Gut und Böse

Das Gedicht der Seele; Der böse Weg. Gemälde von Anne Francois Louis Janmot (1814-1892)

Wir binden uns an Menschen,
die wir still verehren,
vertrauen blind den Worten,
die sie uns bescheren.

Und keine Schatten,
die Vertrauen töten,
nehmen wir wahr
und Vorsicht wird vonnöten.

Manipuliert,
von Falschen oft bekehrt,
folgen wir dem,
was keinen Glauben wert.

Den Wolf im Schafspelz
gilt es aufzufinden;
nur schnelle Umkehr führt
uns dann zu sich’ren Gründen.

Enttäuscht und traurig
wird uns manchmal klar,
dass das vermeintlich Gute
doch das Böse war.

Herr der Lüfte

Unter den Wolken möchte ich gleiten,
so wie ein Adler, mit offenen Schwingen.
Möchte das Strahlen der Sonne durchschweifen,
als Luftherr die hohen Nebel durchdringen.

Möchte die Freiheit der Himmel erleben,
treiben, vorüber an Felsen und Wänden.
Will mich von unten nach oben erheben,
spähend, auf breiten, windigen Händen.

Schwebend und hoheitsvoll grüßt’ ich den Tag,
hätte Freyja und Pan als Gefährten,
würde dankbar mit jedem Flügelschlag,
überfliegen Wiesen und Gärten.

Abendstimmung

Gemälde: Caspar David Friedrich (1774-1840), Gemälde „Abendengel“: Alexandre Cabanel (1823-1889)

Wenn die Sonne kraftlos in das Meer versinkt
und mit letztem Glanze Abendstimmung bringt,
deckt die Welt sich zu, mit Sehnsuchtsschleiern,
und der junge Abend ringt in stillen Feiern
mit des Tages letztem Atemzug;
abgestreifte Hektik dieser Zeit –
tiefe Ruhe, Frieden, Einsamkeit.
Nur noch Schweigen ringsumher,
und die Schatten huschen durch das Meer
letzter Taggedanken.

Buchstabenperlen

Louis Janmot (1814-1892) – Das Gedicht der Seele

Des reinen Geistes Sinn wird offenbar,
webt aus Gedanken edler Verse Reim,

Vokabular, wie gold‘nes Engelshaar,
verflochten mit der tiefen Liebe Keim,

Buchstaben-Perlen, leerer Seiten Zier,
sie reih’n sich Wort an Wort mit Poesie,

dringen tief in dein Sein, verweilen hier,
wie eine Seelensinfonie.

Worte

Bild: Karin M.

Der wortgewandten Redner gibt es viele,
doch sind’s oft leere Blasen,
die aus ihren Mündern strömen,
und die zerplatzen dort mit lauten Tönen.

Doch gibt es jene Worte,
die die Welt verändern,
weil sie selbst in den fernsten Ländern
und in den taubsten Ohren
wie ein Ave Maria klingen,
denn sie zerplatzen nicht,
sie singen.

Seele im Garten Eden

Durch Zweifel kommen wir zur Wahrheit
Tarotkarte „Der Eremit“

Das Ego ist der Herrscher deiner Seele,
der Glaube an das Ich, dein Selbstvertrauen,
Bewusstsein, deines Lebens Öllaterne,
Erleuchtung zündend am Erkenntnisbaum.

Aus hoher, hehrer Sphäre der Gedanken,
füllst du die Früchte deiner Wahl ins Füllhorn ein,
dort wächst beseelter Same an den Ranken
und lässt das Fühlen dir erquickend sein.

Du bildest deinen eignen Garten Eden,
hervorgebrachte Pracht und Harmonie,
dort, so von Gott erfüllt, auf allen Wegen,
beherrscht die Demut dich und Fantasie.

Gedanken

Foto: Gisela Seidel

Den nahen Sommer freudevoll erwarten,
wo jede Seele ist des Denkens Garten,
man zwingt es nicht, es muss von selbst erblüh‘n,
ein stetes Werden, Kommen und Vergeh’n.

Gedankenfreiheit grenzenlos!
Du darfst die Blumen deiner Seele pflanzen,
setz‘ sie nach göttlichen Gesetzen, erdentief,
und pflück‘, dem Guten dienend, sie im Ganzen.

Der alte Baum

Foto: Mariamne, Pixelio.de

Ein alter Baum, der sich gen Himmel streckt,
zu dessen Krone Zweig an Zweig sich binde,
der unter dunkel, harter Borkenrinde
die Ringe seiner Jahre wohl versteckt.

In hundert Jahren wird er noch hier stehen,
wenn sich die Zeit schon lang gedreht
und neuer Geist durch Land und Köpfe weht,
hat er so manchen Sturm gesehen.

Sein Laub singt uns im Wind die alte Weisen,
von Liebesglück und Leid, das er geschaut,
und nur ein winzig Herz, geritzt in seine Haut,
wird mit ihm in die ferne Zukunft reisen.

Untragbar

Dein Blick war mir das hellste
Licht auf dieser Welt,
du nahmst es fort,
ich trieb allein im dunklen Raum,
und meine Liebe zu dir,
die mich unlösbar in Fessel stellte,
war stark, wollt‘ Früchte tragen
wie ein Baum.

Doch du beschneidest ihn,
lässt ihn nicht blühen.
Er fragt das Jahr: „Wann wird es Frühling sein?“
Die trüben Himmel sind stets über ihm,
es bleibt die Kälte, und er steht allein.

Auch, als ich meine Hände nach dir streckte,
so wie der Baum zum Himmel sein Geäst,
so bleibst du fern, bist unerreichbar fort,
bist wie ein Schatten, der kein Leuchten lässt.

Nicht lange hielt das Liebesband
uns sanft umschlungen,
unlösbar schien es – trennend war die Zeit.

Ich lebte zwischen Sehnsuchtsleid
im Taumel, hoffend, wartend,
und täglich sind es die Erinnerungen
an jene Stunden,
als wir weltvergessen, voller Liebe,
einander in die Herzen lauschten
und Liebe dort,
so wie ein sanftes, frisches Windesrauschen,
ein Frühlingsweben in die Seelen schrieb:
Ich hab dich lieb!