Dein Blick war mir das hellste Licht auf dieser Welt, du nahmst es fort, ich trieb allein im dunklen Raum, und meine Liebe zu dir, die mich unlösbar in Fessel stellte, war stark, wollt‘ Früchte tragen wie ein Baum.
Doch du beschneidest ihn, lässt ihn nicht blühen. Er fragt das Jahr: „Wann wird es Frühling sein?“ Die trüben Himmel sind stets über ihm, es bleibt die Kälte, und er steht allein.
Auch, als ich meine Hände nach dir streckte, so wie der Baum zum Himmel sein Geäst, so bleibst du fern, bist unerreichbar fort, bist wie ein Schatten, der kein Leuchten lässt.
Nicht lange hielt das Liebesband uns sanft umschlungen, unlösbar schien es – trennend war die Zeit.
Ich lebte zwischen Sehnsuchtsleid im Taumel, hoffend, wartend, und täglich sind es die Erinnerungen an jene Stunden, als wir weltvergessen, voller Liebe, einander in die Herzen lauschten und Liebe dort, so wie ein sanftes, frisches Windesrauschen, ein Frühlingsweben in die Seelen schrieb: Ich hab dich lieb!
Meine Oma hatte Begegnungen mit Geistwesen. In ihrer Familie in Ostpreußen war das mehrfach passiert. Einer ihrer Brüder hatte Selbstmord begangen, weil er die Toten, die er gerufen hatte, nicht mehr losgeworden ist. Er brach die sieben Siegel des sogenannten „alten Hausschatzes“, des sechsten und siebten Buch Moses, welche in der Bibel nicht vorhanden sind. Solange ich denken kann, warnte Oma mich davor. Niemals sollte ich darin lesen. Das tat ich auch nicht, denn ich war gewarnt. Außerdem existieren diese Schriften heutzutage nur als Fälschung.
Vor Geistererscheinungen hatte Oma keine Angst. Sie nahm sie als Warnung. Wohl aber erzeugte ein schwarzer Hund in ihren Wachträumen Todesangst in ihr. Ein weißer Hund symbolisiert etwas Reines, ein schwarzer dagegen etwas teuflisch Materielles. Als ihre Schwester starb, sah sie den schwarzen Hund, und als sie schließlich mit 93 Jahren verstarb, wollte sie nicht mehr im Schlafzimmer liegen, weil der schwarze Hund dort neben ihr lag: Der Hüter der Schwelle.
Dieses Verlassen aller Geschehnisse, die als stilles Wasser die Erinnerungen des Menschen darstellen, ist ein Zurückziehen des Geistes, um die endgültige Abrechnung des materiellen Lebens zu vollbringen. Der Mensch in dieser Situation muss alles Irdische nicht nur innerlich verlassen, um in die rein geistige Welt hinüberzugehen. Dann übertritt er die Begrenzung zwischen Auferstehung und Leben – die Schwelle des Todes.
Der Mensch zieht sich zurück in die Stille, in die innerste Tiefe seines Wesens. Dort verarbeitet er seine Erinnerungen, die Geschehnisse, die ihn geformt haben, alles was in seinem Leben geschehen ist. Alles wird aufgeklärt, nichts bleibt im Verborgenen. Plötzlich nimmt er Teil am Augenblick seiner Geburt und weiß, wo er im Zeitpunkt seines Todes sein wird. Nichts hatte er mitgebracht auf diese Welt und kann nichts mitnehmen, wenn er geht. Als er kam, war er einfach da, kannte seine Familie nicht und hatte keine Freunde, war besitzlos. Diesen Zustand wird der Mensch zum Schluss haben. Er wird frei sein von allem.
Doch um wirklich frei zu sein, muss er die Hüter der Schwelle passieren und hoffen, dass sie ihn hindurchgehen lassen.
Warum lässt ihn der weiße Hund nicht hindurch? Er ist doch das Symbol für seelische Reinheit und Schönheit. Ja, eben deshalb!
Den Arterhaltungstrieb des schwarzen Hundes braucht er im Tod nicht mehr und auch die Instinkte wird er auf Erden zurücklassen. Die Todesangst wird keine Macht mehr über den Menschen haben, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
Ein Eingeweihter weiß, dass es keinen Tod gibt, sondern nur ewiges Leben. Deshalb will er unbedingt die Schwelle überschreiten. Der schwarze Hund lässt ihn ziehen, doch der weiße Hund wird versuchen, ihn durch eine ‚Reifeprüfung‘ zurückzuhalten. Er zeigt ihm ein Trugbild, einen geliebten Menschen, um ihn zu stoppen. Ein Eingeweihter weiß, dass er diesen niemals verlieren kann, sondern in der geistigen Welt wieder näher zu ihm kommen wird. Er geht über die Schwelle, ist mit Gott vollkommen vereint und folgt dem Weg der Unsterblichkeit in die Ewigkeit hinein.
Nichts konnte ihn aufhalten, keine weltliche Verlockung, keine weltliche Liebe. Er geht in seinem Bewusstsein durch die Pforte des Todes, um auf der anderen Seite die langersehnte Erlösung zu finden: das Ende aller Inkarnationen.
Wie eine Farbpalette breitet es sich aus, das Leben, mit den schönsten Farben, ob wir sie richtig mischten, stellt sich erst heraus, wenn wir das fert’ge Bild vor Augen haben.
Oft ist der Hintergrund zu dunkel oder hell; den passenden Kontrast gilt es zu finden, und machen wir so manchen Pinselstrich zu schnell, sind große Korrekturen einzubinden.
Es schmücken dort Personen unser Bild, die ganz und gar nicht auf die Leinwand passen, wo Pinselstriche dunkel oder doch zu mild, nur negative Spuren hinterlassen.
Wenn wir die Harmonie der Farben weise wählen, genießen wir im Licht die bunten Tage, wir werden zu den Lebenskünstlern zählen und dankbar sein, für jede Farbengabe.
Goethes Farbenkreis zur Farbenlehre, Temperamentenrose, von Schiller beschriftet
Hört ihr des Donnervogels Schwingen, wie er sich abends machtvoll hebt? Hört ihr des Luftstroms weiches Singen, wenn er in luft‘gen Höhen schwebt?
Mit Myrrhe ist sein Horst bedeckt, er trug die Bitterkeit der Welt, im Gold-Gefieder wohl versteckt, hoch in sein Nest am Himmelszelt.
Wie prächtig war das Federkleid der menschengroßen Kreatur! Er trug das Bild „Vergänglichkeit“, als Zeichen seiner dunklen Spur.
Den Menschen muss er Buße bringen, als Totengott im Abendlicht, und in der Göttersage Stimmen, mahnt er zur Vorsicht und Verzicht.
Wenn erstes Sonnenglüh‘n mit Macht am Morgen aus dem Meere steigt, verbrennt er in der Flammen Kraft, im Strahlenglanz der Ewigkeit.
Doch irgendwann nach hundert Jahren wird er aus Asche auferstehen, verjüngt, Unsterblichkeit erfahren, nach langem Tod den Himmel sehn.
Phönix entsteigt der Asche – Bestiarium von Aberdeen
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