbare Hände
breiten die Gnade des Vergessens aus. 

Fernes Rufen

Teilansicht: Mariusz Lewandowski -(1960-)
In wechselnden Dingen erhebt sich mein Leben,
tief unten, noch atmend, die Ströme der Nacht;
begraben vom Alltag, vom endlosen Streben,
tief müde geschlafen, die Tage vollbracht. 

In unergründlichen Tiefen geschwommen,
verwurzelt gehört, den unendlichen Klang.
Von fernen Welten ein Rufen vernommen,
ein Erwachen des Geistes im Körper begann.  

Ich spürte die Liebe der Heimat mir sagen,
dass Leben ein Gipfel ist, den man besteigt,
ein endloser Weg, zwischen Hoffen und Wagen,
der von Gipfel zu Gipfel in Kreuzwege zweigt. 

Den geraden Weg mag ein jeder Mensch finden,
die Dornen zu räumen, ist Lebenspflicht;
zu gehn ohne Angst, zu höheren Gründen,
zu Welten aus Liebe, Gottvertrauen und Licht. 

Aussichten

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So sitze ich, wie‘s alte Leute machen,
mit Ausblick auf die lebensreiche Welt,
seh‘ hinter Fensterscheiben das Erwachen,
und nachts den Mondaufgang am Sternenzelt. 

Ich weiß fast jeden Ablauf meiner Tage,
das schwere Aufstehn und das Schlafengehn.
Es freut mich, wenn ich mich ans Fenster wage
und darf das Eichhörnchen da draußen sehn.

Das Rotkehlchen knickst auf und nieder,
verneigt sich lebensfroh und sorgenfrei.
Mein Blick folgt jedem fliegenden Gefieder,
und wenn die Amsel singt, ist winterfrei.

Noch ein paar Wochen – sie wird wieder singen;
das nahe Frühjahr zeigt schon erste Spuren.
Werd‘ frische Blümchen in die Erde bringen;
der Januar zeigt milde Temperaturen. 

Heiliger Seelenschrein

Behüteter Geist – Sulamith Wülfing (1901-1989)
Ich will euch künden, Kinder dieser Welt,
was euer ist,
was euer Seelenschrein verschlossen hält,
bis ihr es wisst,

bis ihr das Heiligtum in euch entdeckt,
bis ihr gleich mir
zum Künder werdet und die Andern weckt.
Sie leiden hier,

sie leiden euer Leid und wissen’s nicht,
denn traumbefangen
gehen sie dahin, und ihrer Seele Licht
ist leidverhangen.

Was sie erschaffen, wandelt sich zu Staub
in ihrer Hand.

Ihr nur dem Äußern zugewandtes Sein,
sie nennen’s Pflicht;
daß sie das Heiligtum entweihn,
sie wissen’s nicht.

Es führt sie kreuz und quer und
führt sie weit ihr Wissensdrang;
in sich zu gehn jedoch fehlt es an Zeit,
denn dieser Gang,

der nächste, kürzeste zum wahren Ich,
wird erst getan,
sieht man die Brücken brechen hinter sich
und seinem Wahn.

Die Antwort, die das Leben schuldig blieb,
hier hört man sie,
und Sehnsucht sänftigt sich und Leid und Lieb
zur Harmonie.

Und Gottes Odem löst,
in ihm erwacht,
leise und sacht,
was ihn gefesselt hielt in banger Nacht,
bis es vollbracht.

<Ephides>

Wie ein Fließen

Ist, wie ein Fließen rauschender Gedanken,
die durch die abendliche Stille strömen,
durch Mauern und durch Türen, grenzenlos,
in ferne Welten tragend ein Gewand der Nacht.

Ganz Geist erfüllt, schwebt in der andachtsvollen Ahnung,
der Fluss aus schimmernder Gedankentiefe,
der silbrig glänzend fließt durch unsichtbare Zeit.

Er windet sich in einem Bett aus Sternenstaub und Licht,
nimmt fort des Tages bittere Schwere, 
entschwindet in die kosmische Unendlichkeit
und kehrt zurück mit neuer Zuversicht. 

Warten auf den Messias

Israel suchte zu Jesu Zeiten den Messias, der sie von den römischen Besatzern befreien sollte. Heute sehnt sich nicht nur die Ukraine nach einem solchen Befreiungsschlag gegen die russischen Angreifer.

Wie geht man vor, wenn staatliche Gesetze nicht mit den Gesetzen Gottes übereinstimmen? Für mich sind es die „Kosmischen Gesetze“, die Gesetze des Großen Geistes, wie ich IHN nennen möchte. Diese Gesetze verlangen nach Ausgleich und Harmonie.

Der Klerus stellt Jesus von Nazareth als Gott dar. Die katholischen Schriftgelehrten verbreiteten dies in den Evangelien des Neuen Testamentes. Auch in der evangelischen Kirche wird es so gelehrt. Jesus hat immer wieder betont, dass er nicht Gott sei, obwohl er über eine göttliche Weisheit verfügte, eine Weitsicht, die kaum ein Normalsterblicher mit ins Leben bringt. Jesus hatte eine Berufung und lebte danach; ebenso sah er seinen Tod voraus, der den damaligen Menschen das Böse nahebrachte aber gleichzeitig das Gute freisetzte. Das Gute: Sein Wirken, seine Weisheit und seine Lehren, die unsterblich sind, würden die Menschen erhöhen und zum reinen Bewusstsein führen. Damals öffnete er durch seine Lehren und seinen Tod die Türe zur Rückkehr ‚nach Hause‘.

Die verborgenen Schätze der Weisheit, über die Jesus Christus verfügte (Kol. 2,3), können zur Last werden, weil sie ein normaler Mensch nicht tragen kann.

Ich bin gegen jede Form von Gewalt, respektiere jedoch den Freiheitswillen der Ukraine und den eines jeden anderen Landes. Was immer ein Mensch tut, er wird den Preis dafür zahlen. Keiner entgeht den Folgen einer Handlung, eines Wortes oder eines Gedankens. Und so kann ich es nicht in mir finden, diejenigen zu hassen, die das ‚göttliche Gewand‘, das ihnen gegeben wurde, wie schäbig auch immer, tragen. Aber ich kann die Ungerechtigkeit hassen. In der Beziehung bin ich sehr feinfühlig geworden. Wenn ich morgens die Nachrichten lese, kommen mir die Tränen.

Was hätte Jesus zum Ukraine-Krieg gesagt? Muss den Menschen nicht auch im Krieg zunächst das Böse nahegebracht werden, um das Gute dadurch freisetzen zu können? Die mittlerweile völlig desolaten Missstände auf der Welt müssen ausgeglichen und harmonisiert werden.

In Jesaja 45. 6,7 steht: „Ich der Herr, und keiner sonst, der ich das Licht bilde und die Finsternis schaffe, der ich Heil wirke und Unheil schaffe, ich bin’s, der Herr, der dies alles wirkt.“

Hat er den Menschen nicht einen neuen Himmel und eine neue Erde vorausgesagt?!

Werte

Bild von David Mark auf Pixabay
Ein Ort, der sich in Tälern weitet,
in bunte Düfte legt das Land
und über Wiesen Zauber breitet,
mit Sonnenschein als zartes Band.

Ein Meer, das unergründlich tief,
trifft Schaum gekrönt das feste Land,
das mit dem Sturm die Wellen trieb,
an einen ihm bestimmten Strand.

Ein Heim, das Zuflucht ist und gut,
wie Feuer, wärmend im Kamin.
Ein Mensch, der gerne Gutes tut,
für Gotteslohn, ohne Gewinn. 

Ein Leben, wie die ranke Rose,
die unermüdlich aufwärts strebt.
Nicht, wie die schöne Herbstzeitlose,
die giftig auf der Erde steht.

Ein Kind, das Liebe und Vertrauen
mit auf den Weg ins Leben nimmt,
wer darauf lässt sein Dasein bauen,
bleibt auch im Alter noch ein Kind. 

Ein Mensch, der voller Seelennöte
den Ruf des Großen Geistes hört,
der im Geleit der Himmelsröte
ihn voll Vertrauen heimwärts führt. 

EIN Gott – ruf ihn mit einem Namen,
den du im tiefsten Herzen kennst;
und auch den andren geb‘ dein „Amen!“,
sie sind durch Ihn, wen du auch nennst. 

Heilige Momente

Teilansicht – Grafik von Seb Mckinnon
Das Glück - vom Licht beseelte Liebe;
ein kurzer Augenblick,
der unvergessen bleibt.

Ein Wort, als wenn’s ein Engel schriebe,
es schwebt in Ewigkeit, 
durch alle Zeit.

Ein tiefer Atemzug in der Sekunde,
ein Wimpernschlag – 
vorüber ist der heilige Moment.

Er pocht in dir, wie Blut in Endlosrunde,
und manchmal spürst du,
wie er in dir brennt. 

Ausgekehrt

Ich, 4 Jahre alt
Macht diese Welt von Teufeln leer,
schwingt fleißig eure Besen,
dass sie bekehrt, vom Falschen her
gesäubert, wird genesen. 

Breitet den lichten Teppich aus,
lasst Augenblicke strahlen,
damit in diesem Erdenhaus
die Liebe wächst an Zahlen. 

Tanzt einen Reigen mit der Zeit -
sie macht schier große Schritte; 
der edle Geist der Einigkeit 
erleichtert hohe Tritte. 

Bereitet Mensch und Tier ein Haus,
in wohl willkomm’nem Rahmen,
hört im erhabenen Applaus, 
wie Himmel uns umarmen.

An die Freude

Ode von Friedrich von Schiller (1785)
Vertonung: Ludwig van Beethoven (1824) 9. Sinfonie

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
was der Mode Schwerd getheilt;
Bettler werden Fürstenbrüder,
wo dein sanfter Flügel weilt.

C h o r.
Seid umschlungen Millionen!
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
muß ein lieber Vater wohnen.

Wem der große Wurf gelungen,
eines Freundes Freund zu seyn;
wer ein holdes Weib errungen,
mische seinen Jubel ein!
Ja – wer auch nur e i n e Seele
s e i n nennt auf dem Erdenrund!
Und wer’s nie gekonnt, der stehle
weinend sich aus diesem Bund!

C h o r.
Was den großen Ring bewohnet
huldige der Simpathie!
Zu den Sternen leitet sie,
Wo der U n b e k a n n t e tronet.

Freude trinken alle Wesen
an den Brüsten der Natur,
Alle Guten, alle Bösen
folgen ihrer Rosenspur.
Küße gab sie u n s und R e b e n ,
einen Freund, geprüft im Tod.
Wollust ward dem Wurm gegeben,
und der Cherub steht vor Gott.

C h o r.
Ihr stürzt nieder, Millionen?
Ahndest du den Schöpfer, Welt?
Such’ ihn überm Sternenzelt,
über Sternen muß er wohnen.

Freude heißt die starke Feder
in der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
in der großen Weltenuhr.
Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen,
die des Sehers Rohr nicht kennt!

C h o r.
Froh, wie seine Sonnen fliegen,
durch des Himmels prächtgen Plan,
Laufet Brüder eure Bahn,
freudig, wie ein Held zu siegen.

Aus der Wahrheit Feuerspiegel
lächelt s i e den Forscher an.
Zu der Tugend steilem Hügel
leitet sie des Dulders Bahn.
Auf des Glaubens Sonnenberge
sieht man ihre Fahnen wehn,
Durch den Riß gesprengter Särge
s i e im Chor der Engel stehn.

C h o r.
Duldet mutig Millionen!
Duldet für die beßre Welt!
Droben überm Sternenzelt
wird ein großer Gott belohnen.

Göttern kann man nicht vergelten,
schön ists ihnen gleich zu seyn.
Gram und Armut soll sich melden
mit den Frohen sich erfreun.
Groll und Rache sei vergessen,
unserm Todfeind sei verziehn.
Keine Thräne soll ihn pressen,
keine Reue nage ihn.

C h o r.
Unser Schuldbuch sei vernichtet!
ausgesöhnt die ganze Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
richtet Gott wie wir gerichtet.

F r e u d e sprudelt in Pokalen,
in der Traube goldnem Blut
trinken Sanftmut Kannibalen,
Die Verzweiflung Heldenmut – –
Brüder fliegt von euren Sitzen,
wenn der volle Römer kraißt,
Laßt den Schaum zum Himmel sprützen:
Dieses Glas dem guten Geist.

C h o r.
Den der Sterne Wirbel loben,
den des Seraphs Hymne preist,
Dieses Glas dem guten Geist,
überm Sternenzelt dort oben.

Festen Mut in schwerem Leiden,
Hülfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wahrheit gegen Freund und Feind,
Männerstolz vor Königstronen, –
Brüder, gält’ es Gut und Blut –
Dem Verdienste seine Kronen,
Untergang der Lügenbrut!

C h o r.
Schließt den heilgen Zirkel dichter,
schwört bei diesem goldnen Wein:
Dem Gelübde treu zu sein,
schwört es bei dem Sternenrichter!

Rettung von Tirannenketten,
Großmut auch dem Bösewicht,
Hoffnung auf den Sterbebetten,
Gnade auf dem Hochgericht!
Auch die Toden sollen leben!
Brüder trinkt und stimmet ein,
Allen Sündern soll vergeben,
und die Hölle nicht mehr seyn.

C h o r.
Eine heitre Abschiedsstunde!
süßen Schlaf im Leichentuch!
Brüder – einen sanften Spruch
Aus des Todtenrichters Munde!
Friedrich von Schiller (1759-1805)
Auftragsmalerei: Larissa Krause

Die 1808 posthum veröffentlichte Variante des Gedichtes war um die letzte Strophe gekürzt und zeigte eine andere Wortwahl in der ersten Strophe:

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng getheilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Aus meinem autobiografischen Roman „Schiller – Erinnerungen„:

„In Leipzig gehörte Körner seit 1777 der Freimaurerloge „Minerva zu den drei Palmen“ an. Bereits während unseres gemeinsamen Aufenthaltes in Gohlis hatte er eines Tages die Bitte an mich herangetragen, für die Tafel der Loge eine Ode zu dichten. Ich hatte sie zu seiner Hochzeit teilweise fertiggestellt und vollendete sie schließlich in Dresden.

Der Hymnus „An die Freude“, der die Beziehung des Menschen zu einer göttlichen Ordnung beschreibt und von Freundesliebe, Gattenliebe und Weltbruderkette erzählt, wurde von Göschen am 23. Februar 1786 in der Thalia gedruckt.“